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Marktbericht: Die Wall Street ist angezählt | ABC-Z


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Stand: 07.11.2025 22:13 Uhr

Die Unsicherheit darüber, ob die KI-Tech-Rally zu heiß gelaufen sein könnte, treibt die US-Anleger derzeit um. Auch der lange Stillstand der Behörden beginnt, an den Nerven zu zehren.

Die Wall Street bleibt primär wegen der Sorgen um den KI-Hype angeschlagen. Zwar holten die großen Indizes heute stärkere Verluste im Verlauf wieder auf, über allem aber steht weiter die Frage, ob die extrem hohem Bewertungen der Tech-Schwergewichte um Nvidia & Co. gerechtfertigt sind. Diese hatten den jüngsten Aufschwung maßgeblich getragen. Ungute Erinnerungen werden wach, denn es wäre nicht das erste Mal, dass eine Börsenblase platzt.

Heute aber kam auf niedrigerem Niveau noch Kauflust auf, nachdem die großen Indizes noch am Mittag Ortszeit deutlich im Minus gelegen hatten. Die Technologiebörse Nasdaq, zuletzt besonders unter Druck, grenzte ihre Verluste von über zwei Prozent ein und schloss letztlich nur leicht um 0,21 Prozent tiefer. Auch der Auswahlindex Nasdaq 100 holte auf, zum Schluss lag das Minus noch bei 0,28 Prozent.

Der Leitindex Dow Jones drehte sogar noch leicht ins Plus um am Ende bei 46.987 Zählern 0,16 Prozent höher zu schließen. Das Tagestief lag mit 46.495 Punkten immerhin rund 500 Punkte tiefer. Auch der S&P 500 endet letztlich um 0,13 Prozent ebenfalls noch leicht im Plus bei 6.728 Punkten, hier lag das Minus zwischenzeitlich schon bei gut 1,3 Prozent.

“Es besteht weiterhin die Sorge vor einer möglichen Korrektur, es handelt sich um die traditionelle Schwächephase Anfang November, die durch hohe Bewertungen und das Ausbleiben von Katalysatoren ausgelöst wird, die den Markt entweder stützen oder antreiben”, sagte Sam Stovall, Chef-Anlagestratege bei CFRA Research.

Fakt ist: Die Bewertungen vieler US-Techfirmen waren zuletzt in immer fantastischere Höhen gestiegen, eine Korrektur wäre deshalb längst überfällig. Bei einigen Investoren würden die Sorgen über den großen Liquiditätshunger der mächtigen KI-Unternehmen wachsen. Anlegerinnen und Anleger würden hinterfragen, ob sich die gewaltigen Investitionen auch als so profitabel erweisen werden, dass sie die aktuellen Kursniveaus rechtfertigen, schrieb Analyst André Sadowsky von der Commerzbank.

Wie gigantisch die investierten Summen sind um die es derzeit geht, machte die Facebook-Mutter Meta am Abend deutlich. Der Konzern will in den kommenden drei Jahren 600 Milliarden Dollar in die US-Infrastruktur und Arbeitsplätze investieren. Wie der Internet-Konzern mitteilte, soll damit die Infrastruktur für seine Ambitionen im Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI) ausgebaut werden.

“Es ist die richtige Strategie, die Kapazitäten aggressiv vorab aufzubauen, damit wir auf die optimistischsten Szenarien vorbereitet sind”, sagte Konzernchef Mark Zuckerberg bei der jüngsten Vorlage der Meta-Geschäftszahlen. Genau daran aber zweifeln die Anlegerinnen und Anleger derzeit.

Zudem fehlen dem Markt wegen des Shutdown weiterhin Daten der staatlichen Behörden, lediglich private Anbieter sind verfügbar, was Unruhe schürt. Der monatliche US-Arbeitsmarktbericht der Regierung wird wohl erneut nicht veröffentlicht. Damit fällt der zweite Monatswert zur Beschäftigungsentwicklung, der Arbeitslosigkeit und den Löhnen in Folge weg. Beides sind zentrale Orientierungspunkte für die Geldpolitik der Notenbank Federal Reserve (Fed).

