Kinder: Bin ich schön genug? – Gesellschaft | ABC-Z

Dieser Text stammt aus dem Familien-Newsletter der Süddeutschen Zeitung, der jeden Freitagabend verschickt wird. Hier können Sie ihn abonnieren.
Liebe Leserin, lieber Leser,
vergangene Woche stand meine vierjährige Tochter traurig vor dem Spiegel. „Ich will auch so lange Haare haben wie Elsa. Meine sind viel zu kurz“, sagte sie geknickt. Elsa – die Eiskönigin aus dem bekannten Disney-Film – ist gerade ihr großes Vorbild. Wie viele ihrer Freundinnen ist sie ganz verzaubert von dieser Figur. Sie singt ihre Lieder, trägt hellblaue Kleider – und träumt davon, genauso auszusehen. Oder zumindest: ihre Frisur zu haben.
Natürlich ist es schön, sich zu verkleiden, in Fantasiewelten einzutauchen. Das habe ich als Kind auch geliebt – nur hießen meine Heldinnen nicht Elsa, sondern Pippi Langstrumpf, Robin Hood oder Sailor Moon. Trotzdem hat mich dieser Moment beschäftigt. Denn meine Tochter beginnt schon mit vier Jahren, ihr Aussehen zu bewerten – und orientiert sich dabei an einem Idealbild aus den Medien.
Filme wie Die Eiskönigin zeigen ein einseitiges Schönheitsideal – immer dieselben Gesichter, Körperformen, dieselbe Art von „Zauberhaftigkeit“. Vielleicht ist das ein Grund, warum Kinder heute schon mit acht Jahren zu Make-up greifen, wie meine Kollegin Claudia Fromme schreibt. In sozialen Medien begegnen ihnen täglich perfekte Gesichter – oft gefiltert oder KI-generiert. Je früher Kinder diesen Bildern ausgesetzt sind, desto früher beginnt der Vergleich. Diese schon etwas ältere SZ-Recherche über Magersucht und Social Media zeigt, wie gefährlich das werden kann.
Doch auch wir Erwachsene sind nicht frei von den Körperbildern, die Film, Werbung und digitale Plattformen prägen. Das wurde mir bewusst, als ich mich kürzlich mit Konfektionsgrößen und dem damit verbundenen Druck beschäftigte. „Wir müssen aktiv und mit viel Selbstreflexion an diesen Themen arbeiten, um uns ein Stück davon zu befreien, wohl wissend, dass das schwierig ist“, sagte mir die Psychoanalytikerin Helga Krüger-Kirn, die zu Körperlichkeit forscht.
Wie also können wir unsere Kinder bestärken, sich selbst schön zu finden – so, wie sie sind? Vielleicht, indem wir es ihnen vorleben. Indem wir lernen, uns selbst mit einem liebevollen Blick zu betrachten – statt uns ständig optimieren zu wollen. Indem Make-up und schöne Kleidung für uns Ausdruck von Freude sind, nicht von Mangel. Und indem wir zeigen, dass Schönheit viele Gesichter hat – und dass das eigene dazugehört.
Ein schönes Wochenende wünscht,
Marie-Louise Timcke