Mas Geli – ein Weingut mit Blick auf den Mongtrí | ABC-Z

Mitten im Empordà, zu Füßen des Montgrí liegt das Weingut Mas Geli. Dort treffe ich Anna, die mir bei einem Spaziergang durch die Weinstöcke erklärt, welche Trauben in dem kleinen Familienbetrieb angebaut werden und auf welchen Böden sie gedeihen. Vor allem spüre ich sofort die Leidenschaft, mit der Anna das Weingut leitet. Denn Mas Geli ist kein jahrhundertealter Hof, der von Generation zu Generation weitergegeben wurde. Erst vor 11 Jahren haben sie und ihr Bruder Lluis dieses Stück Land gekauft und den Weinstock von Hand angelegt. Denn obwohl man hier schon früher Wein angebaut hatte, war von den Rebstöcken kein einziger erhalten geblieben. Irgendwann hatte sich die landwirtschaftliche Nutzung dieses hübschen Fleckchens wohl nicht mehr gelohnt und man hatte stattdessen einen Golfplatz angelegt.
Seit die Geschwister auf den bestens für Trauben geeigneten Böden des hübschen Hangs neue Weinstöcke gepflanzt haben, gedeihen die verschiedenen Traubensorten hier wieder mit dem Montgrí stets im Blick. Der kahle graue Berg, der an einen liegenden Bischof oder eine schlafende Frau erinnert, ist so was wie das Wahrzeichen des Empordà, denn er ist von überall gut zu sehen. Das Gelände des Weinguts Mas Geli erstreckt sich bis zu den Aiguamolls vor den Toren von Pals. Sogar den Uhrenturm des mittelalterlichen Dörfchens kann ich erkennen. Die Aussicht ist wunderbar, egal wohin man blickt. Hinter den malerischen Weinstöcken, die jetzt im Frühjahr gerade zu sprießen beginnen, zeichnen sich am Horizont die Berge der Garrotxa und die Gipfel der Pyrenäen ab.
Während sich an dem ersten Weinstock, an dem wir entlang spazieren die Garnatxa-Trauben über den kalkhaltigen Boden freuen, ändert sich die Bodenbeschaffenheit nur wenige Meter weiter. Die Nähe der feuchten Sumpflandschaften der Aiguamolls begünstigt vor allem die Carinyena-Trauben. Anna erklärt, dass außer der speziellen Eigenschaften des Bodens noch viele andere Faktoren für den Weinanbau eine entscheidende Rolle spielen. Nur zwei Kilometer von der Küste entfernt, erreicht eine beständige Meeresbrise die Rebstöcke, und die lässt sich auch im Geschmack des Weines wiederfinden. Aufgrund der Tramontana, der manchmal Tage andauernden Fallwinde aus dem Norden, sind alle Weinstöcke in Nord-Süd-Richtung angelegt.
Das Konzept des Weingutes ist von Grund auf nachhaltig. Auf Mas Geli wird von Hand gepflückt und komplett ökologisch und regenerativ gewirtschaftet. Frische Luft, Wildblumen und -kräuter, sogar kleine Wildtiere sind Teil des Systems. Alle Pflanzen, die natürlicherweise auf dem Boden sprießen, dienen als Bioindikatoren, die Anna zu lesen weiß. Manche Weingüter pflanzen Rosenstöcke, um auf natürliche Weise Schädlinge bekämpfen zu können. Doch es gibt noch viel mehr Indikatoren, wie zum Beispiel Malven, die anzeigen, dass der Boden viel Feuchtigkeit hat.
Um mir deutlich zu machen, dass wirklich die gesamte Naturumgebung eine Rolle spielt, pflückt Anna eine kleine Blüte vom Boden zwischen den Weinstöcken und gibt sie mir zum Probieren. Es ist Plantatge, Spitzwegerich. Die zarte Knospe schmeckt unerwartet gut, ein bisschen nach Pilz, wie ein frischer Champignon. Auch das sei ein Geschmack, der sich in ihrem Wein wiederfindet, sagt Anna. Ich kostete noch ein bisschen mehr von dem, was die Natur auftischt: eine hübsche weiße Blüte, die nach süßer Zwiebel schmeckt und ein Kraut, das besonders gut gegen Bauchweh sein soll. Ich liebe es, neue Wildpflanzen kennenzulernen, besonders wenn man sie essen kann. Doch bei unserem Spaziergang nasche ich nicht nur wilde Kräuter. Ich erfahre auch, welche Traubensorten auf den 16 Hektar Land des Weinguts wachsen. Neben Garnatxa Blanca, Negre und Roig wird auf Mas Geli auch Macabeu und Subirat Parent, eine autochthone Traubensorte, angebaut.
