“Labiler Fanatiker”: Neue Details zu Tatverdächtigen Ryan Wesley Routh bekannt – Schüsse im Trump-Golfklub | ABC-Z
Lange bevor ihn seine Aktivitäten an einem Golfklub von Donald Trump in die internationalen Schlagzeilen bringen, sorgt Ryan Wesley Routh in der Ukraine für Aufsehen. Mehrere Medien interviewen den Amerikaner, der später offenbar den republikanischen Präsidentschaftskandidaten angreifen will. Sie zeichnen ein verstörendes Bild.
Der Mann, der mutmaßlich ein Attentat auf Donald Trump in Florida plante, ist erstmals vor Gericht erschienen. Wie Reporter der Nachrichtenagentur AP mitverfolgten, wurden bei dem achtminütigen Termin zwei konkrete Vorwürfe gegen Ryan Wesley Routh erhoben: Besitz einer Schusswaffe durch einen verurteilten Straftäter und Besitz einer Schusswaffe mit entfernter Seriennummer. Auf den ersten Vorwurf steht eine Höchststrafe von 15 Jahren Haft, beim zweiten sind es fünf Jahre.
Am 23. September soll bei einer weiteren Anhörung über eine Kaution entschieden werden. Am 30. September könnte dann die Anklageerhebung folgen, wenn die Staatsanwaltschaft diese Vorwürfe bis dahin zu offiziellen Anklagepunkten macht.
Während des Termins sagte der Verdächtige, er gehe einer Arbeit nach und verdiene in etwa 3000 Dollar im Monat, habe aber keine Ersparnisse. Auch über Immobilien oder andere Wertgegenstände verfüge er nicht, bis auf zwei Autos, die beide in Hawaii stehen. Routh sagte, er habe auch einen 25 Jahre alten Sohn, den er finanziell unterstütze. Routh betrat den Saal am Morgen (Ortszeit) gekleidet in einen blauen Häftlingsoverall. An Händen und Füßen war er gefesselt.
Buchinhalt: Iran sollte Trump ermorden
Über sein Motiv ist noch nichts bekannt. Nach Informationen der Nachrichtenagentur AP brachte Routh im vergangenen Jahr im Selbstverlag ein Buch heraus, in dem er schrieb, dass er einst für Trump gestimmt habe und eine Mitschuld daran habe, dass Trump Präsident geworden sei. Er beschrieb Trump als “Kind, das wir zu unserem nächsten Präsidenten gewählt haben, das sich als hirnlos erwies”. Das Buch trug den Titel “Der nicht gewinnbare Krieg der Ukraine”.
In seinem Buch rief der Verdächtige den Iran auf, den Ex-Präsidenten zu töten: “Sie können Trump ermorden.” Ryan Routh beschrieb Trump als Idioten wegen des Sturms auf das US-Kapitolgebäude 2021 und des Ausstiegs aus dem internationalen Atomabkommen mit dem Iran.
Nach dem Überfall Moskaus auf die Ukraine am 24. Februar 2022 veröffentlichte Routh nach Informationen der “New York Times” im März folgende Botschaft im Onlinedienst X: “Ich bin bereit, nach Krakau zu fliegen und an die ukrainische Grenze zu gehen, um freiwillig zu kämpfen und zu sterben.” Einige Wochen später interviewte die Nachrichtenagentur AFP den Mann in Kiew, als er an einer Kundgebung zur Unterstützung der in der Hafenstadt Mariupol eingeschlossenen ukrainischen Soldaten teilnahm. “Putin ist ein Terrorist, der gestoppt werden muss. Und wir brauchen jeden auf der Welt, der das, was er gerade tut, beendet und jetzt hierher kommt”, sagte er damals.
Auch die Nachrichtenagentur AP filmte den Verdächtigen im April 2022 bei einer Kundgebung in Kiew. Auf einem Plakat, das er in der Hand hielt, stand: “Wir können Korruption und das Böse nicht noch weitere 50 Jahre tolerieren. Setzt Russland ein Ende, um unser Kinder willen.”
