KI ist auch nur ein Mensch | ABC-Z

Die Künstliche Intelligenz ist die Zukunft! Sie wird uns Menschen ersetzen! Alles wird schneller, einfacher und effizienter. Oder doch nicht? Was, wenn ein Start-up-Unternehmen einen Chatbot namens „Natasha“ entwickelt und nur vorgibt, dank Künstlicher Intelligenz zu funktionieren? Und sich dann herausstellt: Das waren Menschen, Hunderte Programmierer aus Indien, die alle Anfragen bearbeitet haben sollen. Wo ein Kalauer auf der Hand liegt, muss man im Netz nicht lange suchen. „Im Grunde war alles wie echte künstliche Intelligenz“, witzelt ein Investor auf der Plattform X. Denn es habe ständig Probleme bei den „von der KI geschriebenen“ Apps gegeben, auch die Codes seien unlesbar gewesen. Und es kursieren schlechte Witze wie jener, dass A.I. für „Actual Indians“ oder „Alles Inder“ stehe.
Das Londoner Start-up-Unternehmen Builder.ai wollte in die Champions League der Techbranche aufsteigen – und ist nun zum Gespött im Netz geworden. Das Unternehmen hat Insolvenz angemeldet. Verkündet hat das Unternehmen diese Nachricht auf der sozialen Plattform Linkedin. Darin heißt es schwülstig: Das Unternehmen sei nicht in der Lage gewesen, sich von „historischen Herausforderungen und den Entscheidungen der Vergangenheit zu erholen, die seine finanzielle Lage erheblich belasteten“.
Eine „Fake it till you make it“-Mentalität?
Wirklich? Immerhin stand eine Reihe von namhaften Investoren hinter dem Start-up. Der Tech-Gigant Microsoft, die Risikokapital-Firma Insight Partners und der qatarische Staatsfonds – mehr als 450 Millionen Dollar sollen geflossen sein. Eine Investition in ein vielversprechendes, aber schnelllebiges Geschäft. Die Tücken, die damit verbunden sind, zeigt der Fall eindrücklich.
2016 gegründet, wollte das Unternehmen Kunden dabei helfen, mobile Apps zu entwickeln. Ein Servicedienstleister im altruistischen Gewand, der den Hype um die KI ausnutzen wollte. Das Unternehmen gedieh, obwohl das „Wall Street Journal“ schon 2019 über Zweifel in der Techbranche an dem Geschäftsmodell berichtete. Die KI-Ansprüche seien selbst angesichts der unter Tech-Start-ups verbreiteten „Fake it till you make it“-Mentalität übertrieben gewesen, stellte das Blatt fest – zutreffend, wie inzwischen klar ist. Nun also ist die Blase geplatzt.
Jüngst schrieb die Nachrichtenagentur Bloomberg, dass das KI-Start-up über Jahre Scheingeschäfte mit dem indischen Social-Media-Unternehmen „VerSe Innovation“ betrieben habe. So habe Builder.ai seine Umsatzprognosen für das Jahr 2024 um 300 Prozent übertrieben. Hybris unter den Tech-Bros, kein neues, aber ein gefährliches Phänomen.
Über seinen Erfolg sagte der Gründer des insolventen Start-ups: „Sie müssen sich auf den langfristigen Gewinn konzentrieren, nicht auf den kurzfristigen Schmerz.“ Welch lyrisch-kitschige Worte. Der Mann hat ja auch gut reden. Finanziell wird ihn die Insolvenz wahrscheinlich nicht arg treffen. Im Zweifel hat er seine Schäfchen längst ins Trockene gebracht.