Maja T.: Bundesverfassungsgericht erklärt Auslieferung an Ungarn für unzulässig | ABC-Z

Maja T. wurde im Juni 2024 nach Ungarn ausgeliefert – ein Verbot des Bundesverfassungsgerichts kam zu spät. Nun hat Karlsruhe einer Beschwerde von T. stattgegeben. Die Haftbedingungen in Ungarn hätten ausführlicher geprüft werden müssen.
Die Auslieferung eines mutmaßlichen Linksextremisten im Juni 2024 nach Ungarn ist unzulässig gewesen. Mit einem am Donnerstag veröffentlichten Beschluss rügte das Bundesverfassungsgericht eine unzureichende Aufklärung der dortigen Haftbedingungen durch das zuständige Berliner Kammergericht. Der Linksextremist war allerdings trotz eines einstweiligen Auslieferungsverbots durch das Bundesverfassungsgericht schon kurz zuvor an ungarische Behörden übergeben worden.
Der betroffenen Person – die sich selbst als non-binär identifiziert und in der linksradikalen Szene als „Maja“ T. bekannt ist – wird vorgeworfen, im Februar 2023 in Budapest an Angriffen auf vermutete Rechtsextremisten beteiligt gewesen zu sein. Das Berliner Kammergericht erklärte am 27. Juni 2024 T.s. Auslieferung nach Ungarn für rechtmäßig.
Obwohl bereits eine Verfassungsbeschwerde anhängig war, wurde T. in der folgenden Nacht den ungarischen Behörden übergeben. Eine am 28. Juni ergangene einstweilige Anordnung des Bundesverfassungsgerichts, welche die Überstellung bis zur Entscheidung in der Hauptsache untersagte, kam zu spät.
Wie nun das Bundesverfassungsgericht entschied, hätte T. nicht ausgeliefert werden dürfen. Zur Begründung verwies es auf das Verbot unmenschlicher Behandlung nach der EU-Grundrechtecharta. Das Kammergericht habe aktuelle Informationen zu Überbelegung und Haftbedingungen in ungarischen Gefängnissen nicht ausreichend geprüft.
Das Urteil ist auch politisch brisant, weil das Bundesverfassungsgericht den schriftlichen Zusagen der ungarischen Behörden ausdrücklich nicht glaubt, dass non-binäre Personen keine Diskriminierung oder Gewalt in ungarischen Gefängnissen zu fürchten haben.
Die Klägerin hatte sich mit Hinweis auf ihre Geschlechtsidentität auf Artikel 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRCh) berufen. Das Verfassungsgericht kommt zu dem Schluss, dass das Kammergericht die Lage nicht ausreichend geprüft habe. „Insbesondere hat es die Haftumstände, die die beschwerdeführende Person in Ungarn erwarteten, nicht hinreichend aufgeklärt“, teilte das Gericht mit. Ob Deutschland nun die Rücküberstellung beantragt, blieb zunächst unklar.
AFP/Reuters/ll/jr