Kristian Blummenfelt gewinnt Ironman-EM in Frankfurt | ABC-Z

Kristian Blummenfelt holt auf. An achter Stelle ist der Norweger und aktuelle Champion des Ironman Frankfurt auf die Marathonstrecke gestartet. Über ihm brütet die Sonne, mehr als 30 Grad Celsius hat es auf der Strecke. Kilometer für Kilometer lässt Blummenfelt den 9-Minuten-Vorsprung des Dänen Kristian Høgenhaug regelrecht dahinschmelzen. Bei Kilometer 34 sind es plötzlich nur noch 30 Sekunden, die ihn davon trennen, seinen Europameistertitel in Frankfurt zu verteidigen. Er ist fokussiert.
3,8 Kilometer ist er schon durch den Langener Waldsee geschwommen, hat 178 Kilometer auf dem Rad hinter sich gelegt. Jetzt muss er möglichst schnell seinen Marathon beenden. Ohne eine Miene zu verziehen, läuft er an der Spitze am Dänen Kristian Høgenhaug vorbei und ist nun an erster Stelle. Immer wieder blickt er auf die Uhr. Wird er den Streckenrekord von 7:27:21 Stunden, den er im vergangenen Jahr aufgestellt hat, brechen?
Am Sonntag hat die mittlerweile 23. Auflage des Ironman Frankfurt stattgefunden, der gleichzeitig die Europameisterschaft der männlichen Profis ist. Neben den mehr als 50 professionellen Triathleten gehen auch etwa 3000 Sportler aus dem Hobby- und Amateurbereich an den Start.
„Es war verzwickt auf dem Rad“
Blummenfelt ist nun auf der Zielgeraden und wird von den Massen jubelnder Fans in Empfang genommen. Nach insgesamt 7:25:57 Stunden läuft er ins Ziel, neuer Streckenrekord. Er lässt sich zu Boden sinken, beginnt, sich Wasser über den Kopf zu schütten, den er ungläubig schüttelt. Der Norweger hat seinen Titel als Europameister verteidigt.
31 Jahre ist er alt, Olympiasieger und nun zweifacher Gewinner des Ironman in Frankfurt. „Es war verzwickt auf dem Rad“, sagt er einem Reporter der ARD noch im Ziel. Ständig habe er sich nach Magnus Ditlev umgesehen. Der Däne wurde als Favorit gehandelt und gilt als starker Radfahrer. Auf der Laufstrecke hat Blummenfelt ihn abgehängt. Dabei ging er alles andere als selbstbewusst ins Rennen.
Im Oktober, bei der Ironman Weltmeisterschaft in Hawaii, musste er noch eine bittere Niederlage einstecken. Völlig abgeschlagen landete er auf dem 35. Platz. Knapp eine Stunde hinter dem Sieger Patrick Lange. „Was in Kona passiert ist, hat mich niedergeschlagen“, sagte Blummenfelt vor dem Rennen.
Der Sieg heute sei für ihn sehr wichtig gewesen, sagt er danach. Für seine Mentalität, aber auch mit Blick auf die Punkte in der Ironman Pro Series, die er sich mit seinem Sieg am Main und dem beim Ironman Texas im April verdient hat. Als Nächstes wolle er sich auf die kommende Weltmeisterschaft in Nizza fokussieren.
In Frankfurt teilt sich Blummenfelt das Podium mit zwei weiteren Skandinaviern. Als Zweiter lief mit gut zweieinhalb Minuten Rückstand Høgenhaug ins Ziel, danach die beiden Norweger Casper Stornes und Gustav Iden. Als erster Deutscher landete Jonas Hoffmann auf Platz fünf.
Wirbel um Rot für Ditlev
Über längere Zeit sieht es auch für den Dänen Magnus Ditlev gut aus. Über die letzten Kilometer der Radstrecke kämpft er sich aus dem vorderen Mittelfeld an die Spitze hinter Høgenhaug und kommt als Zweiter auf die Laufstrecke. Dann bekommt er von einem Kampfrichter die Rote Karte gezeigt. Er darf weiterlaufen und kann die Disqualifizierung später anfechten. Lange herrscht Unklarheit über den Grund der Roten Karte.
Später wird klargestellt, dass Ditlev zuvor eine Gelbe Karte bekommen hatte, weil ihm etwas aus der Tasche gefallen war und er nicht stehen blieb. Weil er die Aufforderung des Kampfrichters nicht beachtete, zeigte er ihm Rot. Später wird die Rote Karte zurückgenommen, Ditlev habe die vorangegangene Gelbe Karte nicht gesehen. Später wird er von den beiden Norwegern Blummenfelt und Stornes überholt.
