Politik

Ängste der Deutschen: Diese Sorgen beschäftigen die meisten | ABC-Z

Trotz schlechter wirtschaftlicher Aussichten und der anhaltenden Kriege in der Ukraine sowie in Gaza sind die Deutschen weniger besorgt als im Vorjahr. Zu diesem Ergebnis kommt die Langzeitstudie „Die Ängste der Deutschen“, die die R+V Versicherung am Donnerstag vorgestellt hat. Der seit 1992 jährlich erhobene „Angst-Index“ ist von 42 auf 37 Prozent gesunken, fast alle der 25 ab­gefragten Ängste haben im Vergleich zum Vorjahr abgenommen. Nur im Corona-Jahr 2021 waren die Deutschen bislang weniger ängstlich. „Die Menschen haben sich an eine Art Dauerkrise gewöhnt“, sagte die Politikwissenschaftlerin Isabelle ­Borucki von der Universität Marburg, die die Studie als Beraterin begleitet.

Für die ­repräsentative Studie wurden von Mai bis Juli 2400 Personen persönlich gefragt. Die Ängste bewerteten sie auf einer Skala von eins bis sieben – eins steht für „keine Angst“, die Werte fünf bis sieben werden als „große Angst“ zusammen­gefasst.

Die größte Sorge bereitet vielen Deutschen zum vierten Mal in Folge ihre finanzielle Lage. Die Angst vor steigenden ­Lebenshaltungskosten ist zwar um fünf Prozentpunkte gesunken, treibt aber mehr als jeden zweiten Deutschen um. Dazu kommen Ängste, dass Steuern erhöht und Leistungen gekürzt werden (49 Prozent) sowie dass Wohnen unbezahlbar wird (48 Prozent). Die Angst vor einer schlechteren Wirtschaftslage lag mit 40 Prozent auf Platz zehn. Borucki sprach angesichts der drohenden Rezession von einem „Paradox“, das dadurch entstehe, dass bislang vor allem einzelne Branchen und nicht der gesamte Arbeitsmarkt betroffen seien. Das zeige sich auch daran, dass die Sorge um den eigenen Arbeitsplatz abermals zurückgegangen ist, auf gerade mal 21 Prozent. „Das Stichwort Fachkräftemangel gibt Arbeitnehmern eine andere Sicherheit und Spielraum“, so Borucki.

Größere Angst vor autoritären Herrschern

Die Ängste, dass der Staat durch Geflüchtete überfordert sein und der Zuzug aus dem Ausland zu Spannungen führen könnte, haben um sechs bzw. sieben Prozentpunkte abgenommen. Sie beschäftigen aber immer noch knapp die Hälfte der Deutschen. Im Osten sind diese Sorgen nach wie vor deutlich größer als im Westen, wo es laut Borucki mit Migration schon wesentlich länger Erfahrungen gibt.

Sorgen bereitet vielen Deutschen auch die Lage im Ausland. Die Angst, dass weltweit autoritäre Herrscher immer mächtiger werden, ist in der Umfrage als einzige gestiegen, wenn auch nur um einen Punkt auf 47 Prozent. Sie liegt damit auf Platz fünf. „Wir erleben hautnah, wie autoritäre Herrscher internationale Konflikte verschärfen können“, sagte Borucki. Inter­nationale Werte würden zunehmend infrage gestellt. Viele Deutsche verbänden damit auch die Frage: Wie sicher leben wir hier? Die Angst vor einer deutschen Kriegsbeteiligung blieb dabei mit 41 Prozent so groß wie im Vorjahr.

Donald Trump überrascht nicht mehr

Der amerikanische Präsident Donald Trump macht den Deutschen indes weniger Sorgen als in seiner ersten Amtszeit: Damals lagen die Werte bei mehr als 50 Prozent, in diesem Jahr waren es 45. „Trumps Politik überrascht nicht mehr“, sagte Borucki. Das Muster sei bekannt, und die Bevölkerung sehe, dass es in den USA Gegengewichte gebe.

In deutsche Politiker gibt es derweil etwas mehr Vertrauen als noch im Vorjahr: Die Sorge vor einer Überforderung von Regierung und Opposition ist von 49 auf 42 Prozent gesunken. Eine Entlastung für Politiker ist das laut Borucki aber nicht: Es gebe weiterhin keine solide Vertrauens­basis in der Mehrheit. In Schulnoten bewerteten mehr als die Hälfte der Befragten die Politiker mit vier oder schlechter.

Die Studie zeigt auch, dass es bei Ängsten nicht immer um das objektive Risiko geht. Die Sorgen vor Klimawandel und Naturkatastrophen liegen inzwischen auf den hinteren Plätzen. Das Thema sei durch andere Krisen von der Agenda verdrängt worden, sagte Borucki. Auch die Angst davor, im Alter ein Pflegefall zu werden, ist zurückgegangen – obwohl es jeden Zweiten trifft.

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