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Beliebtester Bücherschrank Münchens: Warum manche Bücher nicht hinein dürfen | ABC-Z

München – Der Schrank ist rot – und aus pulverbeschichteten Stahl. Seine gläserne Tür zieht eine Feder zu: “Das ist wichtig, damit die schönen Bücher nicht nass werden”, sagt Rüdiger Schaar. Er organisiert den Bücherschrank vor dem Pasinger Rathaus mit sieben freiwilligen Paten. “Jeden Tag geht ein anderer an den Schrank und sorgt einfach ein bissl für Ordnung: Die Kinderbücher nach unten. Bücher mit zerfledderten Einbänden raus, auch Bücher, die länger als eine Woche nicht mitgenommen wurden”, sagt er.

Bücherschränke in München: In manchen stehen die Bücher kreuz und quer

Es gibt in München auch “unbewirtschaftete” Schränke: “Dort stehen die Bücher kreuz und quer und in der dritten Reihe – da ist Kraut und Rüben”, weiß Schaar. Gut erhaltene Spiele, CDs und DVDs gehören strenggenommen nicht in einen Bücherschrank. Doch in Pasing dürfen sie bleiben. “Die Bibel und der Koran sind Weltliteratur.”

Bücherschrank-Organisator Rüdiger Schaar (64). Er ist Pasinger Lokalpolitiker und Mediziner.
Bücherschrank-Organisator Rüdiger Schaar (64). Er ist Pasinger Lokalpolitiker und Mediziner.
© Dr. Rüdiger Schaar
Bücherschrank-Organisator Rüdiger Schaar (64). Er ist Pasinger Lokalpolitiker und Mediziner.

von Dr. Rüdiger Schaar

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“Doch Missionierungsbroschüren evangelikaler Christen sortiere ich aus”, sagt der Mediziner im Krankenhaus III. Orden und SPD-Lokalpolitiker im Pasinger Bezirksausschuss. Was die Schrank-Paten aussortieren, landet radikal im Papiermüll: ob veraltete IT-Schulungsunterlagen oder ein zehnbändiges Lexikon, das keiner möchte.

Rüdiger Schaar ist überrascht, was er für wertvolle Bildbände im Pasinger Bücherschrank entdeckt hat, auch gebundene Roman-Neuerscheinungen. Zuletzt hat er sich “Die Welt der Pflanzen und wie sie Geschichte machen” von Stefano Mancuso herausgefischt, das Hardcover kostet 25 Euro. “Das war nett. Ich hatte die Besprechung gesehen. Ein tolles Buch“, meint Schaar. 

Johannes Mario Simmel-Schmöker, aus Omas Bücher-Regal, können viele Bücherschrank-Fans fast nicht mehr sehen, so häufig werden diese Bestseller aus den Siebzigern eingestellt. Doch es gibt auch Bergliteratur oder aktuelle Krimis.

Es gibt auch Menschen, die Bücher stehlen und verkaufen

Kurios und kriminell: Rüdiger Schaar berichtet, dass Besucher leider mit der Medimops-App (über die gebrauchte Bücher verkauft werden) den Bücherschrank durchforsten. Bücher, für die es ein paar Euro gibt, nehmen sie an sich. Als der Pasinger Bücherschrank 2016 noch neu war, sei er eine Weile nachts mit dem Auto angefahren worden – und komplett ausgeräumt worden.

Der Pasinger Bücherschrank ist der allererste in München auf öffentlichem Grund. Rüdiger Schaar war dafür Wegbereiter. “Damals waren noch zwölf Stellen in die Genehmigung eingebunden, heute geht das sehr schnell. Ein Bücherschrank gilt als soziales Projekt”, sagt Schaar. 33 Schränke gibt es in der Stadt auf öffentlichem Grund, mindestens acht auf privaten Flächen. Vor der Pasinger Fabrik wird dieses Jahr ein Extra-Schrank nur für Kinderbücher aufgestellt.

“Beim Lesen entstehen eigene Bilder im Kopf”

So voll ist der Pasinger Schrank manchmal, dass die Türe kaum zugeht. Mit ein Erfolgsfaktor sind die vielen nahen Sitzbänke vor dem Pasinger Rathaus – um in Ruhe in ein Buch hineinzulesen. Auch der Kinderspielplatz daneben.

“Der Platz ist besucht, der Schrank gut sichtbar. Es gibt hier eine soziale Kontrolle und es macht neugierig, wenn jemand ein Buch herausnimmt. Unser Schrank ist ein echter Magnet”, erklärt Rüdiger Schaar. Er gilt als der beliebteste der Stadt. “Der am Nordbad läuft aber auch sehr gut, auch der in Moosach”, so Schaar. Leseentdeckungen machen den Mediziner “total glücklich”.

Er ist froh, dass das Glück des Lesens nicht in Vergessenheit geraten ist: “Leser erkunden eine neue Welt. Dazu entstehen eigene Bilder im Kopf. Das entschleunigt und tut so gut.”

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