Marketing-Experte Michael Bernecker über Trikot-Sponsoring: “Hertha ist Großstadt, Union der Special Case” | ABC-Z

Trikot-Sponsoring im Fußball
–
“Hertha ist Großstadt, Union der Special Case”
Trotz sechs Bundesliga-Saisons in Folge schien Union Berlin zuletzt Probleme zu haben, einen Trikot-Sponsor zu finden. Worauf es dabei ankommt und wer der ideale Partner für Hertha und Union wäre, verrät Marketing-Experte Michael Bernecker.
rbb|24: Herr Bernecker, mit welchem Ziel werben Unternehmen eigentlich auf den Trikots der Bundesligisten?
Michael Bernecker: Primär geht es um Reichweite, gerade für kleinere, unbekannte Marken. So sind vor allem e-Commerce-Unternehmen in den letzten Jahren durch Fußball bekannter geworden. Allerdings sprechen wir in der Regel nicht nur von isolierter Trikotwerbung, sondern meistens sind es ganze Sponsoring-Pakete, mit denen ein Image-Effekt ausgelöst werden soll.
Bei so manchem Weltmarktführer als Trikotsponsor wird es doch aber kaum um die Steigerung der Bekanntheit gehen müssen.
Da lautet das Ziel zu emotionalisieren, die Marke mithilfe des Fußballs aufzuladen. Andere wiederum hoffen, mehr in die Mitte der Gesellschaft gerückt zu werden durch ihr Sponsoring – Wettanbieter zum Beispiel. Das funktioniert nach dem Motto: Wenn in dem Kontext dafür geworben wird, dann kann es ja nicht so schlecht sein.
Lässt sich denn messen, ob sich Sponsoring lohnt?
Tatsächlich, ja – zum Beispiel über Reichweite. Es wird geschaut, wie oft etwa das Logo im Fernsehen zu sehen ist. Und dann wird das umgerechnet, unter anderem daraufhin, was ein Werbespot in dem Kontext kosten würde. Aber auch Bekanntheits- und Imagewerte lassen sich natürlich messen. Und das wird auch getan – vor, während und nach dem Sponsoring.
Ob ein Verein interessant ist für Sponsoren, hat auch etwas mit dem Image des Klubs zu tun. Das von Union Berlin zum Beispiel ist ja eigentlich super. Union gilt als bodenständig, ehrlich, hart arbeitend. Die Fans feiern die Mannschaft auch nach Niederlagen. Klingt doch eigentlich super. Und trotzdem steht man in Köpenick immer mal wieder ohne Trikot-Sponsor da.
Das ist auch eine Frage der Positionierung – welche Marken passen eigentlich zu diesem Verein. Die Deutsche Telekom kann ich mir bei Union einfach nicht vorstellen. Aber es gibt genügend Marken, die dieses Lokalkolorit, dieses besondere Image, sicherlich goutieren würden. Die Frage ist dann, ob man professionell genug an das Thema herangeht und welche Gegenforderungen man hat.
Nicht jeder der letzten Trikot-Sponsoren kam bei den Union-Fans gleich gut an.
Im Zweifelsfall ist die Marke, die ihr Image aufbessern möchte, aber auch bereit, ein bisschen mehr zu bezahlen.
Wen sehen Sie denn als geeigneten Partner für Union?
Es müsste eine nationale Marke sein, weil der Klub nicht international vertreten ist. Lokalkolorit wäre gut, aber genau auch aus dem Segment, das zum Image passt – durchaus hemdsärmelig, auf das Handwerk fokussiert. Und da gibt es sicherlich genügend Marken. Aber in der heutigen, konjunkturellen Lage muss man auch erstmal den Partner finden, der willens und in der Lage ist, die geforderten Beträge zu bezahlen.
Auch Hertha BSC hatte immer wieder Probleme, einen Trikot-Sponsor zu finden. Ist das vor allem auf die ganzen Skandale zurückzuführen?
Schwierig. Weil einerseits sind Skandale und Diskussionen natürlich medienträchtig, das heißt, der Verein hat dadurch deutlich mehr Reichweite. Und als Marketing-Mensch muss ich sagen: Reichweite ist Reichweite ist Reichweite. Andererseits suchen Sponsoren Verlässlichkeit. Sponsoring ist kein Sprint, sondern ein Dauerlauf oder sogar Marathon.
Wer schwebt Ihnen denn für die Hertha als Partner vor?
Die Positionierung als Großstadt-Klub war ja ganz interessant. Weil man dadurch einen anderen Kontext kriegt und im Idealfall jemanden, der nicht so verankert ist in einer bestimmten Zielgruppe. Das heißt, es ist neutraler. Man hat viel mehr Möglichkeiten, kann nach links und rechts schauen. Aber als aktueller Zweitligist ist es natürlich auch schwierig, hohe Summen zu verlangen.
Aus Sicht des Marketingexperten – welcher Hauptstadtverein hat die größere Strahlkraft?
In Sachen Identität ist Hertha die Großstadt, das Weltmarktprodukt. Und Union dann eben der Underdog, der Special Case.
Vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview wurde geführt von Ilja Behnisch.
Sendung: rbb24, 13.06.2025, 22 Uhr