Unter den Reben gibt es sogar eine echte Diva, die weiße Carinyena. Im Gegensatz zu ihrer roten Schwester, der Carinyena Negre, ist die Carinyena Blanca so sensibel, dass die meisten Weinbauern ihre Reben längst ausgerissen haben. Zu kompliziert ist der Anbau, zu groß sind die Verluste, denn die Trauben wachsen in der Rispe extrem dicht beieinander, was sie besonders anfällig für Schädlinge, Feuchtigkeit oder Fäule macht. Anna sagt, dass auf Mas Geli 10% der Carinyena Blanca weltweit wachsen. Die Traube ist kurz vor dem Aussterben, doch Anna und ihr Bruder wollen die einheimische Traube nicht aufgeben und kämpfen für ihren Erhalt, auch wenn die Verluste wirklich hoch sind. Seit sie die Reben gepflanzt haben, konnten sie nur drei Mal ernten. Gelingt es jedoch endlich einmal, eine Carinyena blanca zu keltern, entschädigt der feine Geschmack für die Mühen.
Am Rande der Weinberge angekommen, erreichen wir einen schattigen, mit Bäumen umstandenen Streifen Land. In einem der Bäume hängt ein kleiner Fledermauskasten, in dem 200 kleine Fledermäuse leben, die nachts losziehen, um Ungeziefer zu fressen. Im Baum nebenan ist ein Adlerpärchen zu Hause, das freche, kleine Vögel, die gern reife Trauben naschen, von den Weinstöcken fernhält. Um zu sehen, welche Tiere sich unerkannt zwischen den Reben herumtreiben, hat Anna Kameras installiert, auf denen sie neben Wildschweinen, die sich an den Bewässerungsschläuchen zum Trinken einfinden, auch Caipus (dt. Biberratten) und weiter unten in dem kleinen Teich sogar Flamingos entdeckt hat.
Als wir nach unserem Spaziergang auf die Masia aus dem 14. Jahrhundert zusteuern, wartet nebenan auf der Terrasse vor dem Weinkeller eine Überraschung auf mich. Zu den zahlreichen Aktivitäten, die man auf Mas Geli buchen kann, gehören neben einer Verkostung, einer Führung und Yogastunden auch Picknicks inmitten der Weinberge. Ich darf heute ein solches Picknick genießen!
Miriam Fontate ist Chef personal und erklärt mir, welche Köstlichkeiten sich da auf dem Tisch befinden und welches Konzept hinter diesem Augenschmaus steckt. Denn das Menü, das sie nach dem Motto sostenible, saludable i sexi (dt. nachhaltig, gesund und sexy – im Sinne von attraktiv) aufgetischt hat, ist nicht nur unglaublich lecker, sondern vermittelt auch eine Botschaft. Miriam lässt sozusagen ihre zauberhaften Gerichte sprechen. Passend zu jeweiligen Gerichten verkoste ich einige der leckeren Weine, die Anna mir serviert.
Da ist ein Fenchelsalat, aus Land- und Meeresfenchel, der daran erinnern soll, dass wir, wenn auch meist ungewollt, mit unserem Verhalten dazu beitragen, dass Pflanzen wie der Meeresfenchel vom Aussterben bedroht sind. Das Bohnenmus aus einer ganz speziellen Sorte kleiner weißer Bohnen, den Fesolets de l’ull ros, steht für Biodiversität, denn im Vergleich zu 1950 hat unsere moderen Landschirtschaft Dreiviertel* der traditionell angebauten Varitäten verloren. Die Suppe aus weißem Knoblauch mit Melone und Mandelsplittern sowie die Marmelade aus Melonenschale sollen daran erinnern, dass man viele Teile eines Produkts verwenden kann, statt sie wegzuschmeißen, denn rund 30% * der produzierten Lebensmittel werden einfach weggeworfen.
Jedes einzelne Schälchen, jedes der Gerichte vor mir auf dem Tisch erzählt eine ganz eigene Geschichte. Es ist ein unglaublich köstliches Menü, das ich dankbar und mit einem traumhaft schönen Blick auf die Weinstöcke genießen darf. Gern trage ich auch die gastronomischen Botschaften weiter, denn ich kann Miriam und ihrem Konzept nur zustimmen. Durch unser Konsumverhalten, dadurch was wir kaufen, und wie wir unser Essen zubereiten, beeinflussen wir nicht nur die Gesundheit unseres Körpers, sondern auch die Welt, in der wir leben.
Mas Geli – Informationen zum Nachreisen
Mas Geli
Masos de Pals
Website: masgelipals.cat
Miriam Fontanet
Website: cuinariuviu.com
*Zahlen stammen von Miriam
Hinweis: dieser Artikel entstand im Rahmen einer Pressereise