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Marthabräu in Fürstenfeldbruck: Wirtinnen eröffnen Traditionswirtshaus wieder – Fürstenfeldbruck | ABC-Z

„Das Wirtshaus war von Anfang an ein Herzensprojekt von uns“, sagt Nadin Fischer. Und Anja Schmölz erklärt: „Wir wissen, worauf wir uns einlassen.“ Die beiden Frauen sind jetzt die neuen Chefinnen des Marthabräu, eines bayerischen Wirtshauses in Fürstenfeldbruck, dessen Zukunft zuletzt unsicher war. Die vormalige Betreibergesellschaft musste im April Insolvenz anmelden. Mittlerweile steht fest: Es geht weiter.

Nadin Fischer, 48, und Anja Schmölz, 55, sehen sich dabei ganz in der Tradition der Julie Mayr, die Anfang des 20. Jahrhunderts Besitzerin der Marthabrauerei war. Eines ihrer raren Bildnisse hängt heute in der Gaststube. Die beiden neuen Wirtinnen kennen auch die jüngere Geschichte der Gaststätte: Sie sind die Ehefrauen der vormaligen Geschäftsführer Viktor Fischer und Hans Schmölz und leiten jetzt als Geschäftsführerinnen der Nani Gastro & Events GmbH das Lokal.

Vielen war an einer schnellen Lösung durch den Insolvenzverwalter Philip Heinke von der Münchner Kanzlei Jaffé gelegen, auch der König-Ludwig-Schlossbrauerei Kaltenberg, die unmittelbar neben dem Gasthaus Unternehmenszentrale, Verwaltungssitz und Braustätte ihres Weißbieres hat. Die Gaststätte gehöre seit ihrer Gründung „zu unserem engen Umfeld – nicht nur räumlich, sondern auch in gelebter Partnerschaft“, heißt es vonseiten der Brauerei: „Umso schöner ist es, dass dieses Stück gelebter Wirtshaustradition direkt vor unserer Haustür erhalten bleibt.“

Die auch für die Gastronomie schwere Corona-Zeit hatte gerade begonnen, als die Fürstenfeldbrucker Mahavi Group das Marthabräu übernahm. Hinter dem Kunstnamen standen die Anfangsbuchstaben der Vornamen von Markus Bauer, Hans Schmölz und Viktor Fischer. Das Trio hatte vor gut zehn Jahren begonnen, neue Marken in der Gastro-Landschaft der Großen Kreisstadt Fürstenfeldbruck zu etablieren.

Großes Portfolio

Das Portfolio wurde von Jahr zu Jahr größer: der Pavillon Beach als eine direkt an der Amper neben dem Freibad gelegene Sommer-Location, das Fürstenfeldbrucker Parkcafé, das Burgerrestaurant Bottles’n’Burgers, die Martha-Pizzarei als eine Pizzeria, in der es auch mit Ziegenkäse, Birne und Walnüssen belegte Varianten gibt, das Marthabräu mit bayerischer Küche und die eine ähnliche Speisekarte anbietende Seepost in Schondorf am Ammersee, das Strandhotel in Berg am Starnberger See, die Freizeit-Badesee-Location am Pucher Meer bei Fürstenfeldbruck.

Sämtliche Gaststätten hatten ein eigenes Konzept und eigenes unverwechselbares Mobiliar. Dazu das Buck Rogers, Fürstenfeldbrucks einziger Club, sowie für einige Jahre ein überregional beachtetes großes Foodtruck-Festival.

Die Gaststätte Marthabräu befindet sich unmittelbar neben der Unternehmenszentrale der König- Ludwig-Schlossbrauerei Kaltenberg am Standort Fürstenfeldbruck. (Foto: Johannes Simon)

Es tat dem bis dato bieder-soliden Gastro-Standort Fürstenfeldbruck gut, dass sich etwas tut. Die Martha-Pizzarei beispielsweise liegt inmitten der Stadt an der Hauptstraße, die gleichzeitig die Bundesstraße 2 ist, und bewirtet – wie andere an der Straße liegende Gastrobetriebe – im Sommer auch im Freien. Es ist Leben in die Bude gekommen.

Viktor Fischer hatte 2018 gesagt, man müsse auch eine hohe Risikobereitschaft mitbringen. Das taten er und seine Partner. Eine eigens gegründete Cateringgesellschaft stemmte zudem eigene Projekte, etwa auf Messen, 2023 bei den European Championships in München und 2024 bei den Olympischen Spielen in Paris. Es schien dauerhaft bergauf zu gehen, Branchenmagazine berichteten über den Erfolg der Brucker Gastro-Crew.

