Politik

Kiew und Washington beginnen Gespräche über Waffenruhe | ABC-Z

Dschidda

Eineinhalb Wochen nach desaströs verlaufenen Gesprächen im Weißen Haus sind Vertreter der USA und der Ukraine in der saudi-arabischen Küstenstadt Dschidda zu Beratungen über ein Ende des russischen Angriffskriegs zusammengekommen. Das Außenministerium in Kiew veröffentlichte Videos, das die Delegationen beider Länder am Verhandlungstisch zeigt. Wenige Stunden davor hatte die Ukraine nach russischen Angaben Moskau und Umgebung massiv mit Drohnen angegriffen.

Der Chef des Präsidentenbüros, Andrij Jermak, der die ukrainische Delegation anführt, zeigte sich optimistisch: Kiew setze auf „sehr konstruktive, tiefe, freundschaftliche und partnerschaftliche Gespräche“ mit den USA, sagte er Journalisten vor dem Beginn.

Jermak stehen bei den Gesprächen Außenminister Andrij Sybiha und Verteidigungsminister Rustem Umjerow zur Seite. Das US-Verhandlungsteam wird von Außenminister Marco Rubio und dem nationalen Sicherheitsberater Michael Waltz angeführt.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj nimmt nach dem Eklat im Weißen Haus mit US-Präsident Donald Trump nicht an dem Treffen teil. Trump und dessen Vize J.D. Vance hatten den ukrainischen Staatschef vor laufenden Kameras scharf zurechtgewiesen und ihm Undankbarkeit und mangelnden Friedenswillen unterstellt.

USA erwarten Zugeständnisse von Kiew

Vor der Dschidda-Runde betonte Rubio, dass Diplomatie die einzige Lösung für den Krieg sei. Beide Seiten müssten sich darüber im Klaren sein, dass es keine militärische Lösung gebe, sagte er. Russland könne nicht die gesamte Ukraine erobern, und „offensichtlich“ würde es sehr schwierig werden für die Ukraine, die Russen in einem angemessenen Zeitraum wieder dorthin zurückzudrängen, wo sie 2014 gewesen seien. Damit dürfte Rubio die international anerkannten Grenzen der Ukraine gemeint haben.

Rubio sprach nach Angaben aus dem US-Außenministerium vor dem Treffen von Zugeständnissen, die die Ukraine machen müsse. Die US-Seite werde versuchen zu verstehen, was Kiew bereit sei zu tun, um Frieden zu erreichen. Das könne unvereinbar sein mit dem, wozu die Russen bereit seien. Das gelte es, herauszufinden. Rubio deutete an, dass die Ukrainer auch wieder mehr US-Hilfe erwarten könnten, wenn die Gespräche gut verliefen.

Ukraine schlägt schrittweise Entspannung vor

Kiew versucht bei den Gesprächen, einen von den Europäern in die Diskussion eingebrachten Vorschlag zu lancieren. Demnach soll zunächst eine Waffenruhe zu Luft und zu Wasser die Lage entspannen. Dies käme vor allem Zivilisten zugute, die immer wieder Opfer von Raketen- und Drohnenangriffen auf das Hinterland werden. 

Der Ukraine sind zudem Sicherheitsgarantien wichtig. Damit will Kiew verhindern, dass Russland seinen Angriffskrieg wieder aufnimmt, wenn es neue Kraft geschöpft hat.

Russland: Ukraine versucht, Friedensprozess zu stören

Russland verfolgt die Gespräche in Dschidda genau. Der Kreml erhob zugleich schwere Vorwürfe gegen Kiew wegen eines massiven ukrainischen Drohnenangriffs auf die russische Hauptstadt und das Moskauer Umland in der Nacht zum Dienstag. Während die Amerikaner sich bemühten, zu vermitteln und dabei den Friedenswillen der Ukrainer auszuloten, versuchten diese, „die sich abzeichnenden Tendenzen zu verderben“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. 

Er warf der Ukraine den absichtlichen Beschuss ziviler Objekte vor. Während russische Soldaten „militärische und militärnahe Ziele“ ins Visier nähmen, beschösse die Ukraine gezielt Wohnhäuser, behauptete er. Dabei gehören zivile Todesopfer und zerstörte Infrastruktur durch russischen Beschuss zum Alltag in der Ukraine.

Drei Tote bei Moskau nach ukrainischen Drohnenangriffen

Nach Angaben des russischen Verteidigungsministeriums wurden in der Nacht 337 ukrainische Drohnen über zehn russischen Gebieten zerstört. Allein über der Region Moskau waren es demnach 91 Drohnen, über der Region Kursk 126. Mindestens drei Menschen in der Region Moskau wurden getötet. Nach Angaben des Moskauer Bürgermeisters Sergej Sobjanin wurden 74 Drohnen im Anflug auf die Hauptstadt abgeschossen – so viele wie nie zuvor. 

An sechs russischen Flughäfen waren aus Sicherheitsgründen für einige Stunden keine Starts und Landungen zugelassen. Zu solchen Einschränkungen kommt es im Zusammenhang mit Drohnenangriffen, da durch den Einsatz der russischen Flugabwehr keine Starts und Landungen möglich sind.

Moskau bleibt bislang bei Maximalforderungen

Russland hat grundsätzlich Verhandlungsbereitschaft signalisiert, hält aber an Maximalforderungen fest. Neben den bereits eroberten Gebieten erhebt Moskau demnach auch Anspruch auf weitere Landstriche, die noch unter Kontrolle Kiews stehen. Auch den geplanten Nato-Beitritt der Ukraine nennt die russische Führung unannehmbar – und hat in dem Punkt schon vor Beginn der Verhandlungen in Trump einen Fürsprecher gefunden. Die Forderung nach einer „Entnazifizierung der Ukraine“ dient Moskau zudem wohl dazu, sich weiterhin Einfluss auf die Politik in Kiew zu sichern.

Peskow wies Vorwürfe zurück, dass diese Forderungen unannehmbar seien. Er dementierte zudem Medienberichte, wonach Russland zu einer halbjährigen Waffenruhe vor einem eigentlichen Friedensschluss bereit sei. In westlichen Medien würden oft Falschmeldungen verbreitet, sagte er dazu. 

Moskau sieht keinen Grund zu Zugeständnissen. An der Front hat der Kreml aus seiner Sicht die Oberhand. Zuletzt hatten seine Truppen im westrussischen Gebiet Kursk, das die Ukraine gegen eigene von Russland besetzte Gebiete eintauschen will, deutliche Fortschritte erzielt.


Hinweis: Diese Meldung ist Teil eines automatisierten Angebots der nach strengen journalistischen Regeln arbeitenden Deutschen Presse-Agentur (dpa). Sie wird von der AZ-Onlineredaktion nicht bearbeitet oder geprüft. Fragen und Hinweise bitte an feedback@az-muenchen.de

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"