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Löschhubschrauber ohne Besatzung: Innovation aus Oberpfaffenhofen – Starnberg | ABC-Z

Wenn es brennt auf dem Truppenübungsplatz in Grafenwöhr, kann das Löschen zu einer gefährlichen Angelegenheit werden. In manche Bereiche kann die Feuerwehr mit ihren Tankwagen nicht hinein fahren, weil der Boden verseucht ist mit alter Munition, die explodieren könnte. Zuletzt war im März bei einer Übung der US-Armee ein Feuer ausgebrochen.

Eine Lösung für dieses Problem könnte nun von einem Forschungsstandort am Sonderflughafen Oberpfaffenhofen kommen. Im Aerospace Flight Test Center (AFTC), das Technische Universität und Hochschule München gemeinsam betreiben, tüfteln Studenten und Firmen an einer neuartigen Löschmethode mit unbemannten Hubschraubern. Die staatliche Feuerwehrschule in Würzburg und die Polizei sind involviert.

Im Herbst nächsten Jahres wollen sie „Aider“ in der Oberpfalz ausprobieren. Das Akronym steht für Artificial Intelligence in Desaster Relief; an den Universitäten mögen sie solche anspielungsreichen Abkürzungen. Mithilfe von künstlicher Intelligenz soll dabei ein ganzer Schwarm von unbemannten Helikoptern zur Brandbekämpfung losfliegen.

Diese könnten auch in gefährlichem Gelände eingesetzt werden, wo sonst Menschenleben riskiert würden. Waldbrände würden generell zunehmend zu einem Problem, sagte Professor Alexander Knoll von der Fakultät für Maschinenbau, Fahrzeugtechnik und Flugzeugtechnik an der Hochschule München am Donnerstag bei einem Rundgang mit Wirtschaftsstaatssekretär Tobias Gotthard.

Kooperation von Forschung und Wirtschaft

Das neuartige Löschsystem ist geradezu ein idealtypisches Beispiel für die Kooperation von Forschung und Wirtschaft, wie es mehrfach beim AFTC auf dem Gelände des Sonderflughafens praktiziert wird. Der Hangar mit Büros, Werkstätte und Hörsaal steht genau genommen auf Gautinger Gemeindegebiet, befindet sich aber direkt beim Flughafengelände und verfügt über ein eigenes Vorfeld. Das Zentrum ist damit laut der TU eine der ganz wenigen universitären Forschungseinrichtung weltweit mit einem direkten Zugang zu einem Flugplatz.

Nach den Wünschen der Hochschulen wurde das Gebäude konzipiert, vom Freistaat gemietet und vor drei Jahren in Betrieb genommen.  Es ist eigentlich eine unscheinbare gesichtslose Halle wie die anderen Industriebauten in der direkten Umgebung auch. Nachbarn sind etwa die Deutsche Aircraft und der Laserfunk-Hersteller Mynaric. Genau diese räumliche Nähe sehen Politiker und Wissenschaftler als Vorteil.

Bei der Grundsteinlegung mit Ministerpräsident Markus Söder vor drei Jahren sagte etwa TU-Präsident Thomas F. Hofmann, dadurch werde „gegenseitige Inspiration und die gemeinschaftliche Entwicklung von Technologieinnovationen“ ermöglicht.  Es sei ein „ganz besonderer Ort“, sagte zur Begrüßung am vergangenen Donnerstag Professorin Sonja Munz, Vizepräsidentin für Forschung an der Hochschule München. In dem Moment musste sie ihre Ansprache kurz unterbrechen, weil draußen gerade die Turbine eines startenden Flugzeugs laut aufheulte. So viel zur Nähe von Forschung und Praxis.

