Liverpool mit Florian Wirtz empfängt Sunderland mit Granit Xhaka | ABC-Z

Vor einem Jahr kämpften sie noch gemeinsam mit Bayer Leverkusen, jetzt sind sie in der Premier League erbitterte Gegner: Florian Wirtz und Granit Xhaka treffen am Mittwochabend aufeinander.

Als Bayer Leverkusen im November 2024 RB Salzburg in der Champions League mit einer 5:0-Gala heimgeschickt hatte, war Granit Xhaka voll des Lobes über Florian Wirtz: “Ihn spielen zu sehen – das ist ein Genuss für jeden Fan und Mitspieler”, meinte der damalige Bayer-Taktgeber über seinen jungen Nebenspieler, der einen Doppelpack zum Sieg beigesteuert hatte.

Heute, gut ein Jahr später, haben der 33-Jährige Schweizer und der 22-Jährige Deutsche weitaus weniger Berührungspunkte, obwohl doch beide in die englische Premier League gewechselt sind. Xhaka spielt mittlerweile für den AFC Sunderland, Wirtz läuft im Trikot des FC Liverpool auf.

Liverpool rätselt, Sunderland ist obenauf

Am Mittwoch werden sich die Wege der beiden ehemaligen Bayer-Helden wieder kreuzen. Liverpool empfängt Aufsteiger Sunderland – es ist ein eminent wichtiges Match für beide. Liverpool hat bislang eine nahezu verkorkste Liga-Saison hingelegt, liegt mit aktuell 21 Zählern lediglich auf Platz acht. Ganz anders die Gemütslage bei Aufsteiger Sunderland: Mit 22 Punkten sind die “Black Cats” derzeit Sechster – das hätte dem Aufsteiger aus dem Nordosten Englands vor der Saison nun wirklich keiner zugetraut.

Schlüsselspieler des AFC – man hatte es im Vorfeld bereits erahnt – ist Granit Xhaka. Der Schweizer Nationalspieler, der zwischen 2016 und 2023 schon einmal sieben Jahre lang auf der Insel gespielt hat, machte in Sunderland dort weiter, womit er in Leverkusen aufgehört hat: als Leader.

AFC überrascht die Fußballwelt

Erst über die Playoffs konnte sich Sunderland den Aufstieg sichern und galt vor der Saison eigentlich als Abstiegskandidat. Doch mit seinen starken Transfers, mit deren Hilfe der Aufsteiger direkt in die Spitzengruppe der Liga gesprungen ist, überrascht Sunderland derzeit die Fussballwelt. Der Schweizer Nati-Kapitän, der für 15 Millionen Euro kam, ist der grosse Anführer. Nach kurzer Zeit wusste Trainer Regis Le Bris, dass die Kapitänsbinde an den Schweizer gehen muss. “Er ist wie ein zweiter Coach auf dem Platz”, ist der Franzose begeistert.

Typen wie Xhaka gibt es nicht viele. Er ist ein klassischer Sechser, Zentrumsspieler und bringt Komponenten auf den Platz, mit denen man Titel gewinnen kann: Spielintelligenz, Führungsstärke, Technik, Torgefahr und vor allem: Resilienz. Er hält was aus, lässt sich nicht unterkriegen. In England wird er als “wertvollster Sommertransfer der gesamten Liga” gefeiert.

Wirtz sucht nach seiner Rolle

Ein bisschen anders sieht die Zwischenbilanz für Florian Wirtz aus. Suchte er zu Saisonbeginn im Liverpooler Starensemble noch mehr oder weniger verzweifelt nach seiner Position und Rolle, ist er zwischenzeitlich im Sog der gesamten Mannschaftskrise mit in den Abgrund gerutscht.

In der Liga kassierte das Team von Wirtz bereits sechs Niederlagen in dieser Spielzeit. Auch in der Champions League musste sich Liverpool zweimal geschlagen geben: gegen Galatasaray (0:1) und zuletzt gegen PSV Eindhoven (1:4). Aufatmen konnten Wirtz und Co. erst am vergangenen Wochenende. Da gelang ein beinahe lebenswichtiger 2:0-Sieg bei West Ham – bei einer weiteren Niederlage hätte man sich vermutlich ernsthaft mit einem schnellen Trainerwechsel beschäftigen müssen.

“Wollen alle nur für sich spielen”

Doch Coach Arne Slot, der mit Liverpool im letzten Jahr erstaunlich nahtlos den Übergang von Jürgen Klopp gemeistert hatte und den englischen Titel einfuhr, wird von vielen Experten gar nicht die Hauptschuld an Liverpools Misere zugeschrieben. Ein Großteil der Stars – wie Mo Salah als Paradebeispiel – kann derzeit nicht annähernd an frühere Leistungen anknüpfen.

Bayerns Ehrenpräsident Uli Hoeneß – vermutlich immer noch sauer, weil Wirtz nicht zu den Bayern kam – sieht gar ein Grundproblem in der Team-Zusammenstellung der “Reds”. “Armer Florian Wirtz, er bekommt den Ball einfach nicht, weil Salah und Szoboszlai und all die anderen nur für sich spielen wollen”, meinte der Ehrenpräsident des FC Bayern am Wochenende bei einer Veranstaltung in der Münchener Olympiahalle. Hoeneß weiter ätzend: “Sie brauchen bald fünf Bälle, um zu spielen, weil die Stars ihn alle für sich haben wollen.”

Sieg bei West Ham gibt Auftrieb

Mit dem jüngsten Erfolgserlebnis kann Liverpool nun zumindest ein kleines bisschen zuversichtlicher ins Duell mit dem frechen Aufsteiger gehen. Interessant: Bei West Ham ließ Trainer Slot erstmals seit Frühjahr 2024 Salah zu Beginn des Spiels auf der Bank. Und der Ägypter wurde auch nicht eingewechselt. Was normalerweise einer Majestätsbeleidigung nahe kommt, könnte sich zu einem Schlüssel-Fingerzeig entwickeln.

Slot geht ins Risiko

Slot ist mit Salah ins Risiko gegangen. Noch mehr wagte er in Sachen Florian Wirtz. Obwohl dieser nach auskurierter Muskelverletzung rund zwei Wochen ausgefallen war und nur einmal trainiert hatte, durfte er beginnen, sogar auf der geliebten Zehn. Und er nahm ihn erst nach 75 Minuten runter. “In gewisser Weise war das ein Risiko”, räumte er ein, “aber manche Situationen erfordern eine Ausnahme, und ich denke, heute war eine davon”, meinte Slot später.

Wirtz dankte es ihm, war in Liverpools Offensivspiel erstmals so etwas wie Dreh- und Angelpunkt. Gelingt ihm so eine Vorstellung auch gegen Sunderland, könnte Yhaka vielleicht wieder mal ins Schwärmen geraten. Auch, wenn es ihm dann diesmal sicher etwas schwerer fiele.