Berlin

„Marsch für das Leben“: Frauenrechte unter globalem Beschuss | ABC-Z

Berlin taz | Am Samstag ziehen wieder Ab­trei­bungs­geg­ne­r*in­nen mit „I love Jesus“-Shirts, Holzkreuzen und „Töten ist keine ärztliche Kunst“-Schildern durch Berlin. Beim „Marsch für das Leben“, eine der größten öffentlichen Veranstaltungen der sogenannten „Lebensschutzbewegung“, demonstrieren seit 2008 jedes Jahr Tausende für ein vollumfängliches Abtreibungsverbot. Organisiert wird die Demo vom Bundesverband Lebensrecht e.V. Parallel findet auch in Köln am Wochenende ein solcher Marsch statt.

In den letzten Jahren nahmen an der Berliner Demonstration neben Ab­trei­bungs­geg­ne­r*in­nen auch konservative Politiker*innen, christliche Fun­da­men­ta­lis­t*in­nen und vermehrt auch Ultrarechte teil, darunter AfD-Politikerin Beatrix von Storch. Die Allianz zwischen der christlichen Fundamentalismusbewegung und der extremen Rechten wurde in den letzten Jahren immer deutlicher. In Deutschland bestehen enge Kontakte sowohl zur Union als auch zur AfD.

Teil dieses Netzwerks ist auch die Berliner Online-Szene: Nach Recherchen von Jan Böhmermann ist etwa der christlich-fundamentalistische, ultrarechte YouTuber Leonard Jäger, bekannt als „Der Ketzer der Neuzeit“ mit über 500.000 Abonnent*innen, in der AfD bestens vernetzt und pflegt zudem Verbindungen zu radikal-evangelikalen Gruppierungen in den USA.

Dass viele globale Antiabtreibungsnetzwerke tiefe Wurzeln in den USA haben, zeigt auch ein aktueller Bericht des Europäischen Parlamentarischen Forums für sexuelle und reproduktive Rechte. Demnach stellen konservative Organisationen in den USA große finanzielle Mittel für Antiabtreibungsbewegungen in Europa bereit. Seit 2019 gab die christliche Rechte in den USA jährlich rund 22 Millionen Dollar für europäische Organisationen aus, die gezielt Frauenrechte untergraben.

USA und Kreml finanzieren globale Antiabtreibungsnetzwerke

Auch der Kreml ist maßgeblich an der Finanzierung internationaler Antiabtreibungsnetzwerke beteiligt. Darauf weisen Recherchen der Aktivistin und Autorin Klementyna Suchanow hin. Die Auswirkungen sind auch in Deutschland spürbar: So spielte die Kreml-finanzierte konservative Organisation CitizenGO mit Sitz in Spanien eine zentrale Rolle in der Kampagne gegen die designierte Verfassungsrichterin Frauke Brosius-Gersdorf.

„Die ‚Lebensschutzbewegung‘ ist ein Vehikel für reaktionäre, antifeministische und queerfeindliche Ideologien“, kritisiert das queerfeministische Bündnis „What the Fuck!?“. Es warnt: „Die Bewegung hat in den letzten Jahren immer mehr gesellschaftliche Aufmerksamkeit erlangt, auch aus Teilen der bürgerlichen Mitte, die sich als ‚besorgt‘ über den ‚Trend‘ der Geschlechtervielfalt geben.“ So zeige etwa Markus Söders (CSU) Vergleich von Deutschlands Industrie mit einer „Dame ohne Unterleib“, dass die Gleichsetzung von der Wertigkeit eines Menschen mit seiner Gebärfähigkeit über fundamentalistische Kreise hinausreiche.

Dagegen will das Bündnis am Samstag demonstrieren. „Wir kämpfen für eine Gesellschaft, in der jeder selbstbestimmt leben kann – unabhängig von Geschlecht, sexueller Orientierung oder körperlicher Fähigkeit“, heißt es in einer Pressemitteilung. Ab 11 Uhr rufen sie auf dem Europaplatz am Hauptbahnhof zur Gegendemo auf.

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