Es hätte auch das Rennen von Jonas Schomburg werden können. Auf der Langdistanz ist er eigentlich ein Neuling. Seinen ersten Ironman absolvierte er im März in Südafrika. Der 31 Jahre alte Deutsche bezeichnete das Rennen, das er auf dem dritten Platz beendete, lediglich als eine längere Trainingsetappe. Auch in Frankfurt will er sich das Podium sichern, gilt als Geheimfavorit. Das Rennen von Beginn an dominieren, lautete sein Ziel. Und es gelingt ihm.
Gleich zum Schwimmstart am Langener Waldsee setzt sich Schomburg an die Spitze, macht Tempo, zieht das Feld immer weiter auseinander. Dann lässt er sich zurückfallen, steigt als Dritter vor der Wechselzone aus dem Wasser, um auf dem Rad noch mal anzuziehen. Er fährt über mehrere Kilometer an der Spitze, baut den Abstand zu den Favoriten Patrick Lange, Blummenfelt und Ditlev immer weiter aus.
Dann der Schock: Nach eineinhalb Stunden hält Schomburg plötzlich den losen Vorbau seines Lenkers in der Hand. Er muss einen Zwischenstopp an einer Mechaniker-Station einlegen, verliert den Vorsprung über mehrere Minuten und sieht seine Kontrahenten an sich vorbeiziehen. Der Lenker wird notdürftig befestigt. Schomburg findet wieder ins Rennen, fährt noch einige Kilometer in einer Gruppe mit Lange, Ditlev und Blummenfelt, bis sich der Lenkervorbau komplett verabschiedet. Ein Kampfrichter fordert Schomburg auf, das Rennen zu beenden.
Der will zuerst weiterfahren, wird dann doch langsamer. „Ich hatte gute Beine, ich war gut dabei. So schnell kann’s gehen“, sagt Schomburg, der jetzt an der Strecke steht, einem Reporter des Hessischen Rundfunks (HR). Er ist sichtlich frustriert. „In der Gruppe von Patrick saß ich locker dabei. Beim Laufen wollte ich den Hahn noch mal aufdrehen.“ Die Qualifikation für die Weltmeisterschaft in Nizza hat er sich schon in Südafrika gesichert. Jetzt wolle er seinen Fokus auf die Challenge Roth am kommenden Wochenende richten, wie er später im Interview mit dem HR sagt.
„Mir ging es wirklich schlecht“
Auch für den dreifachen Weltmeister Patrick Lange läuft das Rennen alles andere als optimal. Er kommt deutlich besser ins Rennen als vergangenes Jahr, in dem er schon beim Schwimmstart Probleme hatte. Auf der Radstrecke geht er es ruhig an, kann sich gut im Feld mit Ditlev und Blummenfelt behaupten. Dann bekommt er Magenkrämpfe, muss sich zurücknehmen und geht nicht mit Ditlev mit, als der sich an die Spitze heften will.

In der Wechselzone zur Laufstrecke muss Lange eine Zeitstrafe von einer Minute absitzen, weil er seinen Schwimmanzug nicht ordnungsgemäß abgelegt hat. Dort klagt er über Schmerzen im Ballen. „Ich glaube, ich habe ihn mir beim Schwimmausstieg geprellt“, sagt er. „Es tut sehr weh.“
Lange, auf Platz 18, wirkt schon zu Beginn der Laufstrecke niedergeschlagen, hat mit Rückenschmerzen und Magen-Darm-Problemen zu kämpfen. Später wirkt er wieder agiler, sein Lauf runder, er klatscht die Fans am Streckenrand ab. Doch für den Sieg reicht es nicht. Lange kommt als Siebter ins Ziel. „Mir ging es wirklich schlecht“, sagt der Achtunddreißigjährige kurz darauf.
„Kann gut sein, dass es das letzte Mal war“
Trotz zahlreicher Erfolge hat der Triathlet aus dem nordhessischen Bad Wildungen in Frankfurt noch nie gewonnen. „Irgendwas stimmt einfach mit diesem Rennen und mir nicht.“ Er müsse es jetzt genau analysieren. Seine Verletzung an den Adduktoren, die ihn bei seiner Vorbereitung hinderte, könnte eine Rolle gespielt haben, meint er. Dennoch habe er die Stimmung genossen: „Obwohl ich auf Platz 18 losgelaufen bin, bin ich gefeiert worden wie der Führende.“
Es könnte das letzte Mal gewesen sein, dass Lange in Frankfurt, seinem Heimatrennen, an den Start geht. Für ihn fühle es sich wie ein Abschied an. „Da blutet dann natürlich das Herz, aber ich werde nicht jünger. Es kann gut sein, dass es das letzte Mal war“, sagt Lange.
Jetzt will er sich auf die Weltmeisterschaft in Nizza vorbereiten und dort um seinen vierten WM-Titel kämpfen. So ehrlich müsse er sein, sagte Lange bei einer Pressekonferenz vor dem Rennen, den vierten WM-Titel würde er einem Sieg in Frankfurt vorziehen, auch wenn ihm der Ironman Frankfurt als Nordhesse viel bedeute.