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Lukas Märtens: Einst machte er ein Fan-Foto mit Biedermann, nun brach er dessen Weltrekord | ABC-Z

Früher schaute Lukas Märtens zu ihm auf: Paul Biedermann, Doppel-Weltmeister von 2009, war schon als Kind sein Vorbild. Jetzt verbesserte er dessen 16 Jahre alten Weltrekord. Biedermann schwärmt von dem jungen Magdeburger – als Sportler und Mensch.

Lukas Märtens erinnert sich noch genau. Es waren Begegnungen vor 13 und vor 15 Jahren, die besonders für ihn waren, die ihn motivierten, die ihm auch zeigten, was möglich ist. Er, der heutige 1,92 Meter große Modellathlet und Olympiasieger von Paris, traf als junger Nachwuchsschwimmer auf den damaligen Weltklasse-Athleten Paul Biedermann. Der Magdeburger Märtens mit großen Träumen, der Hallenser Biedermann mit zwei Weltrekorden in der Vita, die er den Legenden Michael Phelps und Ian Thorpe abgenommen hatte.

Jetzt hat der kleine Junge von damals, heute 23 Jahre alt, den 400-Meter-Freistil-Weltrekord seines Idols gebrochen. Bei den Swim Open von Stockholm schlug Märtens am Samstag nach 3:39,96 Minuten an und war damit elf Hundertstelsekunden schneller als Biedermann im Sommer 2009 bei den Weltmeisterschaften in Rom. Märtens‘ Erfolg ist auch eine Geschichte über die Kraft von Vorbildern. Die beiden verbindet zudem ihre Herkunft und großer gegenseitiger Respekt.

„Paul war schon immer mein Vorbild“, sagt Märtens und erinnert sich an die Begegnungen aus seiner Kindheit: „Ich habe mit ihm damals zwei Fotos gemacht – als kleiner Fanboy. Er war riesig und ich gefühlt zwei Meter kleiner. Außerdem hatte er ein ziemlich breites Kreuz – ich hatte ganz schön Respekt, als er damals neben mir stand.“ Das Vorbild einmal treffen, mit ihm sprechen, Fotos machen. Das prägt. Heute sind die beiden in etwa gleich groß – und Biedermann schwärmt von Märtens.

Jetzt halten beide Weltrekorde

Der Hallenser gönnte es ihm nicht nur, sondern hatte es ihm schon vor den Olympischen Spielen von Paris gewünscht. „Wenn ich mir etwas wünschen könnte“, sagte er im WELT-Interview, „dann, dass Lukas in Paris meinen Weltrekord bricht. Ich würde mich wirklich sehr für ihn freuen. Zum einen bleibt die Bestmarke in Deutschland, dann auch noch in Sachsen-Anhalt und zum anderen ist er ein richtig guter Typ, dem ich es gönnen würde, wenn er sich auf diese Art belohnt.“

Gold gewann Märtens über die 400 Meter Freistil tatsächlich und feierte damit den ersten Olympiasieg eines deutschen Beckenschwimmers seit 1988 – der Rekord fiel jetzt.

Fast 16 Jahre hatte Biedermanns Weltrekord über 400 Meter Freistil gehalten, 16 Jahre bissen sich sämtliche Schwimmer die Zähne daran aus. Mehr noch: Biedermann war der letzte verbliebene deutsche Schwimm-Weltrekordhalter in den Statistiken. „Herzlichen Glückwunsch: Was eine krasse Leistung!“, schrieb er jetzt bei Instagram. WELT sagte er zudem: „Lukas ist schon einmal ganz knapp an dem Weltrekord vorbeigeschrammt. Nun hat es geklappt, und ich möchte ihm und seinem Trainer Bernd Berkhahn herzlich dazu gratulieren!“

Damit hat Deutschland jetzt zwei Weltrekordhalter auf der 50-Meter-Bahn, denn Biedermann hält weiterhin die Bestmarke über 200 Meter Freistil, ebenfalls aufgestellt 2009 in Rom (1:42,00 min.) – zu einer Zeit, als die Athleten in Hightech-Anzügen ins Wasser sprangen. Dennoch sind mittlerweile fast alle diese Bestmarken gefallen. Der eine Rekord Biedermanns hielt lange stand, bis zum 12. April 2024, der andere steht weiterhin.

Biedermann: „Ein Supertyp und ein Riesentalent“

Als Vorbild auf seinem Weg an die Spitze diente Märtens dabei nicht nur Biedermann, sondern auch der gebürtige Bremer Florian Wellbrock, in Magdeburg seit Langem sein Trainingspartner, vier Jahre älter und Freiwasser-Olympiasieger 2021. Aber Biedermann begleitet ihn schon seit Kindertagen. „Er war nicht nur ein Vorbild“, sagt Märtens, „sondern auch jemand, auf den ich stolz war, weil er aus meiner Region kam. Mich hat außerdem seine Coolness sehr beeindruckt und wie er seine Rennen gestaltet hat.“

Biedermann kennt die Inspirationskraft von Vorbildern nur zu gut, für ihn war es einst Australiens Schwimmlegende Ian Thorpe, mit dem er 2003 ein ähnliches Fan-Foto machte wie Märtens später mit ihm: Biedermann war 16 Jahre alt, Thorpe 20, hatte bereits dreimal Olympiagold und zweimal Silber gewonnen. 2009 brach der Hallenser dann Thorpes 400-Meter-Weltrekord. Mehrmals äußerte der Australier danach seinen Respekt für Biedermann. Ebenso Michael Phelps, dessen 200-Meter-Weltrekord er brach.

„Auf jeden Fall sind Vorbilder wichtig“, sagt Biedermann. „Es ist schön, dass man am Ende Leute inspiriert.“ Der Hallenser, der nach den Spielen 2016 seine Karriere beendete, hat schon lange sehr aktiv verfolgt, was Märtens macht. „Ein Supertyp und ein Riesentalent“, sagt er.

„Für mich lebt er dieses sportliche Understatement“

Was macht Märtens schwimmerisch aus? Biedermann überlegt nicht lange. „Lukas hat einen ziemlich guten, langen Zug und genau die richtigen Hebel. Der Einsatz von Kraft, die Beschleunigung im Zug – das scheint er genau richtigzumachen. Ich sehe auch ein bisschen Parallelen zu mir: diesen ganz langen Zug und die starke Abdruckphase.“

Biedermann hält große Stücke auf Märtens – im und abseits des Beckens. Als „Supertypen“ bezeichnet er ihn aus gutem Grund. „Es ist einfach der Eindruck, den er hinterlässt, auch bei Interviews, was er sagt, wie er sich ausdrückt. Für mich lebt er dieses sportliche Understatement. Das ist, wie ich finde, sehr rar geworden in der heutigen Zeit, und deswegen ist mir das sehr sympathisch.“

Melanie Haack ist Sport-Redakteurin. Für WELT berichtet sie seit 2011 über olympischen Sport, Extremsport sowie über Themen aus dem Fitness- und Gesundheitsbereich. Hier finden Sie ihre Artikel.

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