Forschung und Praxis vereint (von links): Doktorand Michael Bachfischer, Asab-Geschäftsführer Anatolij Menzer und  Avilus-Mitgründer Felix Bos mit einem  Löschwassertank, den Studenten entwickelt haben. (Foto: Franz Xaver Fuchs)
Der Hubschrauber „Wespe“ der Firma Avilus in Ismanning wird bisher vor allem für militärische Zwecke gebaut. Nun soll er für die Brandbekämpfung ausgerüstet werden.
Der Hubschrauber „Wespe“ der Firma Avilus in Ismanning wird bisher vor allem für militärische Zwecke gebaut. Nun soll er für die Brandbekämpfung ausgerüstet werden. (Foto: Avilus)

Und so kann ein Zusammenspiel dann aussehen: Ein Hochschulabsolvent und Startup-Gründer baut mit seiner Firma einen Hubschrauber zum Spezialhelikopter um, Studenten entwickeln einen dazu passenden Wassertank, und ein weiteres Unternehmen stellt diesen Spezialbehälter her.

Bald schon sollen die Praxistests folgen. Der Hubschrauber soll in den kommenden Wochen in Erding getestet werden. Laut Professor Knoll habe das Aider-System auch finanzielle Vorteile. Ein bemannter Hubschrauber, der üblicherweise zur Brandbekämpfung eingesetzt werde, koste um die sechs Millionen Euro, das unbemannte Gerät, das in Oberpfaffenhofen gerade entwickelt wird, etwa 300 000 Euro pro Stück.

Der Firmengründer ist erst 29 Jahre alt

Der junge Firmenmitgründer ist in dem Fall der erst 29-jährige Felix Bos. Ideen, Wissen und ein paar Kontakte hat er aus dem Studium mitgenommen. Seine Firma Avilus mit Sitz in Ismaning hat nach eigenen Angaben mittlerweile 70 Mitarbeiter, stellt diverse Fluggeräte, auch Drohnen, her und arbeitet vor allem fürs Militär.

Nun soll ein weiteres Aufgabengebiet hinzukommen. Einen Spezialhelikopter, den die Avilus-Mitarbeiter „Wespe“ nennen, wollen sie für die Brandbekämpfung ausrüsten. Den Wassertank aus Aluminium haben Studenten von Professor Thorsten Strohmaier konzipiert und geplant, zum Teil durften sie dafür bei der Firma Airbus in Donauwörth arbeiten. Gebaut hat den Tank dann die Augsburger Firma Asab von Anatolij Menzer.

Mit an Bord bei dem Projekt ist auch der 27-jährige Michael Bachfischer, Doktorand an der Technischen Hochschule in München. Das ist wohl gemeint mit einem Slogan, der hier immer wieder auftaucht: „Vom Hörsaal direkt ans Flugzeug.“ Oder wie Bachfischer sagt, eine „gelungene Abwechslung von Projektarbeit und Lehre.“

Bei seinem Besuch im Aerospace Flight Test Center beim Forschungsflughafen Oberpfaffenhofen probiert  Wirtschaftsstaatssekretär Tobias Gotthard  (Freie Wähler) einen Flugsimulator aus.
Bei seinem Besuch im Aerospace Flight Test Center beim Forschungsflughafen Oberpfaffenhofen probiert  Wirtschaftsstaatssekretär Tobias Gotthard  (Freie Wähler) einen Flugsimulator aus. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Weitere Beispiele, die beim Rundgang mit dem Staatssekretär zu sehen sind: ein Flugsimulator, den der FW-Politiker ausgiebig testet, und das Projekt „Eilt“, wieder so ein Uni-Akronym. Das ist eine Technologie, um Luftströmungen zu berechnen und darzustellen. Das kann etwa für den Piloten eines Rettungshubschraubers hilfreich sein, wenn er auf einem Dach eines Krankenhauses oder auf der Plattform eines Bohrturms landen will. In dem Fall ist unter anderem die Firma Reiser beteiligt, die in der Gemeinde Berg am Starnberger See ihren Sitz hat und in Mörlbach Flugsimulatoren baut.

Auch hier gibt es einen direkten Bezug zwischen Wissenschaft, Lehre und Praxis. „Ein entscheidender Vorteil an diesem Standort ist der Link zur Wirtschaft“, sagt Professor Knoll über das Testzentrum in Oberpfaffenhofen. „Das ist eine Win-Win-Situation. Wir suchen Stellen für unsere Studierenden, die Firmen suchen Mitarbeiter. Das ist ganz wesentlich, dass man auch mal aus der Hochschule herauskommt, dass man auch mal zur Industrie kommt.“

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