Kommentar: FIFA-Präsident Gianni Infantino verkauft Chancen, Möglichkeiten und Hoffnungen | ABC-Z

Weil Fußball, der Sport des Passens und Schießens, immer auch Fußball, der Sport des Gebens und Nehmens ist, wissen wir seit Montag, wie viel die Hoffnung kostet und wer sie gekauft hat. Denn am Montag im „House of FIFA“ in Zürich in der Schweiz hatte Gianni Infantino, der Hausherr beim Internationalen Fußball-Verband, „breaking“ News zu verkünden: „Was wir bei der FIFA wollen“, sagte Infantino im selbstverständlich auf Instagram geposteten und mit angemessen dramatischer Musik hinterlegten Film, „ist, jedem Land auf der Welt eine Chance, eine Möglichkeit, eine Hoffnung zu schenken.“
Chance, Möglichkeit, Hoffnung: macht unter dem Strich eine Milliarde Dollar. Die stellt der saudische Entwicklungsfonds zur Verfügung, mit dessen Vorstandsvorsitzendem Infantino am Montag eine Absichtserklärung unterschrieben hat. Kurzer Einschub: Der saudische Entwicklungsfonds ist bitte nicht zu verwechseln mit dem Staatsfonds PIF. Dieser wird von Kronprinz und Fußball-WM-Gastgeber 2034 Muhammad Bin Salman gesteuert, der vergangene Woche erst bei Donald Trump zu Besuch war, wo es neben Trumps Aussage, „Dinge passieren“ eben (konkret: der Mord am Journalisten Jamal Khashoggi, Stichwort Knochensäge), ein Galadinner im Weißen Haus gab, das angesichts der Stammgastrolle von Gianni Infantino derzeit ja auch ein gar nicht mal so kleines bisschen „House of FIFA“ ist.
Über Krieg wird hinweggesehen
Genug gegessen, vom Nehmen zurück zum Entwicklungsfonds und der eine Milliarde Dollar schweren Absichtserklärung, zum Geben also. Denn Gianni Infantino möchte der Welt Chancen, Möglichkeiten und Hoffnung schenken. Im Fußballstadion. Weshalb die Saudis also helfen sollen, Stadien nach FIFA-Standards zu bauen. Vor allem also dort, wo es noch keines gibt. Damit der Fußball „wirklich, wirklich global wird“, wie es Infantino formuliert (weiterhin zu dramatischer Instagram-Musik).
Wer nun einwenden möchte, dass Chancen, Möglichkeiten und Hoffnung womöglich eher durch ein bisschen weniger Krieg (Infantinos Lob für Wladimir Putin nach dessen WM 2018 war so überschwänglich, dass man fast vergessen konnte, dass in Donezk mal ein Stadion mit allem Pipapo nach FIFA-Standards stand, bevor Russland – lange Jahre vor der WM – begann, die Ukraine mit Krieg zu überziehen. Infantino bekam von Putin später einen Orden), zum Beispiel durch ein bisschen weniger Wasserknappheit, ein bisschen weniger Korruption als durch ein paar mehr Fußballstadien sprießen, hat zwar recht, aber den Fußball als Sport des Gebens und Nehmens nie verstanden.
Chancen, Möglichkeiten, Hoffnungen werden nun in Beton, Sitzschalen und Excel-Sheets gegossen werden. Der jeweilige Spielstand wird stolz präsentiert werden von den Rechteinhabern in Zürich und Riad. Es wird davon zu hören sein, wie viele Arbeitsplätze geschaffen wurden und wie viele Kinder auf wie vielen Trainingsplätzen spielen, bis nebenan ein Fußballspiel im Stadion nach FIFA-Standards angepfiffen wird. Und ganz gleich, welche Mannschaften dort spielen werden, ganz gleich, wer passt und wer schießt, die Sieger dieses Spiels stehen längst fest, denn sie haben gegeben, und sie haben genommen. Und sie werden keine Gelegenheit auslassen, die Welt daran zu erinnern. Denn dieses Spiel, das sie spielen, funktioniert wirklich, wirklich global.





















