ManCity gegen Arsenal in der Premier League: Rodris Schmerz und Guardiolas Rage – Sport | ABC-Z
Pep Guardiola erging es wie vermutlich vielen Fußballfans. Er konnte vom dramatischen, erst spät sichergestellten Unentschieden (2:2) zwischen seinem Manchester City und dem FC Arsenal nicht genug bekommen. Als sich der Trainer nach Abpfiff bereits vor dem Stadionausgang befand, drehte er um und kehrte an den Spielfeldrand zurück. Zwei Minuten redete er dort auf den Vierten Offiziellen ein. Immer wieder deutete Guardiola auf eine Stelle an der Mittellinie, die zuvor für einen bemerkenswerten Wutausbruch in seiner neunten Saison in Manchester gesorgt hatte.
Wie ein Karatekämpfer hatte Guardiola in schwarzen Lederschuhen mit durchgestrecktem rechten Fuß gegen seinen Sitzplatz getreten. Die Rückenlehne knallte derart heftig nach hinten, dass sein Assistent Juanma Lillo neben ihm zusammenzuckte. Als Auslöser galt Schiedsrichter Michael Oliver: Dieser hatte in der 22. Minute des Premier-League-Spitzenspiels die beiden Kapitäne, Citys Rechtsverteidiger Kyle Walker und Arsenals Stürmer Bukayo Saka, zu sich geholt und angewiesen, das hitzige Match zu beruhigen. Danach lief Walker auf seine Position zurück und gab die Instruktion an seine Mitspieler weiter.
Die Gelegenheit nutzte Arsenal eiskalt und setzte die Partie nach Freigabe von Oliver schnell mit einem Steilpass auf Walkers Abwehrseite fort. Der befand sich zwar wieder auf Höhe der Abwehrkollegen – aber zu weit in der Mitte. So konnte Arsenals Linksverteidiger Riccardo Calafiori durchbrechen und das 1:1 erzielen. Zuvor war Erling Haaland mit seinem 100. Pflichtspieltor für City die Führung gelungen.
Ohne Rodri und De Bruyne fehlt es City an Kreativität
Für den zu diesem Zeitpunkt überraschenden Gegentreffer machte Manchester City den Schiedsrichter verantwortlich. Walker sei letztlich kein Vorwurf zu machen, fand Guardiola. Stattdessen hätte ihm der Referee mehr Zeit gewähren müssen, kritisierte er – und kündigte an, seine Spieler würden nächstes Mal nicht mehr auf dem Platz zu einer Unterredung mit dem Schiedsrichter erscheinen.
Guardiolas Verbitterung war wohl auch darauf zurückzuführen, dass sich direkt vor der Spielunterbrechung sein Mittelfeldstratege Rodri am rechten Knie verletzt hatte, der mutmaßlich lange ausfallen wird. Spaniens Europameister schrie vor Schmerzen, als er im Zweikampf bei einem Eckball falsch auf dem Rasen aufkam; er humpelte, von Betreuern gestützt, vom Rasen. Bereits in der Vorwoche hatte sich Citys Spielmacher Kevin De Bruyne verletzt und stand nicht zur Verfügung. So verlor City an defensiver Kontrolle und offensiver Kreativität.
Rodri, 28, hatte erstmals in dieser Ligasaison in der Startelf gestanden, weil er nach der EM erst spät ins Training eingestiegen war. Zuletzt hatte er vor der hohen Belastung für Spitzenspieler gewarnt und sogar mit Streik gedroht. Im Duell mit Arsenal wirkte der Spanier ungewöhnlich angespannt, nach acht Sekunden versuchte er, einen Platzverweis für Kai Havertz zu erwirken, indem er sich in dessen Weg stellte und sich dann theatralisch zu Boden warf.
Die Unsportlichkeit befeuerte die Rivalität der Titelaspiranten. Beide Mannschaften verloren bisweilen die Nerven. In der Nachspielzeit der ersten Halbzeit ging Arsenal nach einem Kopfballtor des Innenverteidigers Gabriel in Führung – und musste dann wenige Minuten später eine gelb-rote Karte für den bereits verwarnten Angreifer Leandro Trossard wegen Ballwegschlagens hinnehmen. Arsenals Trainer Mikel Arteta echauffierte sich, ähnlich wie zuvor Guardiola, über die Entscheidung, forderte gestenreich einen Abbruch. Die Situation sei „so offensichtlich“ gewesen, dass er sie nicht kommentieren wolle, sagte Arteta hinterher: Der Pfiff sei quasi mit Trossards Ballberührung erfolgt. Allerdings sah auch Trossards vorangegangener Rempler bereits gelbverdächtig aus.
Mit nur zehn Spielern verteidigte Arsenal nach der Pause den Vorsprung geschickt mit einer Sechserreihe und drei davor postierten Abräumern am eigenen Strafraum. Fast im Zehn-Minuten-Takt ließ sich jeweils ein Arsenal-Profi behandeln, um den Spielrhythmus zu brechen und den Kollegen Erholung zu verschaffen. Sowohl in der ersten als auch zweiten Halbzeit gab es über acht Minuten Nachspielzeit: John Stones traf zu Citys 2:2 in letzter Sekunde.
Trotz des quasi mit Abpfiff erfolgten Ausgleichs gleiche das Remis einem Wunder, meinte Arteta – denn in 99 von 100 Fällen würde eine Elf bei so langer Unterzahl in Manchester hoch verlieren. Arsenals Sperrfußball in der zweiten Halbzeit (12,5 Prozent Ballbesitz, Trefferwahrscheinlichkeit 0,06) provozierte allerdings den Gegner.
Arsenal bleibt mit zwei Punkten Rückstand in Lauerstellung
Manchesters Bernardo Silva schäumte, dass nur ein Team Fußball gespielt habe und hielt seinem Gegenspieler Gabriel im Match mit Daumen und Zeigefinger eine „0“ entgegen – für null Ligatitel in den vergangenen Spielzeiten. Auch Haaland arbeitete sich an Gabriel ab, er schmetterte diesem nach Citys zweitem Tor den Ball an den Hinterkopf. Guardiola formulierte spitz, man habe mit dem FC Liverpool einen „gesunden Wettbewerb“ entwickelt, mit Arsenal sei er nun auf andere Art vorhanden.
Tatsächlich scheint den Londonern gerade fast jedes Mittel genehm zu sein, um Manchester City als Dauermeister abzulösen. Arteta arbeitete bis Dezember 2019 als Assistent von Guardiola und verfolgt nun offenbar das Ziel, diesen zumindest einmal in der Meisterschaft zu schlagen. Für City geht es wiederum um den fünften Meistertitel in Serie. Die gegenseitige Abneigung auf dem Rasen jedenfalls wirkt wie eine Fortschreibung von Arsenals früherer Rivalität mit Manchester Citys Stadtnachbarn United.
Durch das Remis bleibt die Spitzengruppe der Premier League eng zusammen, City bleibt Tabellenführer, ein Punkt vor Liverpool und zwei vor Arsenal. Das Titelrennen könnte ähnlich faszinierend werden wie in der Vorsaison. Das Stadion verließ Pep Guardiola letztlich übrigens erst, als ihm Mikel Arteta vom Spielfeld aus entgegenkam.