Forscher lösen Rätsel um fast 1200 Tonnen schweren Felsen im Dschungel | ABC-Z

Berlin. Im vergangenen Jahr entdeckten Forscher einen mysteriösen Felsen auf einer Pazifikinsel. Wie kam der „unglaubliche“ Koloss dort hin?
Wie ein Fremdkörper sitzt ein 1180 Tonnen schwerer Felsbrocken im Dschungel der Pazifikinsel Tongatapu. Seit seiner Entdeckung im vergangenen Jahr rätseln Forscher, wie er an seinen heutigen Platz gelangt ist. Eine neue Studie konnte nun den Grund für die ungewöhnliche Lage des Felsen ermitteln: ein gigantischer Tsunami vor 7000 Jahren.
Die Ausmaße des sogenannten Maka-Lahi-Felsen erzählen davon, wie kraftvoll der Tsunami gewesen sein muss. Mit seinen 14 x 12 x 6,7 Metern wurde er 200 Meter landeinwärts von der Klippe gespült, aus der er sich wohl herausgelöst hat. Heute liegt er 39 Meter über dem Meeresspiegel.
Damit sei er der weltweit größte bekannte Felsen, der über einer Klippe sitzt. In der Studie, erschienen in der Fachzeitschrift „Marine Geology“, simulierten Forscher die wahrscheinlich durch ein Erdbeben oder Vulkanausbruch verursachten Mega-Wellen.
Mega-Tsunami mit 50 Meter hohen Wellen traf Felsen
„Wir hatten die Südseite der Insel Tongatapu untersucht und entlang der Küstenklippen nach Spuren vergangener Tsunamis gesucht“, berichtet der Co-Autor Martin Köhler in einem Statement. Örtliche Bauern zeigten ihm den von Pflanzen überwucherten Maka-Lahi-Felsen. In der Sprache des Inselstaats Tonga, zu dem auch Tongatapu gehört, bedeutet Maka Lahi „großer Stein“.
„Ich war so überrascht; er liegt weit im Landesinneren außerhalb unseres Arbeitsgebiets und muss von einem sehr großen Tsunami mitgerissen worden sein“, erinnert sich der Doktorand, der an der australischen Universität Queensland forscht. „Es war ziemlich unglaublich, dieses große Stück Fels dort liegen zu sehen, bedeckt und umgeben von Vegetation.“
Mithilfe eines 3D- Modells konnten Köhler und die Co-Autorin Annie Lau bestimmen, dass der Felsbrocken aus einer über 30 Meter über dem Meeresspiegel liegenden Klippe herausgebrochen war. In einer Computer-Simulation berechneten sie außerdem, wie hoch die Wellen des Tsunamis gewesen sein müssen: Um die 50 Meter hoch prallten sie wohl für 90 Sekunden auf die Klippen.
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Tonga immer wieder durch Erdbeben und Vulkanausbrüche bedroht
Das Inselreich Tonga habe eine lange Geschichte von Tsunamis, die durch Vulkanausbrüche und Erdbeben entlang des pazifischen Feuerrings häufig vorkommen, erklärt Annie Lau. „Beim letzten Tsunami in Tonga im Jahr 2022 kamen sechs Menschen ums Leben und es entstand großer Schaden“, so Annie Lau, die als Geomorphologin, den Wandel von Küsten erforscht.
Mit der Studie versuchen die Wissenschaftler, Tsunamis und Megawellen in der Gegend besser zu verstehen. „Das Verständnis vergangener Extremwetterereignisse ist für die Gefahrenvorbereitung und Risikobewertung heute und in der Zukunft von entscheidender Bedeutung“, sagt Lau.
Tsunamis entstehen meistens durch starke Seebeben, bei denen sich der Meeresboden plötzlich hebt oder senkt und dadurch große Wassermassen verdrängt werden. Die dadurch entstehenden Wellen breiten sich mit hoher Geschwindigkeit – oft über 700 km/h – über den Ozean aus. Auf offener See sind sie oft kaum spürbar, doch beim Erreichen flacher Küstenbereiche türmen sie sich auf und können mit großer Wucht Zerstörung anrichten.
Alaska: Größter bekannter Tsunami der Geschichte
Die größte jemals dokumentierte Tsunami-Welle ereignete sich am 9. Juli 1958 in der Lituya Bay in Alaska. Durch einen gewaltigen Felssturz, ausgelöst von einem heftigen Erdbeben, stürzten rund 30 Millionen Kubikmeter Gestein ins Wasser und lösten eine 150 Meter hohe Welle aus, die an den Berghängen eine Höhe von bis zu 524 Metern erreichte – so hoch wie ein Wolkenkratzer.
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Obwohl dieser Tsunami nur eine abgelegene Bucht traf und vergleichsweise wenige Menschen ums Leben kamen, gilt er laut dem Erdbeben-Zentrum von Alaska als die höchste bekannte Tsunami-Welle. Zum Vergleich: Die zerstörerischen Tsunamis des Indischen Ozeans 2004 und von Japan 2011 erreichten maximal eine Höhe von rund 30 bis 40 Metern, verursachten aber durch ihre Reichweite und Besiedlung der Küsten deutlich mehr Opfer und Schäden.