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Im Test: Bag-in-Box-Weine von Jacques’ Weindepot | ABC-Z


20. Juli 2025 · Weine von Jacques Weindepot aus der Bag in Box, kurz BIB genannt: Was können sie, wie schmecken sie? Unser Weinkritiker hat sie getestet.

Es mag Sie erstaunen, dass sich diese Seite Weinen widmet, die nicht in Flaschen, sondern in Schläuche gefüllt werden. Schläuche? Jawohl. Oder Beutel, was nicht besser klingt. Sie bestehen aus Folienverbundmaterial (Polyethylen) und fassen zwei, drei, fünf oder auch zehn Liter Wein. Damit er fesch ausschaut, wird der Beutel über eine Box aus Wellpappe in Form gehalten. Bag-in-Box nennt sich das Prinzip, kurz: BiB. Das klingt charmanter als die wörtliche Übersetzung „Beutel-in-Schachtel“.

Die Box, die den Schlauch versteckt und abdunkelt, ist ein mehr oder weniger hübsch bedruckter Karton, der an einer Stelle perforiert ist, sodass man das Zapfventil herausziehen und am Karton fixieren kann. Sobald man die beiden Flügel des Ventils nach oben zieht, fließt Wein hinaus: ins Glas, in die Karaffe oder gleich in den Rachen wie in den Asterix-Bänden. Das Gute: Das Ventil gibt nur aus und nimmt nichts auf, also auch keine Luft. Mindestens acht Wochen lang, sagt man bei Jacques’, kann man so fröhlich vor sich hin zapfen, ohne dass dem Wein übel wird. Zum Flaschencontainer muss man auch nicht, und Korkfehler sind ohnehin ausgeschlossen. Reinstes Pennerglück also?

Keineswegs. Sondern eine – beziehungsweise die – Erfolgsgeschichte von Jacques’ Wein-Depot. Zu Spitzenzeiten wie jetzt im Sommer hat man hier die Wahl zwischen bis zu 30 verschiedenen Weiß-, Rot- und Roséweinen, die im BiB verkauft werden. Sogar einen alkoholfreien Wein gibt es, von Torres, Spanien.



Kolumnist und Tester Stephan ReinhardtFoto: Franziska Gilli



Die Weine können höchst passabel schmecken. Für dieses „Wein Spezial“ wurden in verschiedenen Depots von Nord nach Süd 30 BiBs verkostet. Die zwölf Favoriten finden Sie hier sowie beim Jacques’ Ihrer Wahl. Oder im Netz unter jacques.de.

50 Jahre alt ist die 1974 von Jacques Héon und Olaf Müller-Soppart in Düsseldorf gegründete Kette mittlerweile, die heute, nach mehrmaligen Besitzerwechseln, zur Hawesko-Gruppe gehört und über 350 Filialen in ganz Deutschland verfügt. Das Zielpublikum: Weininteressierte, die nach Feierabend Weine „wie beim Winzer“ kaufen möchten, früher eher kisten- als flaschenweise. Probieren? War ausdrücklich erlaubt bzw. sogar erwünscht – und kostenlos. Die Depotleiter waren beschürzt wie werktätige Winzer und sollten möglichst akzentfrei Französisch sprechen, zumindest aber die Weinnamen authentisch aussprechen können. Eine Baskenmütze war nicht Teil der Ausstattung, wohl aber ein Kellnermesser. Bis heute können sämtliche Weine, die unter 15 Euro pro Flasche kosten, probiert werden.

So mancher Kunde wirkt beim Betreten der Depots indes überfordert, erschlagen vom Angebot an Weinen. Etwa 140 vergorene Traubensäfte, übersichtlich entlang des Tresens präsentiert, stehen zum Kauf bereit. Nichts Überkandideltes, sondern authentische, unkomplizierte Weine, wie man sie in Frankreich an jeder Ecke kaufen kann. In Südfrankreich übrigens auch zapfen: an Säulen, in mitgebrachte Plastikcontainer. Luxus und Jacques, das passte nie und war nie die Idee. Außer der Luxus des einfachen Lebens.

Wer in einer Jacques’-Filiale einen BiB kaufen mag, sollte auch hier nicht nach Verpackungsdesign kaufen, sondern vorher probieren. Dann sollte man darauf achten, dass man auch den Jahrgang verkostet, der im Laden verfügbar ist. Ich selbst habe mitunter von Schläuchen probiert, die, entgegen der Empfehlung der Düsseldorfer Zentrale, alle acht Wochen ausgetauscht zu werden, sieben Monate nicht gewechselt worden waren (was man auch schmeckte) und deren Jahrgang längst ausverkauft oder vom neuen zugestellt worden war. Achten Sie also immer darauf, welchen Jahrgang Sie kosten und welcher Ihnen ausgehängt wird. In der Regelt gilt: je frischer, desto besser.

Einen BiB kauft man nach Bedarf, nicht zum Sammeln oder Einlagern. Preiswert sind die Weine im BiB ohnehin. Der Literpreis ist gegenüber der Flasche um 35 Prozent günstiger. Und pro Liter Wein kommen 65 Prozent CO2-Ersparnis dazu. Wer sich für einen Fünf-Liter-BiB entscheidet, trägt 40 Prozent weniger Gewicht nach Hause. Oder in den Urlaub. Wer den auf der entlegenen Berghütte, in einem Nordsee-Châlet, auf dem Boot oder gar in Skandinavien verbringen möchte, wo Wein deutlich teurer ist als bei uns, holt den BiB aus dem Karton, legt ihn in einen Rucksack oder in den Koffer, fährt mit Unschuldsmiene über Baum- und Landesgrenzen hinweg und genießt seinen Urlaub: C’èst la vie!

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