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6:1 nach 0:1: DFB-Frauen schlagen Schottland nach furioser zweiter Halbzeit – Sport | ABC-Z

Schon kurz nachdem das Spiel gegen Schottland begonnen hatte, bekam Ann-Katrin Berger ein erstes Signal des Fußball-Universums übermittelt, dass bei ihr an diesem Abend eher keine Langeweile aufkommen dürfte. Erst 20 Sekunden auf der Uhr, da musste die Torhüterin des deutschen Nationalteams schnell zur Seite fliegen, um den Ball zu parieren. Es war die erste von zahlreichen Szenen der Anfangsphase, die den Eindruck verstärkten, dass es noch eine Leistungssteigerung braucht bis zur Europameisterschaft im Sommer in der Schweiz. Aber, auch daran erinnerte dieser Abend in der Wolfsburger Arena, ein Fußballspiel besteht eben immer aus mindestens zwei Teilen.

„Die Mädels haben mich heute zweimal sprachlos gemacht“, sagte Christian Wück in der ARD, nachdem aus einem 0:1 zur Halbzeit noch ein 6:1 geworden war. „Wie man so zwei Gesichter zeigen kann, mit nahezu der gleichen Truppe, das ist schon außergewöhnlich.“ Am Tag zuvor hatte der Bundestrainer erzählt, was seiner Beobachtung nach fehle, seien weniger „die hochtrabenden Dinge, sondern eher die Basics“, also Grundlagen wie ein sicheres Passspiel. Dass er dann direkt 45 Minuten neues Anschauungsmaterial präsentiert bekommen würde? Das regte Wück an der Seitenlinie auf. „Maximal 50 Prozent“ sah er laut eigener Aussage. Es fehlte an Präzision, ein Missverständnis reihte sich ans nächste, Angriffe verloren ihre Wucht durch Ballverluste, ein klarer Plan war nicht wirklich zu erkennen. So war das nicht gedacht und, wie Kapitänin Giulia Gwinn später richtigerweise feststellte, „das darf uns auf dem Niveau nicht mehr passieren“.

Die Schottinnen versuchten es immer wieder und prüften die deutsche Defensive – bis sie in der 40. Minute belohnt wurden. Eingeleitet durch eine schlechte Entscheidung von Janina Minge, die den Ball querlegte zu der von zwei Gegnerinnen bedrängten Elisa Senß, zog am Ende Kirsty Hanson ab. Eigentlich gar nicht so gefährlich, aber Berger bekam den Ball nicht zu fassen. Auch Senß und Sophia Kleinherne vermochten es danach selbst zu zweit nicht, das Gegentor von Caroline Weir aus kurzer Distanz zu verhindern.

„Wir mussten eine fette Ansage bekommen“, sagt Torschützin Selina Cerci. „So können wir nicht auftreten.“

Im Vergleich zum 4:0 im Hinspiel hatte Wück im Sinne seiner Stammelf-Suche für die EM drei Veränderungen vorgenommen: im Mittelfeld begann Sydney Lohmann statt Sjoeke Nüsken, in der Offensive durften Selina Cerci statt Klara Bühl und Laura Freigang statt Linda Dallmann die Hymne mitsingen. Nach der Pause brachte er unter anderem noch Giovanna Hoffmann im Sturm sowie Nüsken im Zentrum und konnte sich bald beglückwünschen zu diesen Entscheidungen. Die DFB-Frauen, das ist keine Übertreibung, spielten wie verwandelt. Auf einmal lag Power in den Angriffen und Dynamik im Spiel. Was vorher misslang, gelang nun. Wo anfangs Patzer auftraten, zeigte sich jetzt Poesie.

Der erste Abschluss von Hoffmann landete noch am Pfosten. Dann aber ging es los: 51. Minute, 1:1, Cerci mit einem lehrbuchmäßigen Kopfball nach einer Ecke. 56. Minute, 2:1, Cerci aus kurzer Distanz, nachdem erst ein Kopfball von Hoffmann an die Latte gesprungen war. 63. Minute, 3:1, Hoffmann mit guter Übersicht ins rechte Eck. 65. Minute, 4:1, Hoffmann nach Steckpass von Jule Brand ins linke Eck. 67. Minute, 5:1, Freigang mit einem Traumtor per Hacke ins linke Eck. 76. Minute, 6:1, Cerci wuchtig in den rechten Winkel. Was nur war passiert?

„Wir mussten eine fette Ansage bekommen, dass wir aufwachen. So können wir nicht auftreten“, gab Cerci Einblick in die Kabinenansprache. Der Bundestrainer scheint also nicht nur die richtigen Wechsel, sondern auch die richtigen Worte gefunden zu haben. Was er beobachtet habe, erzählte Christian Wück noch, sei auf dem Weg zur EM lehr- und hilfreich. In der Schweiz dann dürfte er allerdings nur das zweite Gesicht sehen wollen.

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