Wirtschaft

Kranke Kinder am Wochenende: Videosprechstunde statt Notdienst | ABC-Z

Die fünfjährige Ella hat am Wochenende rote Flecken an den Händen und den Füßen sowie Bläschen im Mund bekommen. Die Kinderarztpraxis ist geschlossen, der Bereitschaftsdienst ist weit entfernt. Darum hat ihr Vater die Telefonnummer 116117 gewählt, den Patientenservice der Kassenärztlichen Vereinigung, in deren Auftrag seit dem 1. Oktober am Wochenende sowie am Mittwoch- und Freitagnachmittag Pädiater am Bildschirm beraten.

Burkhard Voigt, Frankfurter Kinderarzt, stellt das telemedizinische Angebot in einem simulierten Gespräch vor: Er sitzt im Homeoffice, Ella zusammen mit ihrem Vater im Kinderzimmer. Der Arzt diagnostiziert die Hand-Fuß-Mund-Krankheit und stellt ein E-Rezept aus, das der Vater in der Notfallapotheke einlösen kann. Das kranke Kind muss weder durch die Stadt gefahren werden noch stundenlang im Wartezimmer sitzen.

Nach einem Monat kann die Kassenärztliche Vereinigung, die das Angebot initiiert hat, eine positive Bilanz ziehen: 86 Prozent aller vorgetragenen Beschwerden konnten direkt beim Video­gespräch abgeklärt werden, in 14 Prozent der Fälle wurde eine weitergehende Un­tersuchung oder auch eine Einweisung in ein Krankenhaus empfohlen.

Angebot bald auch für Erwachsene

Das Angebot spare somit nicht nur Zeit und Wege für die Betroffenen. Es diene auch der Patientensteuerung und leiste in einem Gesundheitswesen, das immer mehr in Anspruch genommen werde, einen Beitrag zur Entlastung, führte Gesundheitsministerin Diana Stolz (CDU), bei der Vorstellung der Onlinesprechstunde aus. Gerade in der Erkältungs- und Grippesaison leiste die Kassenärztliche Verei­nigung (KV) damit einen wichtigen Beitrag zu einer familienfreundlichen Versorgung.

Im nächsten Jahr solle der Ärztliche Bereitschaftsdienst per Videoanruf für alle Patienten am Wochenende ange­boten werden, kündigte Armin Beck, stellvertretender Vorstandsvorstandsvorsitzender der KV, an. Ein entsprechendes Pilotprojekt sei schon in Arbeit.

Die Videosprechstunden für Kinder werden an vier Tagen in der Woche von 50 niedergelassenen Kinderärzten ab­gedeckt, als „freiwillige Leistung“, wie Beck betonte. Darunter sind auch Ärz­tinnen in Eltern- oder Pflegezeit sowie dienstbefreite und ältere Mediziner, die vom Homeoffice aus stundenweise ar­beiten können.

Im ersten Monat kamen laut einer ersten Auswertung der KV die meisten Anfragen aus Frankfurt, wo jüngst der kinderärztliche Bereitschaftsdienst der KV an der Uniklinik geschlossen worden war. Unter der Telefonnummer 166117 können Eltern zunächst die Dringlichkeit ihres Anliegens einschätzen lassen, dann folgt eine Termin­vergabe für die Videosprechstunde. Die Wartezeit dafür betrug im Modellbetrieb des vergangenen Jahres zwischen 20 Minuten und drei Stunden, wie ein Sprecher der KV erläuterte.

Kinderarzt Burkhard Voigt ist dankbar für das Engagement seiner Kolleginnen und Kollegen, die mit ihrem Einsatz eine Versorgungslücke – insbesondere auf dem Land – verkleinerten: „Aber die normale Sprechstunde kann man so nicht ersetzen.“

So funktioniert die Videosprechstunde

Um per Videosprechstunde mit einem Kinderarzt oder einer Kinderärztin zu sprechen, wählt man ohne Vorwahl 116117, die Nummer des Ärztlichen Bereitschaftsdienstes. Dort bekommt man dann einen Online-Termin.

Terminbuchungen sind immer mittwoch- und freitagnachmittags von 14 bis 19 Uhr sowie an Wochenenden, Feier- und Brückentagen von 9.00 bis 19.00 Uhr möglich. Seit Oktober sind die Kinder-Videoärzte an vier Tagen pro Woche im Einsatz. Zuvor war das nur an Brücken- und Feiertagen der Fall.

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