Corona setzt Gastronomie zu

Die Corona-Folgen bereiteten dem Gastgewerbe dann aber große Schwierigkeiten. Es dauerte, bis alles wieder anlief, und auch das Ausgehverhalten der Menschen veränderte sich. Die Betriebe nach der Pandemie wieder zu öffnen, habe sich angefühlt „wie zehn Neueröffnungen“, erinnert sich Nadin Fischer. So bietet beispielsweise die Martha-Pizzarei seither keinen Mittagstisch mehr an, sondern hat nur noch abends geöffnet.

Welchen Anteil am Mahavi-Schicksal die allgemeinen Probleme der Branche ausmachten und welche Rolle spezielle unternehmerische Entscheidungen spielten, ist von außen schwer zu beurteilen. Als „überdurchschnittlich hoch“ bezeichnete zuletzt der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) in seiner Jahresbilanz für 2024 die Verluste in der Gastronomie.

„Es ist immer noch eine sehr herausfordernde Zeit für die Gastro“, sagt auch Nadin Fischer. Alles ist teurer geworden, nicht nur für die Restaurantgäste, auch für die Unternehmen: Energie, Arbeitskosten, Mieten – die Gastrobranche wartet sehnsüchtig auf die versprochene Mehrwertsteuerentlastung. Nicht alle Kosten kann man einfach an die Kunden weiterreichen, das wissen die Gastronomen. Es ist eine Gratwanderung. Denn auch die Gäste müssen rechnen, was sie sich leisten können und wollen. „Wenn ein Schnitzel 40 Euro kostet, würde keiner mehr kommen“, ahnt Anja Schmölz. Das Schnitzel Wiener Art vom Landschwein mit Kartoffelsalat gibt es im Marthabräu für 19,50 Euro.

Anja Schmölz (links) und Nadin Fischer, Geschäftsführerinnen der Nani Gastro & Events GmbH und neue Leiterinnen des Marthabräu in Fürstenfeldbruck.
Anja Schmölz (links) und Nadin Fischer, Geschäftsführerinnen der Nani Gastro & Events GmbH und neue Leiterinnen des Marthabräu in Fürstenfeldbruck. (Foto: Nani Gastro & Events GmbH)

Hinzu kam, dass das bislang so erfolgreiche Triumvirat nicht mehr so weitermachen konnte oder wollte wie bisher. Man wolle nicht so sehr zurück-, sondern nach vorne schauen, sagen Nadin Fischer und Anja Schmölz. Fakt ist, dass Ende 2023 Markus Bauer die Unternehmensgruppe verließ, er geht inzwischen in München anderen Projekten nach. Die Mahavi GmbH ist seit Mitte Juli liquidiert.

Das Marthabräu konnte schließlich gerettet werden, auch weil die Gäste der Fürstenfeldbrucker Traditionsgaststätte die Treue hielten. „Wir hatten das Gefühl, viele sind jetzt extra gekommen. Das hat uns gutgetan“, erinnert sich Nadin Fischer. An neue Pächter übergeben wurde indes die Gastronomie am Pucher Meer, deren Betreibergesellschaft ebenfalls insolvent war. Die beiden Frauen waren ebenfalls interessiert an der Freizeiteinrichtung. Ehemalige Mahavi-Mitarbeiter stiegen schließlich am Pucher Meer und beim ebenfalls in andere Hände übergebenen Pavillon Beach mit ein.

Markus Bauer, Viktor Fischer und Hans Schmölz (von links) waren die Mahavi Group, hier bei der Vorstellung ihres Konzepts zum Foodtruck Festival 2018.
Markus Bauer, Viktor Fischer und Hans Schmölz (von links) waren die Mahavi Group, hier bei der Vorstellung ihres Konzepts zum Foodtruck Festival 2018. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Martha-Pizzarei, Bottles’n’Burgers und Parkcafé sind als Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GbR) organisiert und werden weiterhin von Viktor Fischer und Hans Schmölz geführt. Das Strandhotel in Berg und die Seepost in Schondorf wurden schon vor längerer Zeit abgegeben, das Foodtruck Festival wurde nach der Corona-Zeit nur noch einmal aufgelegt und der Club Buck Rogers schloss Ende April für immer seine Pforten. Mahavi, der einprägsame Kunstbegriff, der sich so sehr im Fürstenfeldbrucker Gastroleben festgesetzt hatte, existiert nicht mehr.

Durch die erfolgreiche Sanierung des Marthabräu wurden nach Auskunft des Insolvenzverwalters rund 40 Arbeitsplätze in der Region gesichert. Zum Lokal gehören zusätzlich ein Biergarten, neuerdings auch eine Almhütte, die zunächst neben der winterlichen Eisbahn errichtet wurde und jetzt erst einmal stehen bleibt, sowie eine denkmalgeschützte Festhalle mit freitragendem Zollingerdach, die alljährlich Schauplatz eines Starkbierfestes der Brauerei ist und in diesem Jahr ihr 100-jähriges Bestehen feiert.

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