Bezirke

Landkreis Miesbach: Dürfen Mountainbiker bald nicht mehr in die Berge? – Bayern | ABC-Z

Beispiele, wie die Situation eskalieren kann, gibt es auf beiden Seiten. Etwa den rabiaten Radler, der den amtlichen Gebietsbetreuer im Mangfallgebirge angegriffen und umgeschubst habe und dann auf seinem Mountainbike geflohen sein soll. Oder auf der anderen Seite die Geschichte von dem Mountainbiker am Taubenstein, der von einem wütenden Waldbesitzer mit dem Traktor verfolgt und dann zu Boden gestoßen worden sein soll, unter Beifall aus dem nahen Biergarten.

Solche Konflikte zwischen Bikern einerseits und Wanderern, Naturschützern und Grundbesitzern andererseits, gibt es schon lange in den Bergen rund um Miesbach. In der Corona-Pandemie hat der Druck weiter zugenommen. Das Miesbacher Landratsamt bemüht sich seither in verschiedenen Runden um Entschärfung, Konsens und allseitige Rücksichtnahme. Doch jetzt hat die Behörde die organisierten Mountainbiker gegen sich aufgebracht. Sie befürchten, dass sie durch die anstehende Neuausweisung mehrerer Landschaftsschutzgebiete praktisch komplett aus den Bergen zwischen Isar und Wendelstein verbannt werden.

Diese Schutzgebiete überziehen die Gebirgsregion im Landkreis Miesbach seit den 1950er-Jahren praktisch flächendeckend. Das hat dazu geführt, dass das Landratsamt und der Kreistag für zahllose Bauvorhaben Flächen aus den Schutzgebieten schneiden mussten. Offenbar dabei sind dem Amt irgendwann die Landkarten verloren gegangen, die notwendiger Bestandteil der jeweiligen Schutzgebietsverordnungen sind. Schon 2019 hatte ein Richter der Behörde noch eher nebenbei erklärt, dass die Verordnungen deswegen mutmaßlich hinfällig sind. Spätestens mit einem Urteil zur umstrittenen Saurüsselalm hat es das Landratsamt schriftlich, dass sechs Schutzgebiete neu ausgewiesen werden müssen.

Die seither neu ausgearbeiteten Verordnungen sollen nach Angaben des Landratsamts bald öffentlich ausgelegt und dann vom Kreistag beschlossen werden. In dieser Situation haben der Deutsche Alpenverein (DAV) und die Deutsche Initiative Mountainbike (DIMB) nun ein Positionspapier öffentlich gemacht, mit dem sie in internen Verhandlungen nach eigenen Angaben seit Monaten kein Gehör gefunden haben.

Die beiden Organisation kritisieren, dass das Radfahren in den künftigen Schutzgebieten auf allen Wegen verboten werden solle, die schmäler sind als 2,5 Meter. Dies bedeute praktisch das Ende des Mountainbikens in den Miesbacher Bergen und werde nicht nur die oft unbeliebten Tagesausflügler treffen, sondern auch die Einwohner selbst und die Tourismus-Branche, die mit den Mountainbikern eine wichtige Zielgruppe verliere.

Das Gebiet an der Rotwand hat das Miesbacher Landratsamt schon vor vielen Jahren für Mountainbiker gesperrt.
Das Gebiet an der Rotwand hat das Miesbacher Landratsamt schon vor vielen Jahren für Mountainbiker gesperrt. (Foto: Ralph Peters/Imago)

Verbote dort, wo es zum Schutz der Natur nötig sei, halten DAV und DIMB dabei ausdrücklich für richtig. Dies betont der DAV-Referent für „Mountainbike und Umwelt“, Nicolas Gareis, ebenso wie Thomas Holz, der in der DIMB die „Interessengruppe Bayerische Voralpen“ vertritt. Niemand in beiden Verbänden wolle etwa durch Wildschutzgebiete oder über einen Balzplatz der seltenen Birkhühner fahren. Ihren Sport aber de facto zu verbieten und dann auf einzelnen, eigens ausgewiesenen Trails wieder zu erlauben, halten sie für den falschen Ansatz, mit dem es sich das Landratsamt zu leicht mache. Er widerspreche komplett dem bisher verhandelten Konzept, wonach das Biken grundsätzlich erlaubt bleiben und nur besser gelenkt werden solle.

Spezielle Mountainbike-Trails galten in früheren Runden als vielversprechendes Mittel, den oft überbordenden Bike-Verkehr in den Miesbacher Bergen zu kanalisieren. Die Angebote sollten die Masse der Mountainbiker anziehen und so andere Gebiete entlasten. Das Landratsamt habe sich von diesem Konzept keineswegs verabschiedet und wolle weiterhin Trails einrichten, betont eine Sprecherin. Das gleichzeitige Bike-Verbot abseits jener Strecken solle außerdem nicht auf allen Wegen bis 2,5 Metern Breite gelten, sondern nur bis zu 1,5 Metern.

Die Biker-Vertreter haben von dieser Zahl nach eigenen Worten nichts mitbekommen. Sie gehen weiterhin von 2,5 Metern aus und beklagen, dass die Behörde an einem Austausch offenbar nicht mehr interessiert sei. Er sei „überrascht, dass der Kontakt abgebrochen ist“, sagt Matthias Gilch, der sich als zweiter Vorsitzender für die lokale DAV-Sektion Miesbach um Naturschutz-Themen kümmert. Zugleich heißt es aus dem Amt, dass von den Verbänden zuletzt keine konstruktiven Vorschläge gekommen seien.

Sollten die Verordnungen wie geplant in Kraft treten, fürchten die Mountainbike-Aktivisten eine Vorbildwirkung auch für andere Gebiete im bayerischen Alpenraum. Zugleich ist die Frage offen, ob die Regelung im Einklang mit dem freien Betretungsrecht der Natur steht, das in Bayern Verfassungsrang hat. Im benachbarten Österreich gibt es seit Jahrzehnten ein grundsätzliches Bike-Verbot im Gebirge. Das wird dort – je nach Region – manchmal streng ausgelegt, aber meistens schlicht ignoriert.

Back to top button