“Wir müssen Moskau ausradieren, bevor Putin Kiew ausradiert”
Ein Reporter des Berliner “Tagesspiegels” gab an, Routh im Mai 2022 in Kiew interviewt zu haben. Demnach wollte er sich der ukrainischen Armee in ihrem Verteidigungskrieg anschließen, sei aber abgelehnt worden. Im Gespräch sei er durch krude Theorien aufgefallen und habe wie ein “labiler Fanatiker” gewirkt. Er kritisierte demnach die ukrainische Armee, die aus seiner Sicht zu vorsichtig und abwägend agieren würde. “Wir müssen Moskau ausradieren, bevor Putin Kiew ausradiert”, soll er gesagt haben. Er selbst sei bereit, den Abzug zu drücken.
Ob diese Äußerungen Rückschlüsse auf sein Tatmotiv zulassen, ist bislang unklar. Die Ermittlungen sind noch im Gange. Klar ist allerdings: Mit seiner Haltung steht Routh in direktem Widerspruch zu Trump. Der Rechtspopulist hat sich immer wieder bewundernd über den russischen Präsidenten Wladimir Putin geäußert – und ist ein entschiedener Gegner der von den USA bereitgestellten Milliardenhilfen für Kiew.
Im Fall eines Wahlsieges werde er den Ukraine-Krieg noch vor seinem eigentlichen Amtsantritt binnen “24 Stunden” beenden, sagt Trump immer wieder – ohne zu erklären, wie das gehen soll. Zugleich erzählt er, dass er mit Putin “großartig” zurechtkomme und verhandeln könne. Bei einem Wiedereinzug Trumps ins Weiße Haus wäre auf jeden Fall absehbar, dass die USA als wichtigster Geldgeber Kiews bald wegfallen. Ein schnelles Ende des Krieges herbeizuführen würde vermutlich bedeuten, dass Trump die Ukraine zur Abgabe eines großen Teils des von Russland besetzten Territoriums zwingen würde.
Ukrainisches Militär beschreibt R. als “wahnhaft”
Das ukrainische Militär teilte unterdessen mit, der festgenommene Routh habe niemals in den ukrainischen Streitkräften gedient. Es habe auch keine Zusammenarbeit in irgendeiner Form gegeben, sagte Olexandr Schahuri, ein Vertreter der Abteilung für die Koordinierung von Ausländern bei den Bodentruppen. Routh habe sich aber in den vergangenen zweieinhalb Jahren in regelmäßigen Abständen an die Internationale Legion gewandt und “unsinnige Ideen” geäußert. Seine Pläne können am besten als wahnhaft beschrieben werden, sagte Schahuri der Nachrichtenagentur AP.
Die Internationale Legion der Ukraine wurde kurz nach Beginn des Krieges vom ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj gegründet. Sie besteht aus ausländischen Bürgern, die sich dem Widerstand gegen die russischen Besatzer anschließen und für die globale Sicherheit kämpfen wollten, wie das ukrainische Außenministerium erklärte.
Mehrere Vorstrafen
Wie heute bekannt wurde, wurde Routh mindestens zweimal – in den Jahren 2002 und 2010 – wegen Verbrechen verurteilt, kam aber immer ohne Gefängnisstrafe davon. Das geht aus den Gerichtsdokumenten zu den Fällen hervor. Als verurteilter Straftäter hätte er aber keine Waffe besitzen dürfen. Wie er dennoch an das Sturmgewehr gelangte, mit dem er am Sonntag Trump an dessen Golfplatz in West Palm Beach in Florida auflauerte, ist unklar.
Routh lebte fast sein gesamtes Leben in Greensboro in North Carolina, wo er 2002 wegen Besitzes einer Maschinenpistole verurteilt wurde. Die Zeitung “Greensboro News & Record” berichtete, er sei damals bei einer Verkehrskontrolle geflüchtet und habe sich dann drei Stunden lang mit einer Waffe vor der Polizei im Gebäude seiner Dachdeckerfirma verschanzt.
2010 wurde er verurteilt, weil er im Besitz von Diebesgut war. Nach Angaben der Ermittler von damals soll Routh gestohlene Baumaterialien verkauft haben, um an Drogen zu gelangen. Ebenfalls schuldig gesprochen wurde er damals wegen illegalen Waffenbesitzes, Fahrerflucht, zu schnellem Fahren und Fahren ohne gültigen Führerschein.