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Massive Statikprobleme bei Dachauer Kulturschranne – Dachau | ABC-Z

Die Sanierung der Dachauer Kulturschranne gestaltet sich schwieriger als erwartet. Statische Untersuchungen zeigen massive Mängel am Tragwerk, es muss umfangreich nachgebessert werden. Das geht aus dem aktuellen Sachstandsbericht hervor, der im Bauausschuss des Stradrats jüngst vorgestellt wurde. Die Probleme sind schwerwiegend. Zeitweise drohte sogar das Deckenfeld des Veranstaltungssaals herabzustürzen. Durch Stützen, die inzwischen eingezogen wurden, besteht diese Gefahr nach Angaben der Stadt allerdings nicht mehr.

Schon seit Jahren ist bekannt, dass das historische Gebäude grundlegend saniert werden muss, vor allem was Brandschutz und Tragwerk betrifft. Doch erst die im Frühjahr vorgenommene Bestandsaufnahme brachte das ganze Ausmaß der Probleme ans Licht. Besonders kritisch: Bei dem Rückbau der abgehängten Decke im Veranstaltungssaal wurde ein frisch gerissener Deckenbalken entdeckt, in den weitere Balken eingezapft waren. Das Deckenfeld galt deshalb als akut absturzgefährdet. Zudem hat sich gezeigt, dass der Bodenaufbau im Veranstaltungsraum nicht mit den Holzbalken verbunden ist. Dies ist aber wichtig, um die horizontale Aussteifung des Gebäudes zu gewährleisten.

Wie sich gezeigt hat, ist auch das Dachtragwerk in miserablem Zustand: Zahlreiche Deckenbalken sind im Laufe der Zeit ausgewechselt worden, teils fehlen Balkenstücke. Das statische System ist dadurch nicht mehr intakt. Als Sofortmaßnahme wurden die Balken mit sogenannten Windrispenbändern gesichert. Diese Metallbänder werden wie ein Verband um die Balken gelegt, um sie zusammenzuhalten. Die eigentliche Sanierung, bei der die Auswechselungen entfernt und die fehlenden Balkenstücke ergänzt werden, läuft derzeit. Alle Arbeiten müssen in der richtigen Reihenfolge stattfinden. Die Sanierung der Decke über dem ersten Obergeschoss kann zum Beispiel erst beginnen, wenn die Decke über dem zweiten Obergeschoss fertiggestellt ist.

Dokumentiert sind die Baumaßnahmen der vergangenen Jahrzehnte in der Schranne nur sehr lückenhaft. Viele Baupläne fehlen und sind heute auch nicht mehr zu bekommen, weil es die seinerzeit ausführenden Firmen gar nicht mehr gibt. Das führt bisweilen auch zu kuriosen Überraschungen: Im Kühlzellenraum des Gastronomiebetriebs kam bei den Arbeiten eine gemauerte „Preußische Kappendecke“ zum Vorschein, eine Deckenkonstruktion aus flachen Segmenttonnengewölben. Hier besteht zwar keine Einsturzgefahr, aus statischen Gründen soll aber auch diese Konstruktion durch eine Holzdecke ersetzt werden.

Bei der Sanierung Kulturschranne gibt es massive Statikprobleme. Stützen sichern die Decke. (Foto: Stadt Dachau)
Damit hat nun auch keiner gerechnet: Beim Freilegen der Decke stoßen die Arbeiter auf eine „Preußische Kappendecke“.
Damit hat nun auch keiner gerechnet: Beim Freilegen der Decke stoßen die Arbeiter auf eine „Preußische Kappendecke“. (Foto: Stadt Dachau)

Die Schranne, erbaut im 19. Jahrhundert, wurde ursprünglich als Getreidespeicher und Marktgebäude in der Dachauer Altstadt genutzt und mehrfach umgebaut. Zuletzt diente das Gebäude als öffentlicher Veranstaltungsort; es beherbergte ein Lokal, das auch tagsüber geöffnet war, Büroräume, einen Saal für Lesungen, für Kleinkunst und Konzerte sowie die Galerie der Künstlervereinigung Dachau. Vor Beginn der Sanierungsarbeiten im Frühjahr mussten alle Nutzer das Feld räumen und sich Ausweichorte in der Stadt suchen. Wenn die Sanierung der Schranne abgeschlossen ist, wollen sie aber wieder zurück in das Gebäude.

Das kann sich nun allerdings etwas verzögern. Die ursprünglich veranschlagte Bauzeit von zwei Jahren verlängere sich um etwa ein Quartal, so Dachaus Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD). „Ziel bleibt eine Inbetriebnahme vor der zweiten Jahreshälfte 2027“, erklärt er.  Eine Kostenexplosion, wie sie beim neuen Dachauer Hallenbad die Gemüter erregt, droht nach Darstellung der Stadt nicht. Für  „Sofortmaßnahmen, geänderte Kältetechnik gemäß neuer Vorschriften sowie Stilllegung, Räumung, zusätzliche Abbrüche und punktuelle statische Ertüchtigungen“ sind nach Angaben der Stadt rund 280 000 Euro an Mehrkosten angefallen.

Durch einen Kostenpuffer von knapp 500 000 Euro könnten die notwendigen Nachbesserungen gedeckt werden. Dieser Spielraum ergibt sich dadurch, dass die Firmen bei der Ausschreibung der Hauptgewerke Angebote eingereicht haben, die günstiger waren als von der Bauverwaltung kalkuliert. Die Einschätzung Hartmanns: „Nach heutigem Stand erscheint der vorgegebene Kostenrahmen einhaltbar.“

Allerdings wurden auch Mängel bei den Abwasseranlagen festgestellt. Als die Abwasserleitungen mit einer Kamera befahren wurden, zeigten sich stark angegriffene Abwasser-Fallleitungen, beschädigte Grundleitungen sowie defekte Leitungen im Küchenboden des ersten Obergeschosses. Die vollständige Dokumentation der Bestandsuntersuchung und ihre Bewertung durch die zuständigen Fachplaner steht noch aus. Auch eine „belastbare Kosteneinschätzung“ ist nach Auskunft der Stadt nicht möglich, ehe die Untersuchung nicht vollständig abgeschlossen ist. Insgesamt sind für die Sanierung der Schranne Kosten von rund 6,4 Millionen Euro angesetzt.

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