Kröten, Frösche und Molche wandern wieder zu ihren Laichgewässern – Freising | ABC-Z

In diesen Tagen gehen sie wieder auf Tour. Es ist deutlich wärmer geworden, nun fällt auch noch Regen. Ideale Bedingungen also für Erdkröten, Frösche und Molche, ihre Winterquartiere zu verlassen und sich auf den Weg zu den Laichgewässern zu machen. Häufig müssen sie dafür Straßen überqueren. An mehreren Stellen in den Landkreisen Erding und Freising sorgen wieder Schutzzäune und Amphibientunnel dafür, dass sie nicht überfahren werden. Die Krötenzäune aber werden weniger – weil auch die Zahl der Amphibien sinkt. Für Wolfgang Willner, den Vorsitzenden der Bund-Naturschutz-Kreisgruppe in Freising, ist das eine erschreckende Entwicklung.
Die Untere Naturschutzbehörde am Landratsamt Freising bittet Autofahrer in den kommenden Tagen und Wochen um erhöhte Aufmerksamkeit. Ein Hotspot der Krötenwanderung im Landkreis Freising ist die Straße von Oberhummel nach Gaden. Dort hat der Landkreisbauhof in den vergangenen Tagen einen Amphibienschutzzaun aufgestellt. Einen weiteren hat er an der B 13 zwischen Kammerberg und Fahrenzhausen installiert.
Das Prinzip hat sich bewährt: Die Tiere können das Hindernis nicht überwinden und plumpsen am Ende der Wand in einen Eimer. Ehrenamtliche Helferinnen und Helfer transportieren sie morgens, in der Dämmerung und nachts, wenn besonders viele Amphibien unterwegs sind, sicher über die Fahrbahn. In Erding steht seit vergangener Woche ein Zaun an der Straße von Langengeisling nach Wartenberg. Es ist der einzige, den der Bund Naturschutz im Landkreis noch betreut, denn auch hier sind die Zahlen der querenden Amphibien dramatisch zurückgegangen.
Wolfgang Willner kann sich noch gut an andere Zeiten erinnern. In den Achtzigerjahren seien allein an der Strecke zwischen Gaden und Oberhummel im Schnitt 3000 bis 4000 Amphibien eingesammelt worden, erzählt er. An einem einzigen Abend habe er dort mit seinem Vater knapp 1300 Tiere über die Straße getragen. Inzwischen sei es nur noch „ein Bruchteil“.
Ähnlich ist die Situation im Landkreis Erding. Baute der Bund Naturschutz früher an sechs bis sieben Stellen um Erding, Wörth, Dorfen und im Schwaigermoos Krötenzäune auf, ist nur der in Langengeisling geblieben. Auch dort sei die Zahl der Amphibien deutlich zurückgegangen, „aber es lohnt sich noch“, sagt Geschäftsführerin Sabine Lanzner. An den anderen Standorten sei das nicht mehr der Fall. Es gibt aber noch einige private Initiativen, etwa in Buch am Buchrain.
Der Artenbestand sei, ähnlich wie bei den Insekten, zum Teil um 60 bis 75 Prozent eingebrochen, sagt Willner. Das Artensterben sei mittlerweile überall festzustellen. Freisings BN-Kreisvorsitzender spricht von einem „schleichenden Prozess, der sich leider nicht mehr aufhalten lässt“. Das Hauptproblem auch für den Rückgang der Amphibien sieht er in der intensiven Landwirtschaft und dem Pestizideinsatz. Selbst in Naturschutzgebieten seien Pestizideinträge festzustellen, die Pufferzonen seien nicht groß genug. Hinzu kämen die „Verbauung der Landschaft“ und der Klimawandel. Der lässt die Amphibien womöglich anfälliger werden für Krankheiten. Eine große Bedrohung für die Bestände ist aktuell der Befall mit dem Chytridpilz. Gerade bei milden Temperaturen könne er sich ausbreiten, erklärt Willner.
Auch bei Langengeisling ist die Zahl der querenden Amphibien stark zurückgegangen. 2024 waren es laut Sabine Lanzner insgesamt etwa 630 Tiere in beide Richtungen, früher mehr als 1000. Den Zaun dort hat diesmal das Staatliche Bauamt Freising aufgebaut, Helfer des Bund Naturschutz betreuen den Standort.
Besonders drastisch war der Rückgang im Bereich Dorfen und St. Wolfgang zu beobachten. Um das Jahr 2000 wurden an zwei Zäunen noch etwa 2000 beziehungsweise 1000 Tiere gezählt. 20 Jahre später waren es so wenige, dass die Einsammel-Aktion zunächst bei St. Colomann und 2020 auch bei Gatterberg eingestellt wurde. Auch Lanzner nennt dies „sehr erschreckend“. Sie kann, immerhin, aber auch über eine positive Entwicklung berichten. Am Regenrückhaltebecken in Buch am Buchrain habe man in den vergangenen Jahren steigende Zahlen verzeichnet.
Die ehrenamtlichen Helfer leisten „einen immensen Beitrag“, sagt der BN-Kreis-Vorsitzende
Auch im Landkreis Freising kümmern sich an mehreren Orten Privatpersonen um die wandernden Amphibien, zum Beispiel in Hörgertshausen, Gandorf oder Rudelzhausen. Bei Schernbuch, Gemeinde Paunzhausen, engagiert sich Claus Niewierra gemeinsam mit einem weiteren Helfer. Sie hatten beobachtet, dass sich mit dem Umbau der Unterführung dort vor etwa neun Jahren auch der Wanderweg der Amphibien veränderte. Dutzende Tiere wurden überfahren. Niewierra wollte das nicht hinnehmen, seitdem hat er im Frühjahr ein arbeitsintensives Hobby.
Am vergangenen Freitag und Samstag bauten die beiden ehrenamtlichen Helfer den Zaun auf, „acht bis zehn Stunden an beiden Tagen“. Morgens sammeln sie in der Wanderzeit eine Stunde lang die Amphibien ein, „zu 95 Prozent Erdkröten“, aber auch Frösche, Teich- und Bergmolche. „Möglichst früh, um sie nicht zu lange warten zu lassen“, sagt Niewierra. 500 bis 700 Stück sind es in etwa. Auch er hat beobachtet, dass es weniger werden.
„Wir sind den Ehrenamtlichen sehr dankbar für den immensen Beitrag, den sie leisten“, sagt Tobias Meyer von der Unteren Naturschutzbehörde in Freising. Wie viele Tiere im Landkreis pro Jahr insgesamt eingesammelt werden, darüber gebe es derzeit noch keine aussagekräftigen Statistiken, weil dafür Beobachtungen über mehrere Jahre notwendig seien. „Wir wollen das Monitoring in den nächsten Jahren aber ausbauen.“ Auf dieser Grundlage lässt sich dann verfolgen, ob der Artenschwund weitergeht. Amphibien seien ein wichtiger Bestandteil des Feucht-Ökosystems. Wird die Artenzusammensetzung zerstört, warnt Wolfgang Willner, „funktioniert es nicht mehr“.