Geopolitik

Libanon: Hisbollah-Chef nennt Pager-Explosionen „Kriegserklärung“ | ABC-Z

Nach Toten und Verletzten durch explodierende Pager und Funkgeräte wendet sich Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah mit einer Ansprache an die Öffentlichkeit. Israel wirft er vor, „alle roten Linien überschritten“ zu haben. Das israelische Militär meldet unterdessen neue Schläge gegen Ziele im Libanon.

Der Anführer der islamistischen Hisbollah-Miliz, Hassan Nasrallah, wirft Israel nach den Explosionen von Kommunikationsgeräten im Libanon vor, „alle roten Linien überschritten“ zu haben. „Ohne irgendeine Rücksicht“ habe „der Feind“ am Dienstag und am Mittwoch jeweils binnen Minuten Tausende Menschen töten wollen, so der Chef der Terrororganisation bei einer Fernsehansprache. Es handle sich um ein „Massaker“, eine „Massenvernichtung“, „einen Angriff auf den Libanon“ – und „eine Kriegserklärung“.

„Wir sind einem gewaltigen Schlag ausgesetzt worden, aus Sicherheitsaspekten und menschlichen Aspekten.“ Das sei der Hisbollah „bislang noch nie passiert.“ Der Hisbollah sei bewusst, dass Israel technologisch überlegen sei – „insbesondere weil es von den USA und dem Westen unterstützt wird.“ Man arbeite noch daran, die technischen Hintergründe und das Ausmaß der Angriffe aufzuklären. „Die Bestrafung wird kommen“, sagte er weiter. Wann, wo und wie werde man sehen, wenn der Zeitpunkt gekommen sei. Eine konkrete Reaktion kündigte Nasrallah zunächst nicht an.

Der Kommandeur der Revolutionsgarden, Irans Elitestreitmacht, sprach Nasrallah und der Hisbollah seine Solidarität aus. Israels Aktionen würden schon bald mit einer „vernichtenden Antwort der Widerstandsfront“ beantwortet werden, sagte Hussein Salami laut einer Erklärung, die Irans staatliche Nachrichtenagentur Irna verbreitete.

Während Nasrallahs Rede kündigte die israelische Armee an, Hisbollah-Ziele im Libanon anzugreifen, um deren „terroristische Fähigkeiten und Infrastruktur“ zu zerstören. Über Jahrzehnte hinweg habe die Terrororganisation den Libanon zu einem „Kriegsgebiet“ gemacht. Der Einsatz sei Teil der Bemühungen, die Rückkehr von Israelis zu ermöglichen, die vor den seit Monaten andauernden Hisbollah-Angriffen auf den Norden Israels geflohen waren, erklärte die Armee weiter. Gleichzeitig flogen israelische Kampfflugzeuge im Tiefflug über die Hauptstadt Beirut und durchbrachen die Schallmauer. Bei neuen Angriffen der Hisbollah-Miliz im israelisch-libanesischen Grenzgebiet sind derweil zwei israelische Soldaten getötet worden, teilte das israelische Militär mit.

In der Regel versammelt die libanesische Miliz eine große Menschenmenge, die im Fernsehen übertragene Ansprachen Nasrallahs verfolgt. Davon sah die Hisbollah diesmal aber ab.

„Gott mag keine Unterdrücker“, sagt Nasrallah

Seine Rede hatte Nasrallah mit der Ankündigung begonnen, in Bezug auf die „aktuelle Situation“ drei Punkte behandeln zu wollen. „Der erste Punkt ist der menschliche Aspekt“, also die Toten und Verletzten. Es habe „Märtyrer“ gegeben, sowohl durch die Explosionen der Kommunikationsgeräte als auch „an der Front im Süden“, also an der Grenze zu Israel, wo es seit den Terroranschlägen der Hamas vom 7. Oktober immer wieder auch zu Kampfhandlungen kommt. Der zweite Punkt betreffe die Frage, „wie wir (mit den Explosionen) umgehen sollen. Der dritte Punkt ist der allgemeine Standpunkt, der politische Standpunkt (…) und der Stand des Dschihad.“ – „Gott mag keine Unterdrücker“, so Nasrallah weiter. „Wenn ihr Schmerzen erleidet, so denkt daran, dass auch sie Schmerzen erleiden.“

Die Zahl der Todesopfer bei den Explosionen zahlreicher von der Hisbollah-Miliz genutzter Handfunkgeräte war zuvor nach Angaben der libanesischen Regierung auf 25 gestiegen. 608 Menschen seien bei den Explosionen am Mittwoch verletzt worden, teilte Gesundheitsminister Firass Abiad auf einer Pressekonferenz mit. Erst am Dienstag waren bei der Explosion Tausender tragbarer Funkempfänger – sogenannter Pager – zwölf Menschen getötet worden. Fast 3000 Menschen wurden verletzt, darunter mehrere Hisbollah-Kämpfer und der iranische Gesandte im Libanon.

säd mit Reuters/AP/dpa

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