Ladies & Gentlemen – Grün auf dem grünen Hügel – Stil | ABC-Z

Für sie: Modisch versiert
Julia Klöckner fällt in letzter Zeit modisch gesehen angenehm auf. Bei der fast schiefgegangenen Kanzlerwahl zum Beispiel trug sie ein seidenes Blumenkleid zu einer von einem Profi gemachten Farah Fawcett-Welle, und während einem also beim Vortrag der Ergebnisse einerseits das Blut in den Adern gefror, dachte man andererseits anerkennend, dass das Julia-Klöckner-Outfit dem feierlich-demokratischen Anlass angemessen ist. Es ist nicht so, dass man das, was sie trägt, auch sofort tragen möchte. Aber eines steht fest: diese Frau gibt sich Mühe und scheut sich nicht, zuzugeben, sich ernste Gedanken darüber gemacht zu haben, was sie anhat. Das macht natürlich jeder, nur sieht man es den meisten Leuten in der deutschen Politik ja leider nicht an.
Letzte Woche bei den Festspielen in Bayreuth machte die Bundestagspräsidentin dann erneut eine gute Figur. Im Spektrum zwischen Eisprinzessin (Frau Söder in glänzendem Outfit) und lässiger Strandmatrone (Ilse Aigner) befand sie sich genau da, wo man als Frau mit Amt sein muss: in der Mitte. Die grüne lange Abendrobe fällt schön, die langen Cape-Ärmel flattern zart wie ein Schmetterling im Wind, und der Rundhals-Ausschnitt stellt der Trägerin keine fiesen Fotofallen. Stattdessen verhindert die Transparenz des Oberteils den Verdacht der Zugeknöpfheit. Schön ist auch die kleine Abendtasche, statt Pumps wären Sandalen und statt Helmhochsteckfrisur ein sanfter Chignon besser gewesen. Das ist aber egal, weil eben eine gewisse Freude an Mode erkennbar ist. Mehr verlangt ja keiner.
Für ihn: Korrekt reagiert
Alle reden ja von Longevity, der Kunst des Längerlebens bei gleichzeitigem Besserleben. Und reflexhaft würde man sagen, der berühmte Florian Silbereisen hat diese Kunst doch wohl eigentlich perfektioniert. Schließlich ist er schon ewig, also mindestens seit vier Dekaden im deutschen Fernsehlandschaftsgarten präsent und sieht dabei immer gleich sonnenkernig und auch kein Jahr älter als 45 aus. Aber huch, der Mann wird an diesem Montag erst 44 Jahre alt, na sowas? Aber schon mal herzlichen Glückwunsch! Da sieht man, wie man sich in Sachen gefühlter Sendezeit verhauen kann.

Wie auch immer, in seinem blauen Bayreuth-Smoking macht der Flori der Nation eine gewohnt strahlende Figur und das, Achtung, obwohl es der Zweitsmoking war. Wie Silbereisen in alarmierender Offenheit der Presse verriet, war nämlich der ranghöhere Smoking kurz vor dem Aufbruch zum Hügel beim Zähneputzen besudelt worden. In diesem Moment stand die silbereiserne Bayreuth-Premiere kurz infrage, dann aber packte der Showprofi den Ersatz-Blaumann aus und kam rechtzeitig zum Händeschütteln mit Markus Söder. Der hatte ihm das Ticket besorgt, vermutlich damit Herr Silbereisen auch mal richtige Volksmusik hört. Außenstehende nehmen von dieser Anekdote viel brauchbare Bayreuth-Etikette mit: Erstens, Gentlemen sollten immer einen gleichwertigen Ersatzanzug mit sich führen. Zweitens, Zähneputzen vor den notorisch langen Wagneropern ist obligatorisch, aber dabei bitte, drittens, immer die Jacke ausziehen! Und viertens: Wer lange leben möchte, sollte einfach möglichst früh im deutschen Fernsehen damit anfangen.