Mamdani wird New Yorks Bürgermeister – Dreifacher Denkzettel für Donald Trump | ABC-Z

Auch wenn er nirgendwo auf den Wahlzetteln stand: Der amerikanische Wahl-Dienstag in New York, Virginia, New Jersey, der erste nach Amtsantritt Donald Trumps im Weißen Haus, wird weithin als Schlüssel-Referendum über die Arbeitsbilanz des 47. Präsidenten nach seinen ersten neun Monaten gewertet. Fazit vorweg: Der 79-Jährige, dessen Zustimmungswerte zuletzt bei katastrophalen 37 Prozent rangierten, hat schon entschieden bessere Tage erlebt. Er muss sich ein Jahr vor den wegweisenden Zwischenwahlen im Kongress in Washington etwas einfallen lassen.
Bevor die Ergebnisse des prominentesten Rennens – das um den Bürgermeister-Posten in der Welt-Finanzhauptstadt New York eintrudelten – hatten Trump und die Republikaner bereits zwei massive Niederlagen zu verdauen. In Virginia löste die ehemalige CIA-Agentin Abigail Spanberger als demokratische Gouverneurin den Republikaner Glen Youngkin ab und deklassierte ihre konservative Widersacherin Winsome Earle-Sears.
Marine-Pilotin wird demokratische Gouverneurin in New Jersey
In New Jersey macht Spanbergers politische Kongress-Freundin Mikie Sherrill, eine ehemalige Marine-Pilotin, das Rennen um die demokratische Nachfolge des beliebten demokratischen Gouverneurs Phil Murphy. Jack Ciattarelli, dem Trump erst in letzter Minute halbherzig seine Unterstützung zusicherte, landete beim Anlauf zum Amt des Quasi-Ministerpräsidenten klar auf dem Verlierer-Platz.
Spanberger wie Sherill hatten ihre Wahlkämpfe ganz auf die weithin als negativ empfundenen Auswirkungen Trumpscher Regierungspolitik ausgerichtet – von unverändert hohen Verbraucherpreisen bis zum längsten „Shutdown” der US-Geschichte, der seit über einem Monat Hunderttausende Staatsbedienstete um Lohn und Brot bringt.
Kometenhafter Aufstieg von Zohran Mamdani
Um die für viele Amerikaner zunehmend unerschwinglichen Lebenshaltungskosten dreht sich auch beim Shooting-Star des Wahlabends – Zohran Mamdani – fast alles. Der erst 34-jährige demokratische Newcomer, ein selbsterklärter Sozialist, hat seinen erst im Januar begonnenen kometenhaften Aufstieg in einer historischen Abstimmung festigen können und das Bürgermeister-Amt in der Welt-Finanzhauptstadt New York gegen den früheren demokratischen Gouverneur Andrew Cuomo erobert.
Vor allem auf Mamdanis mitreißenden, von Fröhlichkeit und Zuversicht geprägten Wahlkampf führen Analysten in US-Medien die Rekordbeteiligung von über zwei Millionen Wählerinnen und Wählern im „Big Apple” zurück, so viele wie seit 1969 nicht mehr.
Trump: „Mir wird es schwerfallen, New York viel Geld zu geben“
Mit Mamdani hat Donald Trump auf seinem „hometurf” einen neuen Sandsack, den der Präsident in Zukunft verbal besonders heftig prügeln wird. Sozialistisch klingende Versprechen wie kostenlose Kita-Plätze und Stadtbusse haben Trump bereits dazu verleitet, sich als Spaßbremse in spe für seine Heimatstadt zu outen. Konkret: Mamdani werde „wie kein Bürgermeister in der Geschichte unserer einst so großartigen Stadt Probleme mit Washington bekommen”, sagte Trump, „als Präsident wird es mir schwerfallen, New York viel Geld zu geben, denn wenn ein Kommunist New York regiert, verschwendet man nur das Geld, das man dorthin schickt“. Wann immer möglich, wird der Präsident den Geldhahn der Zentral-Regierung abdrehen, wenn der neue „mayor” ab 1. Januar den Finger hebt.
Trump wird zudem den Finger in die Wunde legen, wenn die von Mamdani angekündigten Steuererhöhungen für Reiche, mit denen seine Sozial-Gaben bezahlt werden sollen, den Realitätstest (wahrscheinlich) nicht überstehen werden. Weil das Parlament des Bundesstaates in Albany solche Fisimatenten nach heutigem Stand nicht mitmachen wird.
