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Kurioser Prozess: Handfester Familienstreit am Ebersberger Amtsgericht – Ebersberg | ABC-Z

Streit kommt einem Sprichwort zufolge sogar in den besten Familien vor. Dass die Meinungsverschiedenheit allerdings so heftig ausfällt, dass sich die Justiz damit befassen muss, ist dann aber doch eher ungewöhnlich. Mit einem solchen Fall bekam es jüngst der Ebersberger Amtsrichter Frank Gellhaus zu tun. Angeklagt waren drei Männer aus München, die sich in einer Pizzeria im Landkreis Ebersberg gegenseitig vermöbelt haben sollen. Der Staatsanwaltschaft zufolge soll es zunächst aus nicht näher bekannten Gründen zu einer verbalen Auseinandersetzung gekommen sein, ehe einer der drei die anderen beiden mit einem Besen attackierte.

Die Retourkutsche ließ nicht lange auf sich warten: Laut Anklage sollen die beiden 35- und 26-jährigen Brüder ihren Widersacher daraufhin zu Boden gebracht und mit Tritten in Richtung dessen Gesichts traktiert haben – was ebenso wie die erste Attacke eine gefährliche Körperverletzung darstellt.

Aufgabe von Richter Gellhaus war es nun, den genauen Tathergang zu rekonstruieren, um die Angeklagten gerecht verurteilen zu können, sollten sich die Vorwürfe bewahrheiten. Doch die Männer machten dem Vorsitzenden schnell einen Strich durch die Rechnung. „Wir haben schon unter uns gesprochen“, gab der 26-Jährige zu Protokoll, „es ist alles in Ordnung.“ Sein Bruder ergänzte, dass das alles eher ein „familiäres Thema“ sei. Es habe an jenem Abend eine Meinungsverschiedenheit gegeben, die inzwischen aber ausgeräumt sei. Und auch der Dritte im Bunde, ein 42-jähriger Pizzabäcker, der zwar mit den anderen beiden Angeklagten nicht direkt verwandt ist, den Brüdern aber offenbar recht nahe steht, sagte, die Sache sei etwas „Familiäres“.

Licht ins Dunkel hätte womöglich ein Zeuge bringen können, der den Vorfall beobachtet haben soll. Doch dieser ließ sich von den drei Angeklagten vor Gericht entschuldigen: „Der wird nicht kommen, der hat andere Verpflichtungen“, sagte der 42-Jährige. Nachdem Richter Gellhaus den Mann darüber aufgeklärt hatte, dass man eine gerichtliche Ladung nicht einfach ignorieren dürfe, musste er die Verhandlung vorübergehend aussetzen. „Wenn hier keiner etwas sagt, dann braucht es einen neuen Termin.“ Zu diesem werde er den fehlenden Zeugen durch die Polizei abholen lassen, kündigte der Richter an, Verpflichtungen hin oder her.

Und auch die Beschuldigten werden ihren kleinen Familienausflug von München nach Ebersberg wiederholen müssen – was nicht unbedingt für Begeisterung auf der Anklagebank sorgte. Das, so Gellhaus, hätten sich die drei durch ihr Schweigen aber selbst zuzuschreiben. „Dann müssen Sie eben nochmal kommen“, sagte der Richter, um hinterherzuschieben: „Mir ist das egal, ich bin jeden Tag hier.“

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