Fed-Chef Jerome Powell hatte zuletzt Hoffnungen auf weitere Zinssenkungen im Dezember gedämpft – was aber dem Dollar zugute kommt, der gegen den Euro seine Tiefpunkte bei zeitweise mehr als 1,18 Dollar verlassen konnte. Zuletzt gab der Greenback im US-Handel aber nach, der Euro kostete 1,1566 Dollar. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,1561 (Donnerstag: 1,1533) Dollar fest.

Die Stimmung der Amerikaner hat sich derweil im November inmitten des längsten Shutdowns der US-Geschichte spürbar eingetrübt. Das Barometer für das Verbrauchervertrauen sank auf 50,3 Punkte, nach 53,6 Zählern im Oktober, wie die Universität Michigan am Nachmittag zu ihrer Umfrage mitteilte. Befragte Ökonomen hatten nur mit einem leichten Rückgang auf 53,2 gerechnet. Die US-Bürger bewerten ihre Lage schlechter und auch ihre Aussichten skeptischer als im Vormonat.

“Da die Haushaltssperre der US-Regierung nun schon über einen Monat andauert, äußern die Verbraucher Besorgnis über mögliche negative Folgen für die Wirtschaft”, sagte Joanne Hsu, die für die Verbraucherumfragen zuständig ist.

Die US-Haushaltssperre führt derweil erstmals zu Flugausfällen im größeren Umfang. Heute wurden laut dem Portal “FlightAware” mehr als 800 Inlandsflüge gestrichen. Am stärksten betroffen waren demnach Flughäfen in Chicago, Atlanta, Denver und Dallas. Internationale Verbindungen blieben zunächst unberührt.

Fluggesellschaften und Passagiere äußerten Sorge und Unverständnis über die Ausfälle. Der Chef von American Airlines, Robert Isom, nannte die Lage im Sender CNBC “frustrierend”. American Airlines habe alleine 221 Flüge streichen müssen, und das sei erst der Anfang.

Mit der Einschränkung des Flugverkehrs sollen der Aufsichtsbehörde FAA zufolge die Fluglotsen entlastet werden. Sie gehören zu den unverzichtbaren Berufsgruppen und müssen seit Beginn des sogenannten Shutdown vor gut fünf Wochen ohne Bezahlung arbeiten. Zuletzt verzeichneten die Behörden viele Krankmeldungen, was laut Verkehrsministerium die Flugsicherheit gefährdet.

Tesla-Chef Elon Musk bekommt die Aussicht auf ein Riesen-Aktienpaket im Wert von einer Billion Dollar. Mehr als 75 Prozent der Aktionäre stimmten für den Vergütungsplan, bei dem der Elektroauto-Hersteller verschiedene ambitionierte Ziele erfüllen muss, damit Musk die Aktien bekommt. Musk hatte gedroht, den Chefposten bei Tesla aufzugeben, falls das Vorhaben platzen würde.

Bei nervösem Handel verlor der DAX heute weiter an Boden. Dabei verliert der deutsche Leitindex die Marke von 24.000 zunehmend aus dem Auge. Zuletzt notierte der DAX bei 23.569 Punkten um 0,69 Prozent leichter. Der Handel war wechselhaft bei einem Tageshoch von 23.837 und einem Tagestief bei 23.452 Punkten. Auf Wochenbasis steht für den DAX ein Minus von rund 1,6 Prozent zu Buche. Auch der MDAX sackte um 0,57 Prozent ab.

Die Gründe für die Tristesse liegen an der Wall Street, deren Trend sich der heimische Markt derzeit nicht entziehen kann. Denn der DAX ist trotz schlechterer Wirtschaftsdaten mit der Wall Street ebenfalls auf Rekordniveau gestiegen. Und das obwohl die Hauptprotagonisten des jüngsten Goldrausches um Nvidia & Co. in den Indizes des “alten Kontinents” überhaupt vertreten sind. Entsprechend könnte bei einer Kehrtwende der US-Weltleitbörse, wie sie momentan befürchtet wird, Ungemach drohen.

