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Luisa Geiselsöder in der WNBA: Ein surrealer Frühsommer – Sport | ABC-Z

Luisa Geiselsöder muss noch ein wenig auf jenen WNBA-Sieg warten, den sie so richtig auskosten kann. Am vergangenen Freitag war er zumindest in Sichtweite: ihr neues Team, die Dallas Wings, lag dreieinhalb Minuten vor Schluss noch mit elf Punkten vor den Las Vegas Aces. Dann aber rann der Vorsprung den Gästen aus Dallas durch die Finger wie den Sand der Wüste von Nevada, die Heimat der Gastgeberinnen. Geiselsöder legte mit 13 Punkten in 26 Einsatzminuten einen persönliches WNBA-Bestwert hin und traf sechs von sechs Würfen aus dem Feld – am Ende mussten sich die Wings trotzdem mit 84:88 geschlagen geben.

Nun ist es nicht so, als hätte Luisa Geiselsöder nicht schon einen Sieg in der Women’s National Basketball Association zu verzeichnen. Doch ihr dreiminütiges WNBA-Debüt im Mai, das zusammenfiel mit dem ersten und einzigen Auswärtssieg der Dallas Wings, sei wie im Film an ihr vorbeigezogen: „Es war komplett surreal!“, lacht sie. Ihre Stimme tönt etwas kratzig durchs Telefon an diesem Freitag, das sei aber keine Erkältung, versichert sie schnell: „Das sind nur die Klimaanlagen!“

Seit wenigen Wochen spielt Geiselsöder in der WNBA, verstärkt die Dallas Wings vor allem auf der Centerposition. Der Wechsel zwischen sengenden Außentemperaturen und eisigen Innenräumen mache ihr zu schaffen, ansonsten aber habe sie sich bestens eingelebt, erzählt sie. Die Statistik gibt ihr recht: In den vergangenen fünf Spielen stand sie durchschnittlich 28,8 Spielminuten auf dem Feld, kam auf neun Punkte, 4,8 Rebounds, 2,2 Assists und 1,4 Blöcke.

Ihre Abwesenheit reißt eine Lücke in die Aufstellung der Wings, vor allem unter dem Korb. „Jeden Tag hieß es: Kannst du nicht doch bleiben?“

Es sind herausragende Werte für eine, die gerade ihre erste Saison in der stärksten Basketballliga der Welt spielt – und das auch noch verspätet. Als die WNBA-Saison begann, spielte Geiselsöder noch in den französischen Playoffs. Auch das zweiwöchige Training Camp, zu dem sie im April eingeladen worden war, verpasste sie aufgrund der Finalserie, die sie für die französische Mannschaft Basket Landes bestritt. Für ihren Einsatz in Frankreich belohnte sie sich am 16. Mai mit dem Meistertitel, nur auf die dazugehörige Feier musste sie verzichten: „Wir haben um 22 Uhr den Titel gewonnen, aber am nächsten Tag ging es schon um 5 Uhr zum Flughafen.“ Nach den notwendigen medizinischen Untersuchungen und ersten Trainingseinheiten mit dem neuen Team sitzt sie bereits drei Tage später im Trikot der Dallas Wings am Spielfeldrand, bleibt jedoch zunächst auf der Bank.

Der Übergang sei hart gewesen: physisch, aber auch mental. „Du gehst von einem Feld direkt aufs nächste, es ist eine neue Saison, aber du startest wieder bei null, nur auf einem viel höheren Niveau.“ Nach ihren ersten Einsätzen findet sie immer schneller ins Spiel. In ihrer dritten Partie verwandelt sie erstmals zwei Dreier, im darauffolgenden Spiel gelingt ihr ein Double-Double: Sie punktet und reboundet zweistellig (11/10) und wird daraufhin in die Startaufstellung berufen.

