Wirtschaft

Lilium: Neustart mit alten Mitarbeitern – Investoren wollen Betrieb bald wieder aufnehmen | ABC-Z

Der insolvente Flugtaxi-Hersteller Lilium ist gerettet. Eine Investorengruppe aus Europa und Nordamerika hat das deutsche Start-up gekauft, 1000 gekündigte Mitarbeiter sollen wieder eingestellt werden. Neuer Geschäftsführer ist ein in der Luftfahrtbranche bislang unbekannter Unternehmer.

Der insolvente Flugtaxi-Entwickler Lilium hat im letzten Moment doch noch einen Investor gefunden, der einen Neustart und dann Weiterbetrieb ermöglichen soll. Ein Konsortium mit Investoren aus Europa und Nordamerika beabsichtigen, die Kernaktivitäten zu kaufen. Dazu wurde am 24. Dezember ein Kaufvertrag über das Betriebsvermögen unterzeichnet, gab Lilium bekannt.

Am vergangenen Freitag hatten die beiden deutschen Tochterfirmen zwar ihren rund 1000 Beschäftigten gekündigt und den Geschäftsbetrieb eingestellt. Nach dem Abschluss der Verträge mit der neuen Investorengruppe, die für Anfang Januar erwartet wird, sei wieder die Neueinstellung dieser Beschäftigten geplant, sagte ein Lilium-Sprecher auf Anfrage. Damit könnte ein Neustart erfolgen. Wie der Sanierungsexperte Prof. Dr. Gerrit Hölzle von der in die Lilium-Insolvenz eingebundenen Kanzlei Görg mitteilt, sollen bei der übertragenden Sanierung von den bisher rund 1000 Arbeitsplätzen etwa 775 erhalten bleiben. Ende vergangener Woche habe es nicht mehr nach einer Rettung ausgesehen, schreibt Hölzle bei LinkedIn.

Zunächst wurde nicht bekannt, wer die Investoren hinter der Aufkäufergesellschaft MUC Mobile Uplift Corporation GmbH sind. Im Handelsregister findet sich nach Welt-Recherche eine neue MUC Mobile Uplift Corporation in München mit 25.000 Euro Stammkapital, die Ende November aus einer Vorratsgesellschaft entstand. Geschäftsführer ist der zumindest in der Luftfahrtbranche nicht bekannte Unternehmer und Investor Philipp Alexander Schoeller.

Er ist offensichtlich Mitinhaber der Investmentgesellschaft General Capital Group (GCG). Er startete seine Karriere mit dem Aufkauf, der Sanierung und dem Verkauf von angeschlagenen Unternehmen. Er hat zudem einen Erziehungsratgeber („Coaching Kids“) geschrieben. Vor rund 20 Jahren macht er mit seiner Idee Schlagzeilen, für rund 15 Milliarden Euro Continental zu kaufen und von der Börse zu nehmen. Schoeller wird als ideenreicher und dynamischer Unternehmer beschrieben. Bei Lilium stehe ein Investorenkonsortium mit langfristigen Interessen im Hintergrund, heißt es.

Branchenkenner davon aus, dass für das Betriebsvermögen des Entwicklers eines senkrecht startenden und landenden Elektroflugzeugs ein dreistelliger Millionenbetrag gezahlt werden muss. Hinzu kommt dann die Finanzierung des laufenden Betriebs.

Nach der letzten Planung vor der Insolvenzanmeldung Ende Oktober wollte Lilium im ersten Quartal 2025 den ersten bemannten Testflug seines Serienmodells am Hauptstandort in Wessling vor den Toren Münchens vorführen. Bei einem Erfolg dieses Meilensteins dürften womöglich neue Gelder fließen.

Das Schicksal von Lilium entwickelte sich zuletzt zum Wirtschaftskrimi. Unmittelbar vor Heiligabend konnte Lilium-Chef Klaus Roewe den bereits gekündigten Beschäftigten nunmehr eine erlösende Nachricht verkünden. „Wir freuen uns sehr, die Unterzeichnung einer Investorenvereinbarung mit einem sehr erfahrenen Investorenkonsortium bekannt zu geben, was einen großen Durchbruch darstellt“, erklärte der Lilium-Chef. Mit dem Abschluss der Transaktion werde das Geschäft wieder aufgenommen.

Das Unternehmen hatte zwar von Beginn der Börsennotierung 2021 in Finanzdokumenten darauf hingewiesen, dass es das Totalverlustrisiko gibt, aber öffentlich verbreitete Lilium Optimismus. Dennoch häuften sich die Verzögerungen im Zeitplan. Beim Börsengang wurde der kommerzielle Betrieb im Jahr 2024 prognostiziert. Dann hieß es 2025, später 2026 – zuletzt nannte Lilium kein Datum mehr. Die Investoren, die bereits rund 1,5 Milliarden Euro in den Elektroflugzeugpionier gesteckt hatten, die in den Aufbau flossen, wurden unruhig. Es gab zwar unbemannte Flugtests mit Vorläufermodellen, aber der bemannte Erstflug des Serienmodells verschob sich. Die Investoren riefen nach dem Staat um Hilfe und begründeten dies mit der Forderung nach gleiche Wettbewerbsbedingungen wie im Ausland.

Nach der abgelehnten Bürgschaft folgte die Insolvenz

Die Investoren waren nicht länger bereit, ohne eine 100-Millionen-Euro-Bürgschaft gemeinsam vom Bund und dem Land Bayern weiteres Geld in Lilium zu stecken. Im Halbjahresbericht wurde erstmals konkret über die Insolvenzgefahr berichtet. Nachdem die Grünen die Bürgschaft für den Elektroflieger im Haushaltsausschuss des Bundes ablehnten, folgte Ende Oktober der Insolvenzantrag der wichtigsten deutschen Lilium-Gesellschaften. Das Insolvenzgericht genehmigte eine Insolvenz in Eigenverwaltung, weil es die Hoffnung gab, einen Investor zu finden.

Gerhard Hegmann schreibt für WELT über Rüstung, Luft– und Raumfahrt und Militär.

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