Kroatien: Im Wagenknecht-Stil zur Präsidentschaft | ABC-Z
Der kroatische Präsident Zoran Milanovic wettert gegen EU-Hilfen für die Ukraine und hat enge Verbindungen zu Putins Umfeld. Trotzdem ist er derzeit der beliebteste Politiker des Landes – und steht vor der Wiederwahl. Dabei gelingt ihm ein Kunststück, das an Deutschland erinnert.
Die Stichwahl für das Präsidentenamt in Kroatien an diesem Sonntag ist kaum mehr als eine Formalität. Der amtierende Präsident Zoran Milanovic verfehlte in der ersten Wahlrunde mit 49,09 Prozent nur knapp die direkte Wiederwahl. Der Zweitplatzierte Dragan Primorac, ein unabhängiger Kandidat, der von der konservativen Partei des Premierministers Andrej Plenkovic unterstützt wird, kam auf nicht einmal 20 Prozent.
Damit bleibt wohl ein Präsident an der Macht, dessen erste Amtszeit von Provokation, Polarisierung und ständigen Auseinandersetzungen mit der Regierung geprägt war. Auch international setzt Milanovic auf eine konfrontative Strategie und stellte sich mehrfach bei der Unterstützung der Ukraine quer. Für die Beziehung zu den anderen EU-Staaten könnte seine zweite Präsidentschaft darum zur Belastungsprobe werden.
Milanovic war von 2011 bis 2015 Premierminister Kroatiens. In seine Amtszeit fiel der offizielle EU-Beitritt des Landes, der allerdings schon vor seinem Amtsantritt vertraglich festgehalten wurde. Nach einer Niederlage gegen den damals kaum bekannten Plenkovic gewann er 2019 die Präsidentschaftswahl.
Der Präsident hat in Kroatien begrenzte politische Macht, ist aber Oberbefehlshaber des Militärs und vertritt das Land auf internationaler Ebene. Und diese Rolle nutzt Milanovic, um die pro-europäische Politik der Regierung zu durchkreuzen.
Der bekennende Kritiker der westlichen Militärhilfen für die Ukraine blockierte etwa die Beteiligung kroatischer Offiziere an einem neuen Nato-Ukraine-Kommando mit Sitz in Wiesbaden. Auch bei der Erweiterung der Nato durch Schweden und Finnland drohte er mit einem Veto. Einen Einsatz kroatischer Soldaten in einer möglichen Friedenstruppe schließt er kategorisch aus.
Verbindungen nach Russland
Zudem steht Milanovic dem Präsidenten der bosnischen Teilrepublik Srpska, Milorad Dodik, nahe. Der radikale Serbenführer hat wiederum gute Verbindungen in den Kreml, die USA haben Sanktionen gegen ihn verhängt. Die Regierung bezeichnet Dodik daher als einen Mann Wladimir Putins und wirft ihm vor, Kroatiens internationales Ansehen und Glaubwürdigkeit in der Nato und der EU zu gefährden.
Auch innenpolitisch ist Milanovic umstritten. Kritiker werfen ihm vor, geltende Gesetze und staatliche Institutionen zu ignorieren und die Zusammenarbeit mit Regierung und Parlament zu verweigern. Bei der Parlamentswahl 2024 ließ er sich als Kandidat aufstellen, ohne sein Amt als Präsident niederzulegen. Eine Entscheidung des Verfassungsgerichts, dass dies gegen die Verfassung verstoße, wertete er offen ab.
Trotzdem ist er gegenwärtig der beliebteste Politiker Kroatiens. Das Besondere: Seine Unterstützung kommt sowohl von sehr linken als auch von sehr rechten Wählern – ein Kunststück, das in Deutschland allenfalls Sahra Wagenknecht gelingt. Um die verschiedenen Lager gleichermaßen anzusprechen, bediene er sich einer populistischen Rhetorik und eines volksnahen Stils, erklärte der kroatische Politologe und Analyst Zarko Puhovski im Interview mit der Deutschen Welle.
Die Methode sei angelehnt an den Regierungsstil Donald Trumps, der auf komplexe politische, wirtschaftliche und soziale Probleme einfache Antworten suggeriere. „Er präsentiert sich als Mann klarer Worte, klarer Vorstellungen, der kein Blatt vor den Mund nimmt“, sagt Puhovksi. „Das ist es, was die Leute mögen: starke Männer. Das sehen wir zurzeit auch in Ungarn und in den USA.“
Als selbst ernannte „Stimme des Volkes“ wirft Milanovic dem Premierminister regelmäßig Korruption vor, weil dessen Regierung häufig im Fokus von Korruptionsskandalen stand, und stilisierte sich so zu einem Gegenpol zur Regierung. Diese Oppositionshaltung kommt vor allem bei den linken Wählern gut an. Die rechten Wähler schätzen dagegen sein Eintreten für die Souveränität Kroatiens gegenüber der EU.
In der Staatengemeinschaft dürften Milanovics provokanter Stil und seine Tendenz, auch kontroverse Positionen offen zu vertreten, in Zukunft weiter für Spannungen sorgen. Das gilt neben den Ukraine-Hilfen insbesondere für die Migrationspolitik der EU. Da Kroatien seit 2023 Teil des Schengen-Raums ist, kann Milanovic mit seinen militärischen Entscheidungen – etwa bezüglich der Grenzsicherung durch kroatische Truppen – auch diesen Politikbereich weiter beeinflussen.