Linke im Bundestag: Heidi Reichinnek scheitert bei Wahl zum Geheimdienst-Kontrollgremium | ABC-Z

Die Fraktionsvorsitzende der Linken, Heidi Reichinnek, ist nicht in das Parlamentarische Kontrollgremium (PKGr) für die Geheimdienste gewählt worden. Die Union hatte zuvor die Nominierung Reichinneks als provokant kritisiert und ihren Abgeordneten keine Empfehlung zur Wahl der Politikerin gegeben. Abgeordnete sind in ihrer Entscheidung zwar frei, folgen in der Regel aber den Empfehlungen der Fraktion. Reichinnek erhielt laut Bundestagsvizepräsidentin Andrea Lindholz (CSU) 260 der nötigen 316 Ja-Stimmen. Gegen sie stimmten 258 Abgeordnete, 27 enthielten sich und 42 Stimmen waren demnach ungültig.
Reichinnek war von ihrer Fraktion für das PKGr nominiert
worden. Erstmals wäre damit eine Fraktionsvorsitzende Mitglied des Gremiums geworden.
Normalerweise ist das nicht üblich, da Sitzungen des PKGr unter Geheimhaltung
stattfinden und seine Mitglieder währenddessen nicht erreichbar sind. Zudem
stehen Fraktionsvorsitzende stärker als andere Abgeordnete im medialen Fokus.
CSU spricht Reichinnek Eignung ab
Unter anderem darauf hatte sich CSU-Landesgruppenchef
Alexander Hoffmann bezogen, als er die Nominierung Reichinneks als
“parteipolitische Provokation” bezeichnete. Die Unionsfraktion werde ihren
Mitgliedern daher nicht empfehlen, Reichinnek in das Gremium zu wählen.
Hoffmann warf Reichinnek und ihrer Partei zudem eine radikale Gesinnung vor. Auch
weitere Unionsvertreter kritisierten die Kandidatur, wobei Hoffmann sagte, er
halte grundsätzlich kein Mitglied der Linksfraktion für geeignet.
Die Linke forderte daraufhin, Reichinnek in das PKGr zu
wählen – und machte indirekt eine weitere Zusammenarbeit mit der
Unionsfraktion von dem Ergebnis der Abstimmung abhängig. So verwies die
Fraktionschefin auf die Wahl von Verfassungsrichtern und die Reform der
Schuldenbremse. Damit zählte sie Projekte auf, die eine Zweidrittelmehrheit erfordern. Die schwarz-rote Koalition sei dabei daher “auf uns angewiesen”, sagte Reichinnek.
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Heidi Reichinnek, was ist heute links?
Eine Alternative wäre eine Zusammenarbeit mit der AfD, was Schwarz-Rot aber ausgeschlossen hatte. Auch Linken-Parteichef Jan van Aken sagte für den Fall, dass die Union ihre Stimmen Reichinnek verweigert: “Dann würde ich mal laut darüber nachdenken, wie die CDU sich eigentlich
vorstellt, in den kommenden vier Jahren hier Beschlüsse mit einer
Zweidrittelmehrheit im Parlament zu fassen.”
Das parlamentarische Kontrollgremium ist für die Kontrolle
der Nachrichtendienste zuständig. Es überwacht den Bundesnachrichtendienst, den
Militärischen Abschirmdienst und das Bundesamt für Verfassungsschutz. Es muss
von der Bundesregierung laut Gesetz über die Tätigkeiten der Nachrichtendienste
unterrichtet werden, kann Vertreter der Geheimdienste befragen und von ihnen
Einsicht in Akten verlangen.
Nur noch ein Oppositionsabgeordneter im Kontrollgremium
Neben Reichinnek verfehlten auch die AfD-Kandidaten Martin Hess und Gerold Otten die nötige Mehrheit. Sie erhielten jeweils 121 beziehungsweise 127 Stimmen. Neben drei Abgeordneten der Union und zwei Sozialdemokraten gehört dem PKGr künftig mit dem Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz nur noch ein Abgeordneter einer Oppositionspartei an.
In der vergangenen Wahlperiode hatte die Linke mit André Hahn einen Abgeordneten in dem Gremium gestellt, der es allerdings verlassen musste, als die Partei durch die Abspaltung des Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) den Fraktionsstatus verlor. Die AfD war nur in ihrer ersten Wahlperiode im Bundestag (2017 bis 2021) in dem Gremium vertreten.
Mit sechs Abgeordneten hat sich das Gremium zudem weiter verkleinert: Zuletzt hatte es neun, zuvor 13 Mitglieder. Das könnte sich auch auf dessen Arbeit auswirken: Die erforderliche Mehrheit für Beschlüsse des PKGr orientiert sich nicht an seiner tatsächlichen, sondern theoretischen Größe. Anders als in Ausschüssen gibt es keine stellvertretenden Mitglieder.