Kunstausstellung mit Porträts von Dachauer Mitbürgern – Dachau | ABC-Z

Alle zwei Jahre lädt die Künstlervereinigung Dachau (KVD) zu ihrer großen Sommerausstellung ins Dachauer Schloss ein. Unter dem Titel „Schlossball“ sind diesmal Porträts von Personen aus Stadt und Landkreis Dachau versammelt, „wie man sie so gar nicht kennt.“ Das sagt der Vorsitzende der Künstlervereinigung, Johannes Karl. Im Fokus stehen keine Amtsträger, Honoratioren oder langjährigen Vereinsvorsitzenden mit Schubladen voller Ehrennadeln, sondern Menschen, die das Zusammenleben auf ihre ganz persönliche Art bereichern. „Es gibt so viele kleine Helfer, die das Leben gut machen“, sagt Karl über die Ausgangsidee der Ausstellung.
Gedacht haben sie dabei zuerst an Rainer Seuss. Wenn die KVD Unterstützung braucht, ist der Hausmeister des Dachauer Rathauses stets zur Stelle. Florian Marschall hat ihn mit feiner Feder gezeichnet. Verschmitzt schaut Seuss unter seiner Schiebermütze hervor. „Wenn er durch die Straßen der Altstadt eilt, oder später am Abend noch im Einsatz ist, bleibt Rainer Seuss gerne stehen, um mit einem freundlichen Wort oder einem humorvollen Spruch für gute Laune zu sorgen“, erläutert Marschall. „Ohne ihn wäre die Dachauer Altstadt ein Stück ärmer.“
40 Porträts sind in der Ausstellung zu sehen. Die Auswahl der Personen ist subjektiv und individuell, „mit einem leichten Hang zum Kulturellen“, wie KVD-Chef Johannes Karl einräumt. Entstanden ist dennoch ein breiter Querschnitt durch die Dachauer Gesellschaft. Er reicht von Felix B., den Heiko Klohn „stellvertretend für alle neugeborenen Kinder“ gezeichnet hat, bis zur mittlerweile 96-jährigen Altenheimbewohnerin Rosa Rühl, die über Jahrzehnte in Kultur und Stadtpolitik allgegenwärtig war.
So wie die „Rote Rosa“ haben einige Gäste des „Schlossballs“ durchaus eine gewisse lokale Prominenz. Da wären etwa zu nennen: der Präsident der Lagergemeinschaft Dachau, Ernst Grube, der Pfarrer der evangelischen Versöhnungskirche, Björn Mensing, der Gründer der Kleinkunstbühne „Leierkasten“, Frank Striegler, und für alle, die ihre Lektüre noch im Laden kaufen, Corinna Hegener und Sebastian von Gersdorf – sie führen die einzige Buchhandlung der Stadt.

Doch es gibt auch Persönlichkeiten, die nur einem kleinen Kreis bekannt sind. Zu ihnen gehört Monir. Er ist aus Afghanistan geflohen. In der Boxschule Dachau ist er erfolgreicher Wettkämpfer und ein großes Vorbild für die Kleinen, denen er auch gerne Tipps gibt. Dabei läuft sein härtester Kampf noch: der mit den Behörden um sein Aufenthaltsrecht. „Wir wollten uns Leute suchen, die sonst nicht so präsentiert werden“, sagt Karl. „Die Frage war nur: Wie weit geht man auf die Leute zu, die sonst gar nicht in der Öffentlichkeit stehen?“ Das ist immer ein Wagnis, kann aber sehr lohnend sein.
Hannah Specht hatte vor ihrer Geburt eine Hirnblutung, sie sitzt im Rollstuhl und kann nicht sprechen. Ihre Eltern nehmen sie überall mit, wo was los ist. „Du triffst mich im Café, bei Konzerten, beim Radlfahren, Schwimmen oder auf Ausstellungen“, lässt sie über den Begleittext im Ausstellungskatalog wissen und ermuntert andere, auf sie zuzugehen. Dann werde man merken, „dass mich nicht nur meine Behinderung einzigartig macht, sondern vor allem meine Fähigkeit, andere mit meiner Fröhlichkeit anzustecken“. Und so hat Wolfgang Feik die 19-Jährige auch fotografiert: lachend im Rollstuhl.

Weil das künstlerische Konzept nur mit einer gewissen Kenntnis Dachaus und seiner Menschen funktioniert, wurden diesmal nur zwei Gastkünstler eingeladen: Thomas von Kummant und Daniel Sommer, die zwar keine Mitglieder der KVD sind, aber ebenfalls in Dachau beheimatet. Anders als frühere Schlossausstellungen ist diese auch nur „kuratiert und nicht juriert“, wie Johannes Karl erläutert, das sonst übliche Auswahlverfahren habe es diesmal nicht gegeben. Der Grund: Für viele Teilnehmer seien Porträts „kein gewohntes Sujet“. In manchen Fällen merkt man das auch.
Adel und Bürger jetzt auf Augenhöhe
Im Renaissancesaal treffen die 40 gemalten, gezeichneten und fotografierten Menschen aus dem Jahr 2025 auf den alten Adel, der dort schon seit Jahrhunderten hängt, allen voran der bayerische Kurfürst Max II. Emanuel (1662-1726), ehemaliger Statthalter der Spanischen Niederlande. In früheren Ausstellungen hat die KVD die in Öl dahindämmernden Aristokraten links liegen lassen oder hinter Stellwänden versteckt. Jetzt stellt sie mit einer „neuen Ausstellungsarchitektur“ sogar Blickbeziehungen zwischen den Porträts her und schlägt so ganz nebenbei auch eine Brücke aus der Kunstgeschichte, von damals zu heute.

Zu Max Emanuels Zeiten war das Porträt noch hochgestellten Persönlichkeiten vorbehalten, es diente der Inszenierung von Macht und Reichtum, manchmal auch der eigenen Ambitionen. Karl von Spanien (1607-1632), dessen Konterfei den Katalog zur Ausstellung schmückt, galt acht Jahre lang als Kandidat für die Thronnachfolge. Er starb bereits mit 24 Jahren, vermutlich an Typhus. Manche munkeln auch: an Gift. Repräsentative Darstellungen ihrer selbst gaben auch die Vertreter des aufstrebenden Bürgertums in Auftrag, sie wollten zeigen, was sie haben: Geld, Bildung, erlesenen Geschmack.
Längst ist die Selbstdarstellung nicht mehr an einen Stand geknüpft, man braucht dafür heute nicht mal mehr einen Künstler, nur eine Kamera. Wer ein Selfie im alten Stil machen will, hat beim „Schlossball“ auch dazu die Möglichkeit: Durch eine Fotowand kann man seinen Kopf strecken – als Karl von Spanien.
„Schlossball“. Große Sommerausstellung der KVD im Schloss Dachau. Vernissage am Sonntag, 3. August, um 11 Uhr. Florian Göttler liest am Sonntag, 17. August, um 11 Uhr aus seinem Roman „Dachau 1933 – 1945“, am Donnerstag, 21. August, gibt es um 19 Uhr einen Vortrag von Karin Schuff über Porträtmalerei im Wandel der Zeit. Die Ausstellung ist bis 2. September zu sehen.