Ihr Trainer Chris Koclanes betont, wie beeindruckt er vom Spielverständnis der Ansbacherin ist: „Basketball-IQ, Größe, Vielseitigkeit“ seien die Dinge, die er mit ihr assoziiere, sagte er dem Dallas Hoops Journal. „Sie kann werfen, man muss sie an der Dreierlinie verteidigen. Aber sie ist auch unter dem Korb sehr präsent. Eine Spielerin mit dieser Größe, die innen und außen spielen kann, ist ein vielseitiges Werkzeug.“ Auch Curt Miller, General Manager der Wings, schwärmt von ihrer Vielseitigkeit.

Läuft bei ihr, könnte man also sagen – wäre da nicht die Performance ihres Teams: Mit nur einem Sieg und zehn Niederlagen haben die Dallas Wings den bislang schlechtesten Start in der Geschichte der Franchise hingelegt. Ich bin ganz ehrlich: Das kratzt am Ego“, gibt Geiselsöder offen zu. „Jeder Athlet hasst es, zu verlieren.“ Im Netz hagelt es Kritik an Trainer Koclanes. Der aber beharrt darauf, dass der neue Kader Zeit brauche. Es ist eine Einschätzung, die Geiselsöder teilt: „Wir müssen dem Prozess vertrauen. Das Team ist neu, der Trainer ist neu, alles ist neu. Da ist es normal, dass wir am Anfang ein bisschen kämpfen, unseren Rhythmus zu finden.“ Trotzdem strapazierten die vielen Niederlagen die Nerven: „Mit dem Talent, das wir haben, müssen wir irgendwann Siege einfahren.“

An den Siegen müssen sie in Dallas allerdings erst einmal ohne Luisa Geiselsöder arbeiten – sie unterbricht die WNBA-Saison, um an der Europameisterschaft teilzunehmen. Deutschland trifft in seiner Vorrundengruppe in der Hamburger Inselpark-Arena auf Schweden (19. Juni), den EM-Zweiten Spanien (20. Juni) und Großbritannien (22. Juni; alle Spiele kostenlos bei Magentasport). „Es ist nicht einfach, mein Team hier im Stich zu lassen“, gibt Geiselsöder zu. Ihre Abwesenheit reißt eine Lücke in die Aufstellung der Wings, vor allem unter dem Korb. „Jeden Tag hieß es: Kannst du nicht doch bleiben?“

Die EM-Teilnahme war jedoch unverhandelbar für Geiselsöder, die bereits 43 Länderspiele im A-Kader absolviert hat und eine zentrale Rolle im Nationalteam spielt. Auch, wenn die zusätzliche Belastung möglicherweise auf Kosten der eigenen Gesundheit geht. Auf den nahtlosen Einstieg in den ohnehin dichten WNBA-Spielkalender folgt nun in der laufenden Saison ein weiteres Turnier mit straffem Zeitplan, danach geht es direkt zurück in die USA. „Es ist viel für unseren Körper, sehr viel. Ich wünschte, dass Europa und die USA da besser zusammenarbeiten würden, vor allem, weil mittlerweile so viele europäische Spielerinnen in der WNBA spielen.“

Wenn Geiselsöder am Montag zur Nationalmannschaft stößt, ist deren Vorbereitung – mit drei von vier verlorenen Testspielen eher durchwachsen – weitgehend abgeschlossen. Deutschland startet dezimiert in das Turnier; neben den Leistungsträgerinnen Satou und Nyara Sabally, die sich gegen die Turnierteilnahme entschieden haben, fehlt auch Kapitänin Marie Gülich, die sich im ersten Vorbereitungsspiel das vordere Kreuzband gerissen hat. Umso mehr Verantwortung wird Luisa Geiselsöder übernehmen. „Ich denke momentan gar nicht daran, wie müde mein Körper ist, oder dass ich keine Pause hatte. Ich konzentriere mich aufs Hier und Jetzt.“ Sowieso überwiege die Freude, mit der Nationalmannschaft zu spielen – und dann auch noch vor heimischem Publikum. „Ich kenne die Mädels seit Ewigkeiten. Wir sind wie Familie. Du weißt, dass jede Spielerin ihren Körper für dich opfern würde. Das ist das Gefühl, mit dem wir spielen, das uns verbindet, und das uns auch ausmacht.“

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