Politik

Liberale-Chef auf Parteitag: Lindner hält Merz für einen Fall für „betreutes Regieren“ | ABC-Z

Die FDP kämpft im Bundestagswahlkampf für eine Wirtschaftswende – aber auch um das eigene Überleben. Auf dem außerordentlichen Parteitag vor der Wahl feiern die Delegierten Lindner für Breitseiten gegen Grüne und auch Spitzen gegen Merz.

Auf dem außerordentlichen Parteitag der FDP hat Parteichef Christian Lindner für eine Wirtschaftswende geworben und eindringlich vor einer schwarz-grünen Koalition gewarnt. „Die entscheidende Frage des Wahlkampfes ist nicht die Kanzlerschaft“, rief er den Delegierten in der Potsdamer Metropolishalle zu. Es gehe nicht mehr um Friedrich Merz oder Olaf Scholz. „Die entscheidende Frage des Wahlkampfes ist Wachstum oder Stagnation, Freiheit oder Staat, Lindner oder Habeck im Kabinett“, rief Lindner 14 Tage vor der Bundestagswahl am 23. Februar unter dem Jubel der Delegierten.

Der FDP-Chef spekuliert auf eine Deutschlandkoalition, also ein Bündnis aus Union, SPD und FDP. In Potsdam attackierte er die Grünen. CDU-Chef Merz werde mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Bundeskanzler, sagte Lindner. Der Unions-Kanzlerkandidat sei aber bereit einen Politikwechsel dafür zu opfern – Merz sei bereit, mit den Grünen zu koalieren. In den meisten Umfragen stehen die Freien Demokraten bei vier Prozent. Es ist also alles möglich zwischen dem Bundestags-Aus und einer erneuten Regierungsbeteiligung.

Die FDP werde nicht mit den Grünen zusammengehen, bekräftigte Lindner, und schloss ausdrücklich eine Jamaika-Koalition aus. „Sobald die FDP dem Deutschen Bundestag angehört, ist eine schwarz-grüne Koalition schon rechnerisch ausgeschlossen“, sagte Lindner. Das allein sei schon ein Grund, FDP zu wählen. Dafür müssten allerdings zumindest auch Linke oder BSW den Einzug in den Bundestag schaffen. Richtig ist auch, dass Merz eine Koalition mit den Grünen nicht ausschließt, CSU-Chef Markus Söder aber schon. Meistens jedenfalls.

Kritik an Merz, Attacke gegen Grüne

Der Kanzlerkandidat der CDU bekam auch eine Breitseite ab. „Welche Berater hat Friedrich Merz?“, fragte Lindner. Merz werde auch im Fall einer Kanzlerschaft „ein Fall für betreutes Regieren bleiben“. Damit spielte er Merz‘ Vorgehen nach dem tödlichen Messerangriff von Aschaffenburg und das gemeinsame Abstimmen mit der AfD an.

„Was hat er am Ende erreicht?“, fragte der FDP-Chef. Das Thema Wirtschaftswende stehe nicht mehr ganz oben auf der Agenda. Rot-Grün könne nun einen Wahlkampf über die Brandmauer gegen die AfD führen. Sie könnten nun ablenken von den eigenen Fehlern in der Wirtschaftspolitik. Das Land sei gespalten, auch die eigene Fraktion, obwohl die Migrationsfragen erst von der nächsten Regierung entschieden würden.

Aber auch hier stellte er sich vor allem gegen die Grünen. „Für mich ist nicht der Skandal, wenn eine demokratische Fraktion einen Antrag einbringt, der dann auch die Stimmen der AfD bekommt“, sagte er. „Für mich ist der Skandal, wenn ein Migrationspakt der Mitte nicht zustande kommt, weil Grüne und SPD sich ihm verweigern.“ FDP-Fraktionschef Christian Dürr hatte bis zuletzt versucht, eine Einigung der Fraktionen von Union, SPD, Grünen und FDP herbeizuführen. Nach Darstellung Lindners scheiterte das vor allem an den Grünen.

Auch die FDP-Fraktion hatte mehrheitlich gemeinsam mit der AfD für den Antrag und den Gesetzentwurf der Union gestimmt. Die Rechtspopulisten griff er aber ebenso an. „Die AfD ist eine antiliberale und wirtschaftsfeindliche Partei“, rief er. Eine ihrer Lebenslügen sei es, zu glauben, Deutschland komme ohne Migration aus. Man mache die AfD aber nicht klein mit moralischen Appellen, Lichterketten oder indem man ihre Wähler beschimpfe. „Die AfD macht man klein, indem man die Probleme klein macht, die diese Partei einst groß gemacht haben“, sagte Lindner. Die politische Mitte sei von rechts und links unter Druck geraten. „Die Mitte darf nicht weichen“, rief Lindner.

Am Ende liegen sie ihm zu Füßen

Auf die AfD spielte auch ein Banner in der Parteitagshalle an: „Ändern wir jetzt die Politik, bevor es 2029 die Falschen tun“, war dort in dicken schwarzen Lettern auf gelbem Grund zu lesen. Dahinter steckt eines der Argumente der FDP: Wenn es jetzt keinen Politikwechsel gebe, könnte die AfD bei der nächsten Wahl so stark sein, dass sie regiert. Warnende Beispiele seien Österreich, die Niederlande, Frankreich und die USA.

Elon Musk, Tesla-Gründer und Berater von US-Präsident Donald Trump, erwähnte er übrigens nicht. Den hatte er zu Beginn des Wahlkampfes noch für seinen Mut zur Disruption gelobt. Auf X bot er ihm sogar ein Gespräch an. Doch Musk unterstützte stattdessen die AfD und traf sich zu einem Talk mit deren Chefin Alice Weidel. Von Trump distanzierte sich Lindner deutlich. So jemand dürfe in Deutschland nie gewählt werden, sagte er. Er warnte aber eindringlich davor, Menschen in der Mitte zu vernachlässigen, die sich von der Regierung übersehen fühlten.

Ganz bei sich war Lindner, als er über Wirtschaft redete. Weniger Steuern, Bürokratieabbau, ein klares Bekenntnis zu mehr Leistungsbereitschaft. Auch hier bekamen die Grünen in Person von Wirtschaftsminister Robert Habeck eine Breitseite nach der anderen: Dessen Subventionspolitik sei verfehlt, stattdessen brauche es bessere Rahmenbedingungen für alle. „Habeck ist die größte Wachstumsbremse in unserem Land. Bei Robert Habeck wächst nur der Frust und nicht die Wirtschaft“, sagte er. Lindner bekräftigte, die deutschen Klimaziele von 2045 auf 2050 zu verschieben. Der Klimawandel solle mit Technologieoffenheit bekämpft werden.

Er wetterte gegen „Homeoffice, Work-Life-Balance, Vier-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich und die Frage beim Einstellungsgespräch, wann das nächste Sabbatical ist“. Es gebe noch Leute, die Arbeit nicht als lästige Unterbrechung der Freizeit betrachteten.

Am Ende lagen die Delegierten Lindner gewissermaßen zu Füßen. Großen Jubel bekam er für eine Ansage in Richtung CSU-Chef Söder, der sich gegen Leihstimmen der Union für die FDP ausgesprochen hatte. „Wir stehen in den Umfragen auf der Kippe, wir wissen es“, sagte Lindner. Aber die „diese stolze traditionsreiche demokratische Partei, sie wirbt nicht um Leihstimmen, wir wollen Bekenntnisstimmen. Wer uns gut findet, möge uns wählen“, rief er in die Halle.

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