Mandy Mangler leistet Aufklärungsarbeit in der Gynäkologie |ABC-Z

Bis 2023 war die Klitoris auf keinem Aufklärungsbogen vor einer Operation des Unterleibs korrekt abgebildet. Ein Detail, das viel über blinde Flecken in einer patriarchal geprägten Medizin aussagt. Dass die weiblichen Genitalien seither richtig und damit erklärend dargestellt werden, ist der Gynäkologin Mandy Mangler zu verdanken. Sie sprach im Schauspiel Frankfurt über die strukturelle Vernachlässigung weiblicher Körper.
Mangler imponiert nicht mit Lautstärke, sondern mit Fakten, Nahbarkeit und ihrem freundlichen Auftreten. „Viele fühlen sich von meinen Aussagen angegriffen, obwohl ich nur Studien und Statistiken zitiere“, sagt die Ärztin. Wer Mangler widersprechen will, muss besser informiert sein. Ihr Fachgebiet Gynäkologie betrifft Frauen, es ist historisch aber von Männern geprägt. Noch heute seien nur 13 Prozent der Spitzenpositionen an Lehrstühlen, in Kliniken und Fachabteilungen von Frauen besetzt. Das bedeute oft, dass nur eine Frau im Raum anwesend sei, wenn Entscheidungen getroffen würden, so Mangler.
Ihr Publikum ist jedoch überwiegend weiblich: Viele kommen zu dem Podiumsgespräch über Frauen-Gesundheit mit Freundinnen, Kolleginnen, Mutter und Tochter. „Wir brauchen eine Medizin, die Frauen nicht nur als kleine Männer wahrnimmt, sondern die die Beschwerden von Frauen ernst nimmt“, sagt Mangler.
Ihr umfangreiches Wissen versammelt sie in „Das große Gynbuch“, das sie an diesem Abend ebenfalls vorstellt. Die Ärztin und Autorin schildert darin auch Erfahrungen aus dem Klinikalltag und räumt mit Mythen auf. „Es ist absurd und zugleich erschreckend oft Realität, dass der Mythos Jungfernhäutchen bis heute dafür sorgt, dass junge Frauen notwendige gynäkologische Untersuchungen meiden“, sagt Mangler. Noch immer existiere die Vorstellung, es reiße beim ersten Geschlechtsverkehr ein Häutchen. Dabei ist dies längst ein medizinisch widerlegter Irrglaube. „Doch genau diese falschen Bilder führen dazu, dass junge Frauen befürchten, schon der Besuch beim Frauenarzt könne etwas beschädigen.“
Mangler, 1977 geboren, ist nicht nur fünffache Mutter, sondern auch Chefärztin zweier Berliner Kliniken für Gynäkologie und Geburtsmedizin und Host des Podcasts „Gyncast“. Dass sie nicht nur eine bekannte Ärztin ist, sondern auch eine mitreißende Erzählerin, zeigt der Abend eindrucksvoll. Sie spricht offen über den Orgasmus-Gap, Care-Arbeit, Schönheitsoperationen an den Schamlippen, die Zeit der Menopause und wie geschlechtergerechte Medizin aussehen könne.
Auch über das Wort „Scham“ diskutiere sie gern. „Da ist nichts, wofür Frauen sich schämen müssen.“ Ein guter Tag, fügt sie augenzwinkernd hinzu, sei übrigens, „wenn man einmal am Tag ganz selbstverständlich das Wort Vulva sagt“. Es folgte ein kurzer Moment des Zögerns im Publikum – gefolgt von Gelächter und Applaus.