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Kommandeur der M23-Rebellentruppe: Sultani Makenga führt Offensive in Kongo an – Politik | ABC-Z

Jene, die dem hageren hochgewachsenen Mann in den Hügeln Ostkongos schon mal gegenübersaßen, haben Sultani Makenga als einen Menschen beschrieben, der zurückhaltend wirke und reserviert, beinahe schüchtern. Jedenfalls würde man kaum auf den ersten Blick vermuten, dass dieser Mann als Oberkommandierender eine der schlagkräftigsten afrikanischen Rebellengruppen anführt.

Doch genau in dieser Rolle marschiert er voran: Der 51-Jährige vom Volk der Tutsi befehligt die Rebellentruppe M23, eine hochgerüstete Miliz, die ausgezogen ist, große Gebiete des rohstoffreichen Kongo zu erobern. Tausende Tote haben die Kämpfe in der Provinz Nordkivu allein in den vergangenen Wochen gefordert, Hunderttausende Kongolesinnen und Kongolesen sind – wieder einmal – auf der Flucht. Und die M23 ist kaum aufzuhalten, sie könnte nach der blutigen Einnahme der Stadt Goma bald auch den zweiten großen Ort der östlichen Region überrennen, Bukavu in der Provinz Südkivu.

Ein Aufruf zur Waffenruhe verharrte bislang ungehört

M23 hat einen Konflikt eskaliert, der weit über die Grenzen des Kongo hinausreicht. Die Rebellen werden laut UN-Erkenntnissen massiv vom winzigen, aber schlagkräftigen Nachbarland Ruanda unterstützt, demnach kämpfen an der Seite von M23 Tausende ruandische Soldaten. Straßenkämpfe in Goma gegen die kongolesische Armee forderten viele Todesopfer, nun sind die M-23-Einheiten weiter nach Süden marschiert.

Ein Gipfel afrikanischer Staatschefs in Daressalam endete mit einem Aufruf zur Waffenruhe. Doch es ist nicht erkennbar, dass die Initiative ausreicht, um die Kämpfe zu beenden, geschweige denn den Konflikt beizulegen, dessen Wurzeln weit zurückreichen und auch mit dem Völkermord in Ruanda 1994 zu tun haben. Ihm fielen damals 800 000 Tutsi und gemäßigte Hutu zum Opfer.

Es geht in diesen Konflikten, in die viele bewaffnete Milizen involviert sind, um ethnische Spannungen, um Landrechte, und auch um Ängste, vom jeweiligen Gegner vernichtet zu werden. Reiche Bodenschätze helfen den bewaffneten Gruppen, ihren Kampf zu finanzieren. Auch Ruanda profitiert von den lukrativen Geschäften nach UN-Erkenntnissen, weist dies aber immer wieder von sich.

Rebellenkommandeur Makenga ist in Masisi in der kongolesischen Provinz Nordkivu geboren, am Fuß der Virungaberge, er wuchs bei Rutshuru auf. Als Jugendlicher schloss er sich Tutsi-Rebellen an, die gegen die von Hutus dominierte Armee in Ruanda kämpften. Angeführt wurde diese Truppe damals von Paul Kagame, der nun schon seit vielen Jahren Ruanda beherrscht.

Erst vor wenigen Tagen gab Kagame dem US-Sender CNN ein bizarres Interview zum gegenwärtigen Krieg, in dem er sagte, er wisse nicht, ob sich ruandische Truppen in Kongo befinden.

Die UN haben den Milizenführer mit Sanktionen belegt

Ähnlich vernebelt sind seine Verbindungen zu Makenga. Es bleibt schwer abzuschätzen, wie eng der Tutsi-Führer im Kongo von Kagame geführt wird und wie selbständig Makenga planen kann. Dass Ruanda als wichtigste Schutzmacht für die kongolesischen Tutsi-Rebellen fungiert, ist unumstritten.

Der Kongo-Experte Jason Stearns hat den Lebensweg des Rebellen Makenga nachgezeichnet, demnach stieg er nach Kagames Sieg 1994 in Ruanda als Rekrut in der ruandischen Armee auf, er kämpfte im Zweiten Kongolesischen Krieg (1998 bis 2002), später zählte er zu den engsten Vertrauten des aufständischen Tutsi-Generals Laurent Nkunda im Osten Kongos.

Schon in frühen Jahren war Makengas Talent aufgefallen, Gegner in einen militärischen Hinterhalt zu locken. Er gilt als geübter Stratege, tritt allerdings selten öffentlich auf, offenbar scheut er großes Publikum.

Schon 2012 war der Milizenführer mit UN-Sanktionen belegt worden, die Vereinten Nationen machen ihn verantwortlich für „Tötungen, Verstümmelungen, sexuelle Gewalt, Entführungen und Vertreibungen“. Die US-Regierung hat ihm vorgeworfen, „umfangreiche Grausamkeiten gegen die Bevölkerung in der Demokratischen Republik Kongo“ zu verüben und Kindersoldaten rekrutiert zu haben; ein Vorwurf, den Makenga laut dem Nachrichtensender BBC zurückgewiesen hat.

Als sich der Rebellenführer Laurent Nkunda mit seiner Schutzmacht Ruanda überwarf, wurden seine Truppen nach Verhandlungen im Jahr 2009 in die Armee des Kongo integriert. Makenga bekam die Aufgabe, die Miliz FDLR zu verfolgen – eine Gruppe, in der sich vor allem geflüchtete Hutus aus Ruanda sammelten, vielen wird eine Beteiligung am Völkermord 1994 vorgeworfen. Ruanda verweist auf die mutmaßliche Gefährdung durch die FDLR und rechtfertigt damit immer wieder seine Intervention in Kongo.

2012 lösten sich Makenga und seine Kämpfer wieder aus der kongolesischen Armee, er stieg zum General der aufständischen Gruppe M23 auf, die wie ihre Vorläufer behaupten, sie verteidigten Minderheitenrechte, vor allem der kongolesischen Tutsi.

Er selbst bezeichnet sich als professioneller Soldat, „Mein Leben ist der Krieg“, sagte Makenga einmal 2013. „Ich glaube, dass ich aus dem richtigen Grund kämpfe: um Frieden zu bringen, Einheit und gutes Regieren.“ Seine drei Kinder sollten es einmal besser haben als seine Generation. Doch derzeit deutet nichts in Kongo auf eine Zukunft in Frieden hin, eher schon auf die Gefahr, dass sich der Konflikt immer weiter ausdehnt und andere Länder mit verstrickt.

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