Siemens hat den Zuschlag für einen Milliardenauftrag aus der Schweiz erhalten. Der Münchner Industriekonzern liefert in den 2030er-Jahren bis zu 200 neue Doppelstockzüge für die S-Bahnen in der Region Zürich und in der Westschweiz. Die Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) bezifferten das Investitionsvolumen auf zwei Milliarden Franken.

Der Panzer- und Artillerie-Fabrikant Rheinmetall erweitert sein Portfolio um Weltraum-Satelliten. Die Waffenschmiede teilte mit, dass hierfür ein Gemeinschaftsunternehmen mit der finnischen Satellitenfirma Iceye gegründet worden sei. Es geht um sogenannte SAR-Satelliten, die dem Militär sehr präzise Aufklärungsbilder liefern.

Der Autozulieferer Aumovio hat eine Ausnahmegenehmigung für den Export von Nexperia-Chips aus China erhalten und rechnet nicht mehr mit Kurzarbeit in Deutschland. “Wir exportieren schon wieder aus China”, sagte Aumovio-Chef Philipp von Hirschheydt der Nachrichtenagentur Reuters. Deswegen sei es höchstwahrscheinlich nicht notwendig, die Produktion in Deutschland zu drosseln.

Die niederländische Regierung sei zudem bereit, die Kontrolle über Nexperia abzugeben, wenn China wieder den Export wichtiger Elektronikchips erlaubt, berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg heute unter Berufung auf mit der Sache vertraute Personen. Bereits am Vorabend hatte die niederländische Regierung mitgeteilt, dass sie mit einer Wiederaufnahme der Lieferung von Nexperia-Chips aus China in den kommenden Tagen rechne. Auch Volkswagen hat nach Angaben seines Chinachefs bereits erste Lieferungen von Nexperia-Chips erhalten

Der Nutzfahrzeughersteller Daimler Truck hat wegen der Branchenschwäche in seinem wichtigen Markt Nordamerika im dritten Quartal deutlich Federn lassen müssen. Das um Sondereffekte bereinigte Konzernergebnis vor Zinsen und Steuern fiel um 40 Prozent auf 716 Millionen Euro. Unter dem Strich fiel der Gewinn je Aktie bei den Schwaben um gut ein Viertel auf 57 Cent.

Der Radar-Spezialist Hensoldt ist in den ersten neun Monaten des laufenden Jahres dank des Rüstungsbooms auf Wachstumskurs geblieben. “Die Verteidigungsinvestitionen in Deutschland und Europa gewinnen weiter an Dynamik und die Zeitenwende 2.0 beginnt, sich konkret auszuwirken”, sagte Konzernchef Oliver Dörre laut Mitteilung heute in Taufkirchen. Er sprach von einer steigenden Nachfrage und bestätigte die bereits Ende Oktober angepasste Jahresprognose sowie die Mittelfristziele. Die Aktie legte im MDAX deutlich zu.

Die Aktien des Essenslieferdienstes Delivery Hero haben heute ihre jüngste Talfahrt fortgesetzt. Der Kurs fiel fast zehn Prozent und drückte die Aktie ans MDAX-Ende. Damit weiteten die Papiere ihre jüngste Korrektur vor den anstehenden Quartalszahlen aus, die das Unternehmen am Donnerstag kommender Woche veröffentlichen will.

Hintergrund ist unter anderem ein Bloomberg-Bericht über ein Interesse des US-Fahrdienstleisters und Essenslieferanten Uber an dem türkischen Lieferdienst Getir. Delivery Hero ist in dem Land mit dem Getir-Konkurrenten Yemeksepeti vertreten.

Der Börsenwert von Delivery Hero ist in diesem Jahr inzwischen um rund ein Drittel auf 5,5 Milliarden Euro gefallen. Zum Vergleich: Anfang 2021, zum Höhepunkt der Corona-Pandemie, hatten die Aktien zeitweise mehr als 145 Euro gekostet. Das Unternehmen war damals fast 30 Milliarden Euro wert. Wegen ihres Höhenflugs während der Pandemie waren die Delivery-Hero-Aktien von August 2020 bis Juni 2022 im DAX notiert. Analysten schließen ein Übernahmeangebot für Delivery Hero derweil nicht aus.

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