Liechtenstein: Eine Frau und Quereinsteigerin regiert das Fürstentum – Politik | ABC-Z

Selbst im Moment seiner krachenden Niederlage konnte und wollte Ernst Walch nicht verbergen, dass er von sich eine hohe Meinung hat. „Ich gebe zu, dass ich in meinem Leben erfolgsbetont war, dieses Mal ist es kein Erfolg“, sagte der frühere Außenminister Liechtensteins, nachdem klar war, dass er nicht neuer Regierungschef des Fürstentums werden würde. Sondern erstmals in der Geschichte des kleinen, erzkonservativen Landes eine Frau.
Brigitte Haas, 60, Spitzenkandidatin der Vaterländischen Union (VU) wird das Fürstentum künftig regieren, nicht der 68-jährige Trump-Fan und EU-Skeptiker Walch. Bei den Parlamentswahlen am Sonntag gelang ihrer Partei ein leichter Zuwachs auf 38,8 Prozent. Damit ist sie die klare Nummer eins in dem nur 40 000 Einwohner zählenden Fürstentum.
Die rot-grüne Opposition spielt keine Rolle mehr
Die VU stellt bereits jetzt mit Daniel Risch, 46, den Regierungschef, der aber nicht mehr zur Wahl antrat. Er hatte das latent eigenbrötlerische Liechtenstein internationaler ausgerichtet und speziell zu den Regierungen in Berlin und Wien enge Kontakte gepflegt. Es wird erwartet, dass Haas diesen Kurs fortsetzt. Die Juristin und amtierende Geschäftsführerin der Liechtensteiner Industrie- und Handelskammer ist eine politische Quereinsteigerin, die ihren Wahlkampf betont sachpolitisch und weit weniger ich-bezogen gestaltete als Konkurrent Walch.
Dessen ähnlich wie die VU konservativ ausgerichtete Fortschrittliche Bürgerpartei (FBP) fuhr hingegen von Beobachtern vor Ort als historisch eingestufte Verluste ein: 8,4 Prozent büßte sie ein und sackte auf 27,5 Prozent ab. Eine Ursache sei Walchs Unbeliebtheit in der Bevölkerung, hieß es in Vaduz. Eine andere die falsche Strategie, die vor allem Parteichef Alexander Batliner angelastet wird. Er ist der Sohn des im Zuge der deutschen Parteispendenaffäre um Helmut Kohl und die CDU bekannt gewordenen Vaduzer Treuhänders Herbert Batliner.
Insgesamt rutschte Liechtenstein nach rechts. Große Siegerin sind die rechtspopulistischen Demokraten pro Liechtenstein (DpL). Sie verzeichneten mit 12,2 Prozent das größte Plus und stellen angesichts ihrer 23,3 Prozent künftig sechs statt zwei Abgeordnete in dem 25 Mitglieder umfassenden Parlament. Damit dominieren drei rechtskonservative Parteien die Liechtensteiner Politik in den kommenden vier Jahren.
Zusammen stellen VU, FBP und DpL 23 von 25 Abgeordneten. Die rot-grün ausgerichtete Oppositionspartei Freie Liste spielt keine Rolle mehr. Sie verlor einen Sitz und entsendet künftig zwei Volksvertreter. Im Verlauf der Stimmenauszählung sah es zeitweise sogar so aus, als würde sie den Wiedereinzug in den Landtag verpassen.
Der Fürst bestimmt, aber das Volk darf mitbestimmen
Liechtenstein ist eine Erbmonarchie und die Verfassung des Landes garantiert der gleichnamigen Fürstenfamilie weitreichende Zugriffsrechte in das demokratische System. Der 79-jährige Landesfürst Hans-Adam II. und sein als Staatsoberhaupt amtierender Sohn, Erbprinz Alois, 56, können nach eigenem Gutdünken Regierungen entlassen, mit Notrecht regieren und in rechtsstaatliche Prozesse eingreifen. Das Fürstenhaus und seine Unternehmen, allen voran seine auf Anlagegeschäfte spezialisierte Bank LGT, zahlen keine Steuern an das Land.
Das fällt allerdings nicht groß ins Gewicht, denn das nur 160 Quadratkilometer kleine Liechtenstein ist auch ohne diese Einnahmen eines der reichsten Länder der Welt. Den Wohlstand mehren Tausende Pendler, die täglich aus den Nachbarländern Schweiz, Österreich und Deutschland ins Land kommen. Sie arbeiten am Finanzplatz oder in Industriebetrieben wie dem Baumaschinenriesen Hilti, dem Autozulieferer Thyssenkrupp Steering oder Oerlikon Balzers (Oberflächentechnik) und Ivoclar Vivadent (Zahnersatz und Medizintechnik).
Der Fürst bestimmt also in Liechtenstein, aber das Volk darf zumindest mitbestimmen. Seit Jahrzehnten bilden die beiden Großparteien VU und die FBP die Regierung und stellen abwechselnd den Regierungschef. Obwohl nach den Parlamentswahlen vom Sonntag rechnerisch auch eine Koalition aus FBP und DpL möglich wäre, gilt diese Variante als unwahrscheinlich. Die VU hat der FBP bereits ein Koalitionsangebot gemacht, um das bestehende Bündnis fortzusetzen.
Gut möglich, dass das Fürstentum am Ende sogar zwei Frauen an der Regierungsspitze hat. Denn als einziges Mitglied in der amtierenden Regierung will Innen- und Medienministerin Sabine Monauni ihre Arbeit fortsetzen. Sie gilt im Fürstentum als äußerst beliebt und wird als mögliche FBP-Kandidatin für das Amt der Vize-Regierungschefin gehandelt. Vorausgesetzt, ihre Partei spielt mit. In der machte sich Monauni im zurückliegenden Wahlkampf nicht nur Freunde, als sie ihren Parteifreund Ernst Walch öffentlich in die Schranken wies. Dieser hatte die wenigen Medien des Landes als einseitig und gegen ihn gerichtet kritisiert.