Wirtschaft

Konjunkturprognose: Leider nur gedopt | DIE ZEIT | ABC-Z

Seit drei Jahren steht in jedem Konjunkturgutachten: Ja, die wirtschaftliche Lage ist mies, aber nächstes Jahr wird es besser, dann beginnt der Aufschwung. So hieß es schon 2023 und 2024. Nur gestimmt hat es nie, Deutschlands Wirtschaft schrumpfte weiter. Das Einzige, was wuchs, war die Zahl der Arbeitslosen und der Pleiten. Inzwischen sind so viele Menschen ohne Job wie zuletzt am Ende der Eurokrise, im Jahr 2013.

Und nun? Sagen die Konjunkturforscher wieder voraus, dass es im nächsten Jahr besser werden soll. Diesmal wirklich! Um 0,8 bis 1,3 Prozent wird die deutsche Wirtschaft wachsen, glauben die Experten verschiedener Institute. Das mag nach wenig klingen, wäre aber ein Fortschritt. Schließlich tritt die deutsche Wirtschaft seit 2019 faktisch auf der Stelle, das Bruttoinlandsprodukt liegt heute nicht höher als damals (nach Abzug der Inflation). Eine so lange Zeit des Stillstands gab es noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik. Insofern wäre ein kleines Plus ein Erfolg.

Es ist auch gut möglich, dass es diesmal gelingt (wenn nicht wieder etwas Unvorhersehbares wie Trumps Zollhammer dazwischenkommt). Nur hat der erwartete Aufschwung einen gravierenden Schönheitsfehler: Er kommt vor allem deshalb zustande, weil die Bundesregierung massiv Schulden aufnimmt. Es ist ein Aufschwung auf Pump, der mehr mit Doping zu tun hat als mit echter Leistungskraft. Und das hilft nicht wirklich weiter.

Zwar wirkt das viele Geld, das die Regierung in die Wirtschaft pumpen will, kurzfristig wie ein Aufputschmittel. Aber wirklich stärker und leistungsfähiger macht es die Unternehmen nicht – denn es fehlt an Reformen. Auch das steht in den Konjunkturgutachten. Am Ende sitzt der Staat also womöglich auf Hunderten Milliarden Euro neuer Schulden, ohne dass sich viel verbessert hätte.

Besonders beunruhigend ist eine Zahl, die das ifo Institut ermittelt hat: Aus eigener Kraft, also ohne Doping oder andere Sondereffekte, bewegt sich die deutsche Wirtschaft bis 2030 auf eine kümmerliche jährliche Wachstumsrate von 0,1 Prozent zu. Mehr schafft sie nicht. Das ist von Stillstand kaum zu unterscheiden.

Die von der Bundesregierung bisher beschlossenen Weichenstellungen reichen demnach nicht aus, um Deutschlands Schwächen auszugleichen. Als da wären: hohe Steuern, hohe Lohnkosten, hohe Sozialabgaben, hohe Energiepreise, viel Bürokratie, wenig innovative Unternehmen und wenig junge Arbeitskräfte, um nur ein paar Probleme zu nennen. Die hohen Zölle in den USA und die gewachsene Konkurrenz aus China kommen noch hinzu.

Zwar will die schwarz-rote Koalition die marode Infrastruktur erneuern und Bürokratie abbauen. Aber das muss erst noch umgesetzt werden. Viele Großreformen hat die Regierung außerdem in Kommissionen ausgelagert und vertagt. Nachhaltige Änderungen am Sozialsystem etwa, die verhindern, dass die Kosten für Arbeitnehmer und Arbeitgeber immer weiter steigen. Über diese schwierigen Themen soll nächstes Jahr weiter diskutiert und dann etwas beschlossen werden. Also in der Zeit, in der womöglich der Aufschwung einsetzt. Wenn die Medien über Wachstum, wirtschaftliche Erholung und neue Jobs berichten. Die Bereitschaft zu unangenehmen Reformen, an der es heute schon mangelt, wird dann erst recht fehlen.

Ist das Taktik? Oder Zufall? Bürger und Politiker sollten sich von diesem geborgten Aufschwung nicht blenden lassen. Sonst sieht es schlecht aus für Deutschlands Zukunft.

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