Medienkonsum bei Kindern: Insta erst ab 16 – wie sinnvoll sind solche Verbote? |ABC-Z
Ein landesweites Handy-Verbot an Schulen kann Kinder und Jugendliche aus Sicht einer Expertin für digitale Medizin besser vor Mediensucht und psychischen Krankheiten schützen.
Ein solches Verbot könne den Gruppenzwang zum Handy reduzieren und Eltern entlasten, argumentiert die klinische Psychologin Ira-Katharina Petras von der Uniklinik Aachen in einer Stellungnahme an den nordrhein-westfälischen Landtag. Dort ist der Einfluss von Medien auf die Gesundheit von Kindern an diesem Donnerstag Thema einer Sachverständigen-Anhörung auf Antrag der SPD-Opposition.
Eltern hätten oft Angst, ihre Kinder könnten ohne Smartphone zu digitalen Außenseitern werden und stellten ihnen daher häufig viel zu früh Handys zur Verfügung, warnt Petras in einem umfassenden Empfehlungskatalog. In den Stellungnahmen der anderen Sachverständigen taucht die Forderung nach einem Handy-Verbot nicht auf.
Die SPD fordert in ihrem Antrag unter anderem, Behandlungsstrukturen aufzubauen, die erkrankte Kinder und Jugendliche in Spezial-Ambulanzen bestmöglich versorgen. Eltern und Lehrpersonal seien „für die Risiken und Nebenwirkungen von übermäßigem Medienkonsum zu sensibilisieren“. Dazu sollen medienfreie Zeiten in den Alltag integriert werden – zum Beispiel in der Kita, Schule oder vor dem Schlafengehen.
Mehrere Experten monieren, die SPD stelle zu stark auf die Risiken digitaler Medien ab und vernachlässige die damit verbundenen Bildungschancen sowie das Recht von Kindern und Jugendlichen auf digitale Teilhabe.
Digitale Medien seien bereits heute selbstverständlicher Bestandteil ihrer Lebenswelt, argumentiert Julius Keinath, ein Fachreferent für Jugendmedienschutz aus Schleswig-Holstein. Sie nutzten diese Medien auch zur Sozialisierung mit Gleichaltrigen oder zur Informationsrecherche für politische Meinungsbildung.
Die Psychologin Petras betont, um Risiken digitaler Medien zu verstehen, sei es wichtig, den Blick über die reine Mediennutzung hinaus zu weiten und das soziale Umfeld in den Blick zu nehmen.
Viele Kinder wüchsen heute in einem schwierigen sozialen Umfeld auf, in dem ihre Grundbedürfnisse vernachlässigt würden und sie nicht die nötige Unterstützung für eine gesunde Entwicklung erhielten. „Kinder und Jugendliche mit schädlichem oder pathologischem Internetgebrauch erfüllen oft online diese Grundbedürfnisse, die offline vernachlässigt werden.“
Warum ein Handy-Verbot durch Eltern kontraproduktiv sein könnte
Um Risiken krankhafter Mediennutzung vorzubeugen, müssten grundlegende Fähigkeiten bei Kindern gestärkt werden, wie Emotionsregulation, soziale Kompetenz, Selbstwert, Selbstwirksamkeitsempfinden und Reflexionskompetenz.
Ein wichtiger Schutzfaktor sei zudem eine positive Eltern-Kind-Beziehung, „die durch eine vertrauensvolle, offene Kommunikation sowie eine aktive Medienerziehung geprägt ist“.
Ein allgemeines Handy-Verbot an Schulen könne Eltern entlasten – ein durch die Eltern selbst durchgesetztes Verbot hingegen könne sogar kontraproduktiv sein, warnt Petras. Wenn Kinder Angst vor einem Medien-Verbot hätten, reduziere sich ihr Vertrauen und ihre Bereitschaft, ihren Eltern von unangenehmen oder unangemessenen Erfahrungen im Internet zu erzählen.
Australien: Zugang zu sozialen Medien erst ab 16 Jahren
Australien plant gerade eine der weltweit strengsten Regelungen für die Nutzung sozialer Medien durch Jugendliche. Die Regierung brachte am Donnerstag einen Gesetzentwurf ins Parlament ein, der Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren den Zugang verbieten und gleichzeitig die Anbieter zur Verantwortung ziehen soll.
„Das ist eine bahnbrechende Reform“, sagte Ministerpräsident Anthony Albanese. „Wir wissen, dass einige Kinder Wege finden werden, sie zu umgehen, aber wir senden eine Botschaft an die Social-Media-Unternehmen, ihr Verhalten zu ändern.“
Das Gesetz würde die Plattformen – nicht die Eltern oder Jugendlichen – dazu verpflichten, angemessene Maßnahmen zu ergreifen, um die Altersüberprüfung sicherzustellen. Bei systematischen Verstößen drohen Anbietern wie Instagram und Facebook von Meta, TikTok von Bytedance, Elon Musks Kurznachrichtendienst X und Snapchat Geldstrafen von bis zu 49,5 Millionen australischen Dollar (rund 30,5 Millionen Euro).
Der Entwurf sieht die höchste Altersgrenze vor, die jemals in einem Land für die Nutzung sozialer Medien festgelegt wurde. Die Regierung argumentiert, dass die übermäßige Nutzung sozialer Medien Risiken für die körperliche und geistige Gesundheit von Kindern birgt, insbesondere für Mädchen durch schädliche Darstellungen des Körperbildes und frauenfeindliche Inhalte, die sich an Jungen richten.
„Für zu viele junge Australier können soziale Medien schädlich sein. Fast zwei Drittel der 14- bis 17-Jährigen in Australien haben extrem schädliche Inhalte online gesehen, darunter Drogenmissbrauch, Selbstmord oder Selbstverletzung“, sagte Kommunikationsministerin Michelle Rowland. „Soziale Medien haben eine soziale Verantwortung“.
Die Umsetzung sieht die Erprobung von Altersverifikationssystemen vor, die biometrische Daten oder eine staatliche Identifikation beinhalten können. Der Zugang zu Messaging-Diensten, E-Mail, Online-Spielen, YouTube, Gesundheits- und Bildungsdiensten ist nach Angaben der Regierung nicht betroffen.