Koks in Europa – Kokain bei Mumien in Mailand | ABC-Z
San Francisco. In Hunderte Jahre alte Gehirne finden Forscher Spuren von Kokain: Der Konsum in Europa reicht unerwartet weit in die Vergangenheit zurück.
Kokain wird in Europa schon viel länger konsumiert, als bisher angenommen wurde. In Mailand fanden Archäologen Spuren der Droge in Mumien aus dem 17. Jahrhundert. Bisher glaubte man, Kokasträucher seien frühestens um 1750 von Südamerika nach Europa gebracht worden.
Fündig wurden die Forscher in der Ca‘ Granda Gruft, einer Begräbnisstätte des ehemaligen Krankenhauses Ospedale Maggiore. Sie untersuchten das mumifizierte Gehirngewebe von neuen Menschen aus dem 17. Jahrhundert – zwei davon wiesen Spuren von Kokain auf.
Kokain als Selbstmedikation?
Die Radiokarbon-Datierung der Knochen beseitigte den letzten Zweifel: Die zwei Koks-Konsumenten lebten vor etwa 350 Jahren. Da sie im Krankenhaus waren und eine Person Anzeichen von Syphilis aufweist, könnten sie die Kokablätter zur Selbstmedikation gekaut haben.
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Das schließt man daraus, dass Kokain als Behandlungsmethode im Krankenhaus erst im 19. Jahrhundert erwähnt wurde. Dass sie Kokablätter kauten, steht außer Frage, weil man im Gehirngewebe Hygrin fand. Das weist darauf hin, dass das Kokain vom Verzehr von Kokablättern stammte. Der Konsum von Kokainsalz – die Methode der heutigen Droge – erzeugt kein Hygrin.
Wie kamen die Mailänder zu Droge?
Über die Studie berichtet das Journal of Archaeological Science in seiner Oktoberausgabe. Die Hauptautorin der Studie, Gaia Giordano von der Universität Mailand, spricht von einem außergewöhnlichen Fund: „Damit datieren wir unser Wissen über das Vorkommen der Pflanze um fast zwei Jahrhunderte zurück.“
Kokapflanze ist in Südamerika heimisch. Die Inka-Bevölkerung betrachtet sie als Heilpflanze, kannte ihre berauschende Wirkung und setzte sie in der Medizin als Antiseptikum, aber auch zur Unterstützung der Verdauung oder zur Heilung von Asthma ein. Schon der italienische Entdecker Amerigo Vespucci beschrieb um 1499, wie die Ureinwohner Kokablätter mit Limette und gerösteten Schalen kauten.
Wie die Mailänder zur Pflanze aus der Neuen Welt kamen, ist unklar. Aber da das Herzogtum Mailand im 17. Jahrhundert unter spanischer Herrschaft stand, ist es plausibel, dass einige Kokapflanzen über den Seehandel nach Norditalien kamen, vermutlich ohne Wissen der Behörden. Die zwei Menschen könnten die Kokablätter, so heißt es in der Studie, „wegen ihrer belebenden Wirkung oder zu Erholungszwecken gekaut“ haben.
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