Lorenz A.: Hunderte Menschen protestieren in Oldenburg gegen Polizeigewalt | ABC-Z

Knapp zwei Monate nach dem Tod des 21-jährigen Lorenz A. haben in Oldenburg Hunderte Menschen gegen mutmaßliche rassistische Polizeigewalt demonstriert. Nach einem Bericht des NDR unter Berufung auf Polizeiangaben nahmen 500 Menschen an der Kundgebung teil. Sie skandierten demnach Parolen wie “Lorenz, das war Mord! Widerstand an jedem Ort” oder “Widerstand überall – Lorenz war kein Einzelfall”. Auch in Hamburg, Berlin und Kiel waren Demonstrationen und Mahnwachen geplant.
Initiator der Demonstrationen war ein Aktionsbündnis, zu dem mehrere Interessenvertretungen für schwarze Menschen gehören. Die Organisatoren sehen im Fall von Lorenz A. einen möglicherweise rassistischen Hintergrund seitens der Polizei. “Immer wieder bleiben solche Einsätze ohne strafrechtliche Konsequenzen, Ermittlungen verlaufen im Sande, strukturelle Fragen bleiben unbeantwortet”, zitierte der NDR die Initiative. Die genauen Hintergründe der Tat sind weiterhin unklar.
Vermessung soll Positionen des Getöteten und des Schützen bestimmen
Zuletzt veranlasste die Staatsanwaltschaft Mitte Juni eine 3-D-Rekonstruktion der Stelle, an der Lorenz A. starb. Kriminaltechniker maßen den Einsatzort in der Oldenburger Innenstadt dafür mit einem 3-D-Laserscanner sowie mit Drohnen zur Vermessung aus der Luft. Die Verwendung dieser Technik ermögliche es der Polizei, einen Unfall- oder Tatort millimetergenau auszumessen und eine maßstabsgetreue dreidimensionale Rekonstruktion zu erstellen, teilte die Polizeidirektion Oldenburg mit. Das digitale Modell solle dazu dienen, die exakte Position der Polizeibeamten und des getöteten 21-Jährigen zur Zeit der Schussabgabe zu bestimmen. Das Ergebnis steht noch aus, wie der NDR berichtete.
Der Tod von Lorenz A. hatte bundesweit für Aufsehen und Demonstrationen gesorgt. Bisherigen Erkenntnissen der Ermittler zufolge war Lorenz A. am 20. April in der Nacht zu Ostersonntag in Oldenburg durch mehrere Schüsse eines 27-jährigen Polizisten getötet worden. Dem Obduktionsergebnis zufolge starb er durch drei Kugeln, die ihn von hinten trafen. Zuvor soll er nach Angaben der Staatsanwaltschaft und Polizei vor einer Diskothek Reizgas in Richtung von Security-Mitarbeitern gesprüht und Menschen, die einschritten, mit einem Messer bedroht haben.
Polizisten sollen Ermittlungen zufolge keinen Warnschuss abgegeben haben
Videoaufnahmen aus einer Überwachungskamera zeigen das Geschehen der Staatsanwaltschaft zufolge nur ungenau. Anfang Juni schlossen die Ermittler die Auswertung des Funkverkehrs sowie der Video- und Audioaufnahmen ab. Daraus geht hervor, dass die beiden Polizeibeamten im Einsatz kurz vor der Begegnung mit dem 21-Jährigen über dessen Messer informiert und darauf hingewiesen wurden, auf die eigene Sicherheit zu achten. Die aus unterschiedlichen Blickwinkeln gefilmten Szenen wurden zudem zu einem Video zusammengeführt. Mit Blick auf die Tat in der Oldenburger Fußgängerzone seien etwa 20 Sekunden relevant. Da das Geschehen aber nur schemenhaft zu erkennen sei, sei eine vollständige Rekonstruktion allein auf Grundlage der Videoaufzeichnungen nicht möglich, hieß es. Den bisherigen Erkenntnissen zufolge forderten die beiden Polizisten Lorenz unter Vorhalt der Schusswaffen lautstark dazu auf, anzuhalten. Sie sollen jedoch keinen Warnschuss abgegeben haben.
Gegen den Schützen ermittelt nun die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts auf Totschlag. Er wurde vom Dienst suspendiert. Zahlreiche Menschen protestierten nach der Tat auf der Straße und in den sozialen Medien. Sie kritisierten die Polizei und warfen ihr strukturellen Rassismus vor.
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