Lila ist die Trendfarbe des Herbstes. Warum nur? – Kultur | ABC-Z

Der Herbst geht mit gedämpfter Stimmung und gedeckten Farben einher. Der „Herbst der Reformen“, den Friedrich Merz proklamiert, macht keine Ausnahme. Pessimisten sehen schwarz, weshalb es nun der Bunten als Fachblatt fürs Optimistische obliegt, zum anstehenden Oktoberfest in München eine alternative Reformlust anzufachen: Lila sei die „Überraschungsfarbe des Jahres“.
Sagt auch die Vogue. „Von Marken wie Valentino, Gucci und Miu Miu bis zu Stars wie Pamela Anderson und Meryl Streep: Sie alle prophezeien Lila als die Trendfarbe im Herbst.“ Das ist die gute Nachricht: Nach anstrengenden Dirndl-Jahren voller Pastell-Grün, Pastell-Rosa und Pastell-Gelb soll es in diesem Herbst wieder krachen. Die Band Deep Purple, gegründet 1968, ist modisch daher völlig auf der Höhe. Der Bandname bedeutet „dunkelviolett“.
:Guck mal, da kommt eine Lederhose
Wie stark sich München in den vergangenen 20 Jahren verändert hat, erkennt man vielleicht nur aus der Ferne. Eine Betrachtung über das Trachten nach der Tracht.
Violett wird alltagssprachlich meist mit Lila gleichgesetzt. Eigentlich spricht man aber von Lila erst bei einer Dominanz der Blautöne. Sofern die Farbe mehr ins Rötliche spielt, ist es Violett. Jedenfalls geht es um eine kraftvolle Farbmischung. Die nicht so gute Nachricht kommt von Farbe und Lack. Das Fachmagazin der deutschen Lackindustrie hat vor einigen Jahren die „Lieblingsfarben der Deutschen“ bestimmt. Lila kam auf den letzten Platz. Die Farbfirma Pantone meinte gar, dass 99 Prozent der Deutschen Violett nicht mögen. Eine wissenschaftliche Gewissheit ist das aber nicht.
Verlässlich vorne in den Umfragen zu Farbvorlieben liegen Blau und Rot. Interessant. Lila ist das Kind von Rot und Blau. Es ist eine Mischfarbe, die je nach Farbton auch als Purpur, Magenta oder Mauve beschrieben wird – und in der Natur nicht gerade häufig vorkommt. Abgesehen von blühenden Jacaranda-Bäumen in Australien oder von der Malve (französisch: Mauve). Das Exotische ist ein Aspekt in der Geschichte dieser Farbe.
Für anderthalb Gramm Violett brauchte man Tausende Purpurschnecken
Lange Zeit war es kaum möglich, Stoffe violett einzufärben. In der Antike wurde die Farbe aus Purpurschnecken gewonnen. Für anderthalb Gramm Tinktur benötigte man Tausende Weichtiere. Die extrem teure Farbe wurde zu einer Chiffre von Macht, Reichtum und Exklusivität. Die byzantinischen und römischen Kaiser trugen lilafarbene Gewänder. Im Mittelalter war es die Farbe der Bischöfe. Unter dem Pontifikat von Pius XI. wurde Violett per Dekret verordnet.
Violett wurde erst massenkompatibel, als sich ein junger britischer Chemiker namens William Henry Perkin zur Mitte des 19. Jahrhunderts auf die Suche nach künstlichem Chinin begab. Das synthetische Nebenprodukt seiner Experimente war von tiefvioletter Farbe. Deep Purple sozusagen. Nun gab es auch in der Kunstgeschichte kein Halten mehr: Paul Signac, einer der Begründer des Pointillismus, verwendete Lila genauso gern wie Claude Monet. Henri Matisse malte die „Frau im lila Mantel“.
Violett steht in der Farbpsychologie für das Geheimnisvolle und Mystische, für Spiritualität, Transzendenz, aber auch für seltenen Luxus. Kein Wunder, dass nur wenige Menschen dieser Farbe zusprechen. Zumal im Herbst der Reformen. Das gilt nicht für byzantinische Kaiser, kirchliche Würdenträger, Pamela Anderson, Wiesn-Besucher, Volt-Wähler und Milka-Schokolade-Fans.