Trumps Einmischung in den Wahlkampf hatte keine Konsequenzen
Mit anderen Worten: Trump hat es trotz massiver Einmischung und einer Wahlempfehlung für Cuomo nicht verhindern können, dass die Umverteilungsträume des Jungstars zum Wahlsieg führten. Er wird nun alles daran setzen, dass dem als unerfahren geltenden Charismatiker das Regieren in der Millionen-Metropole zur Tortur wird.
Hauptstadt Inside von Jörg Quoos, Chefredakteur der FUNKE Zentralredaktion
Hinter den Kulissen der Politik – meinungsstark, exklusiv, relevant.
Mit meiner Anmeldung zum Newsletter stimme ich der
Werbevereinbarung
zu.
Trumps Standard-Argument wird lauten, dass die Steuern in New York im Landesvergleich ohnehin schon sehr hoch sind, zusätzliche Belastungen also die reale Gefahr mit sich bringen, dass wohlhabende Steuerzahler die Stadt fliehen könnten und nach Texas oder Florida abwandern.
New York ist nicht repräsentativ für Amerika
Konträr zu seinem Gerede vom bevorstehenden Exodus stehen eher gelassen klingende Aussagen von Top-Banker Jamie Dimon, der durchblicken ließ, dass Mamdani an einem konstruktiven Dialog mit Unternehmen interessiert sei. Der Boss der Großbank JP Morgan hat gerade erst am Hudson River eine opulente neue Zentrale seines Kreditinstituts eröffnen lassen.
Auch wenn das bunt schillernde New York nicht repräsentativ für Amerika ist, ganz im Gegenteil, wird Trump den indisch-stämmigen Bürgermeister zum neuen Gesicht der Demokraten stilisieren, die noch weiter nach Linksextrem gerückt seien. Obwohl Mamdani wegen seines Geburtslandes Uganda nach den Statuten der US-Verfassung niemals Präsident werden könnte, wird der Amtsinhaber genau das suggerieren, um Moderate und Parteiunabhängige mit Blick auf die Zwischenwahlen im Kongress in einem Jahr abzuschrecken, sich näher mit den Demokraten zu beschäftigen.
Mamdanis Sieg zeigt Trumps Verwundbarkeit
Was aber, so Kommentatoren im US-Fernsehen, wenn der leidenschaftliche Fußball-Fan einen vorsichtigen, schrittweisen Ansatz verfolgt und seine Ideen erst in überschaubaren Pilotprogrammen testet, anstatt sie sofort ganz New York überzustülpen?
Lesen Sie auch: Wahlkampf gegen Trump und Infantino: Mamdani will WM für Fans bezahlbar machen
Mamdanis Sieg hat nach Auffassung von Experten in Washingtoner Denkfabriken gezeigt, dass Trump bei seinem zentralen Wahlversprechen 2024 – die Senkung der Lebenshaltungskosten und der Inflation – verwundbar ist. Mamdani hat mit seinem unermüdlichen Fokus auf die steigenden Mieten und Lebensmittelpreise einen Nerv getroffen, der nicht nur in New York zuckt. Landesweite Umfragen bescheinigen angesichts teilweise obszöner Preise in den Supermärkten höchste Unzufriedenheit mit der Politik Trumps, der wider besseres Wissen behauptet, heutzutage seien Lebensmittel billiger als vor seinem Amtsantritt.
Haben die Demokraten eine neue zugkräftige Botschaft gefunden?
Ist damit klar, dass die nach der Niederlage von Kamala Harris immer noch orientierungslos wirkenden Demokraten eine neue zugkräftige Botschaft für künftige Wahlkämpfe gefunden haben? Der sensationelle Sieg Mamdanis in New York gibt gewiss jenen Auftrieb, die die Zukunft der Partei in einem linkslastigen Progressivismus sehen, wie ihn der ehemalige Präsidentschaftskandidat Bernie Sanders seit Langem predigt.
Dagegen bestärkt der Erfolg der mittig-moderaten Abigail Spanberger als neuer Gouverneurin des Bundesstaates Virginia, dass auch eine von extrem linken Positionen distanzierte Kümmerin-Politik Erfolg hat, die sich ohne revolutionäre Töne der Wirtschaft, der öffentlichen Sicherheit und dem Gesundheitswesen widmet.
Donald Trump und die Republikaner werden diese Zweigleisigkeit für sich instrumentalisieren und die Demokraten insgesamt als Extremisten karikieren, die in Amerika Gleichmacherei und Sozialismus etablieren wollen. Ob die Verteufelung zieht, werden die „midterms“ in zwölf Monaten zeigen.
















