Kunst-Performance “Myzel” im Forstenrieder Park – Landkreis München | ABC-Z
Pilze sind geheimnisvolle Lebewesen. Nur ihr Fruchtkörper ist sichtbar, den größten Teil ihres Körpers aber verbergen sie unter der Erde: das Myzel, ein Geflecht aus fadenförmigen Zellen, das sich bei manchen Pilzarten mehr als einen Quadratkilometer weit erstrecken kann. Pilze verbinden sich miteinander und gehen Symbiosen mit Pflanzen und Bäumen ein. Können nicht auch wir Menschen von den Pilzen lernen, uns vielleicht mit ihnen verbinden? Mit diesen Fragen setzen sich die Performance-Künstlerinnen Ella von der Haide und Nicola von Thurn vom Kunstkollektiv Post-anthropozentrischer Zirkus in ihrem Projekt „Myzel“ auseinander.
Die beiden laden Interessierte hierbei zu einem Spaziergang durch den Forstenrieder Park bei Buchenhain ein. Es ist ein Performance-Spaziergang, der das Eintauchen in eine „Fungi-Fiction“, eine „spekulative Zukunft mit Pilzen“, ermöglichen soll. Was etwas abgedreht klingt, hat durchaus einen ernsthaften Hintergrund. „Die Mehrheit der Lebewesen, die uns umgeben, sind schon viel länger da als wir und viele von ihnen sind nicht vom Aussterben bedroht“, sagt Ella von der Haide.
Die Medienkünstlerin und Filmemacherin arbeitet auch als Stadt- und Regionalplanerin sowie Landschaftsgärtnerin und beschäftigt sich mit sozial-ökologischen Themen an der Schnittstelle von Wissenschaft und Kunst. Ein besonderes Anliegen ist ihr und ihren Kolleginnen, sozial-ökologische Vielfalt sinnlich erfahrbar zu machen. „Wir glauben wirklich daran – wenn auch mit einem gewissen Augenzwinkern – , dass sich auch für uns Menschen die Überlebenschancen verbessern, wenn wir uns besser verbünden“, sagt sie.
Bei dem Spaziergang geht es um eine „Fungi-Fiction“ – eine spekulative Zukunft mit Pilzen
Dass gerade Pilze hierfür interessant sind, davon ist Ella von der Haide überzeugt: „Pilze haben uns etwas zu sagen. Sie leben ein völlig anderes Gesellschaftsbild.“ Bei dem Waldspaziergang in Buchenhain sollen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer einerseits Wissenswertes über Pilze und deren Netzwerke erfahren, aber auch bewusst selbst versuchen, mit diesem Pilz-Netzwerk in Verbindung zu treten. Dabei gehe es nicht um einen spirituellen Ansatz, betont die Künstlerin, „wir suchen keine Vibes“. Sondern eher darum, die eigenen Sinne zu schärfen und an der Kommunikation der Pilze teilzuhaben – riechend, spürend, vielleicht auch schmeckend.
Bei einer früheren Performance hatten sich die Initiatorinnen im Frühjahr dem Wald und den Bäumen gewidmet, nun richten sie ihren Blick eine Etage tiefer. Der Forstenrieder Park, der an dieser Stelle sehr naturbelassen ist, bietet mit seinem Altholz ideale Bedingungen für eine Vielzahl an Pilzen. Allein auf einem Fleckchen Waldbodens sprießen Dutzende Sorten. „Nach zwei Minuten ist man in einer ganz eigenen Welt“, sagt Ella von der Haide. Auch dies sei übrigens eine Übung für die Zukunft, meint die Künstlerin: nicht einheitlichen, aufgeräumten Wald als ästhetisch zu verorten, sondern so umzutrainieren, „dass wir Verhau schön finden“.
Eine „Preview“ zur Performance „Myzel“ geben die Künstlerinnen am Freitag, 8. November, die offizielle Premiere findet am Samstag, 9. November, statt. Beginn ist jeweils um 14 Uhr. Weitere Termine sind am Sonntag, 10. November, um 11 und um 14 Uhr. Die Vorstellung dauert circa 70 Minuten und führt etwa eineinhalb Kilometer durch den Wald. Treffpunkt ist jeweils beim Eingang zum Wildpark Forstenried am Ludwigs Geräumt, etwa fünf Gehminuten von der S-Bahnhaltestelle Buchenhain entfernt. Tickets können gegen eine freiwillige Spende online reserviert werden über https://MYZEL.eventbrite.de.