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Kriselnder Autozulieferer: Webasto streicht 650 Stellen – Starnberg | ABC-Z

Verliert er seinen Job? Das weiß der Mann noch nicht, der am Mittwochnachmittag gerade das Werksgelände von Webasto verlässt. Eines aber ist für ihn klar: „Das wird schlimm“, sagt er. Jetzt hofft er, dass es ihn nicht trifft. Dass er keine der rund 650 Stellen belegt, die der Autozulieferer Webasto bis Jahresende in Deutschland abbauen wird.

Kürzungen bei Webasto – es ist die erwartete Hiobsbotschaft, die das Familienunternehmen mit Hauptsitz im Gautinger Ortsteil Stockdorf am Mittwoch selbst lanciert. „Angesichts der Marktentwicklung“ spricht der Vorstandsvorsitzende Jörg Buchheim in einer Pressemitteilung von einer „unumgänglichen Entscheidung“. Die Nachricht ist ein neuer Nackenschlag, nachdem das Unternehmen im vergangenen Jahr bereits 1300 von weltweit 16 000 Stellen abgebaut hat. Nun sollen also 650 weitere Jobs folgen – an den deutschen Standorten ist das fast jeder sechste Arbeitsplatz.

Bei den Beschäftigten am Firmensitz in Stockdorf sorgt die Nachricht für Unsicherheit. „Wir wissen noch nicht, ob es uns erwischt“, sagen zwei Mitarbeiter, jeder mit einer Zigarette zwischen den Fingern. Rauchen und ratschen, das kann entspannen. Nach so einer Nachricht, wie sie die Angestellten am Mittwoch erhalten haben, sorgt das höchstens für eine kleine Portion Optimismus. „Die Hoffnung stirbt zuletzt“, sagt einer der Raucher. Mehr wollen sie nicht sagen, überhaupt ist niemand vor dem Eingang in Redelaune. „Die Stimmung ist mies“, sagt ein weiterer Beschäftigter.

Webasto möchte am Mittwoch auf SZ-Anfrage nicht sagen, wie viele Mitarbeiter an den einzelnen Standorten jeweils vom Stellenabbau betroffen sind. Man könne sich „zu den Abbauplänen im Einzelnen derzeit noch nicht äußern“, teilt eine Sprecherin mit. Vor allem in der Verwaltung und der Entwicklung möchte Webasto Kosten einsparen. In der Firmenzentrale in Stockdorf, in der etwa 1200 Menschen arbeiten, sollen nach SZ-Informationen etwa zehn Prozent der Belegschaft gehen. Auch von den rund 270 Arbeitsplätzen in Utting am Ammersee und etwa 350 in Gilching sollen welche wegfallen. Ferner sind die Standorte im niederbayerischen Hengersberg und in Neubrandenburg in Mecklenburg-Vorpommern betroffen. Deutschlandweit beschäftigt Webasto knapp 4000 Mitarbeiter an acht Standorten.

Im Januar 2025 wurde der Sanierungsprofi Johann Stohner von der Beratung Alvarez & Marsal beim Autozulieferer Webasto als „Chief Restructuring Officer“ bei Webasto verpflichtet – also sozusagen als oberster Umstrukturierer. (Foto: Webasto)
Zum 31. März ist der Vorstandsvorsitzende Holger Engelmann (links) aus dem Unternehmen ausgeschieden, für ihn ist Jörg Buchheim nachgerückt. Dieser hat schon mehrere Transformationsprozesse bei Zulieferern begleitet. (Foto: Webasto)

Als Zulieferer für große Autohersteller wie BMW und Volkswagen bekommt Webasto die Krise der Branche zu spüren. Der langsame Umstieg auf E-Mobilität, gestiegene Material- und Personalkosten, dazu die geopolitischen Entwicklungen in China und den USA – all das macht den Autobauern und damit ihren Partnerfirmen zu schaffen. Für 2023 verzeichnete Webasto laut veröffentlichtem Geschäftsbericht einen Verlust von 195 Millionen Euro. Der Autozulieferer hat deshalb Produktionsstätten in China, Mexiko und den USA aufgegeben. Auch die deutschen Standorte sind im vergangenen Jahr bereits von Einsparungen betroffen gewesen, frei gewordene Arbeitsplätze wurden nicht mehr nachbesetzt.

Der nun angekündigte Stellenabbau soll laut Unternehmensführung und Betriebsrat „möglichst sozialverträglich“ ablaufen. Dafür habe man gemeinsam einen „ausgewogenen Interessenausgleich mit Sozialplan“ erarbeitet. Dieser sieht eine Transfergesellschaft vor, die die betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter maximal zwölf Monate bei der Suche nach einer neuen Tätigkeit unterstützen soll.

Erst Mitte März hatte es einen Wechsel an der Führungsspitze gegeben, um die Neuausrichtung des Unternehmens zu begleiten. Der langjährige Vorstandsvorsitzende Holger Engelmann ist erst vor wenigen Wochen zurückgetreten und durch Jörg Buchheim ersetzt worden.

In den kommenden Tagen wird es an den betroffenen Standorten Informationsveranstaltungen geben, danach sollen die direkt betroffenen Mitarbeiter persönlich informiert werden. Bis dahin will Webasto keine weiteren Details zu den Einsparungen mitteilen. Die Kommunikation mit den Kolleginnen und Kollegen habe „absoluten Vorrang“, erklärt die Sprecherin.

Vor dem Werkstor in Stockdorf hoffen sie nun das Beste. Eine Mitarbeiterin sagt, sie setze darauf, dass der Sozialplan funktioniere. Etwas anderes bleibt ihr und ihren Kolleginnen und Kollegen ja gerade auch kaum übrig.

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