Kritik an Berufung zum Moderator von „ttt“ in der ARD | ABC-Z
Das Echo hatte sich die Redaktion des ARD-Kulturmagazins „ttt – titel, thesen, temperamente“ sicherlich anders vorgestellt. Von Mitte Februar an soll der Journalist Thilo Mischke die Sendung moderieren, im Wechsel mit Siham El-Maimouni und in der Nachfolge von Max Moor, der „ttt“ über siebzehn Jahre lang präsentierte.
„Ab jetzt Krieg und Krise und Kultur“
Die Wahl ist durchaus überraschend, ist Mischke doch eher als Haudrauf-Reporter bekannt. „Ab jetzt Krieg und Krise und Kultur“, schrieb er auf Instagram und kokettierte mit seinem „unterkomplexen“ Kulturbegriff: „Ich möchte, dass jeder Mensch in der Lage ist, Kultur zu konsumieren.“ Als Sohn zweier Buchhändler könne er sich kaum Schöneres vorstellen, „als Menschen zu zeigen, was uns allen so zur Verfügung steht, mit dem wir uns beschäftigen können“.
Kultur für alle – das klingt programmatisch, und so dürfte es von „ttt“ gedacht gewesen sein. Wenn Mischke von „Krieg und Krise und Kultur“ spricht, spielt er auf sein Œuvre als Reporter bei Pro Sieben an, auf den Film „Afghanistan im Griff der Taliban“ von 2022 oder auf die bemerkenswerte Recherche „Rechts. Deutsch. Radikal“ von 2020, in der er zeigte, was Rechtsextremisten in Deutschland vorhaben und wie fließend der Übergang von dieser Szene zur AfD ist. Der Film sorgte zu Recht für Aufsehen.
Im Jahr 2010 jedoch schrieb Mischke ein Buch, das nicht nur „unterkomplex“ angelegt war, sondern misogyn. „In 80 Frauen um die Welt“ handelt von der fiktiven Idee des Ich-Erzählers Mischke, einmal um die Welt zu reisen und mit 80 Frauen zu schlafen. Die Fallhöhe dieser Männerphantasie kann man sich ausmalen.
Nun fällt sie ihm auf die Füße. Kritikerinnen nämlich halten seine Berufung zu „ttt“ für fatal und ziehen für ihr Urteil ein weiteres Buch und einen Podcast von 2019 heran, in dem er sich Gedanken über toxische Männlichkeit macht, die man so verstehen kann, dass er das Thema nicht ernst nimmt. Seine „Aussagen über rape culture“ seien „ein Beleg dafür, dass er hier grundlegende Zusammenhänge nicht verstanden hat“, sagte die Autorin Annika Brockschmidt der „Süddeutschen“.
„ttt“ ist augenscheinlich verunsichert. „Wir hören Euch“, ruft die Redaktion den Kritikerinnen zu, man setze sich „konsequent mit Themen wie Sexismus und toxischer Männlichkeit“ auseinander, „feministische Perspektiven“ prägten die Arbeit von „ttt“. „Die Werte sind nicht verhandelbar.“ Man sitze das Thema nicht aus, brauche aber noch Zeit. Bleibt das Magazin bei Mischke, muss es fürchten, boykottiert zu werden. Das drohen die Kritikerinnen zwischen den Zeilen schon an. Thilo Mischke hat sich noch nicht geäußert.