Kegelbrüder müssen vor Gericht – doch es gibt ein Problem | ABC-Z

Madrid. Drei Jahre sind seit dem Brand auf Mallorca vergangen. Die Ermittlungen gegen die Kegelfreunde sind abgeschlossen. Doch ein Problem bleibt.
Mutmaßliche Exzesse und Straftaten ausländischer Touristen und Residenten auf Mallorca sorgen jedes Jahr für Negativschlagzeilen – und beschäftigen die spanische Justiz. Deren Mühlen mahlen sehr langsam. Doch in einem der Aufsehen erregenden Fälle der vergangenen Jahre sind jetzt die Ermittlungen abgeschlossen, wie das Oberste Inselgericht auf Anfrage dieser Redaktion bestätigte: Im Fall der 13 Kegelfreunde aus dem Münsterland, die 2022 im „Ballermann”-Partyviertel einen Großbrand verursacht haben sollen, naht der Gerichtsprozess in Palma. Der Vorwurf: gemeinschaftlichen Brandstiftung mit Personengefährdung.
Eine Sprecherin der Obersten Gerichtsbehörde der Balearischen Inseln in Palma teilte dieser Redaktion auf Anfrage mit: „Bezüglich des Brandfalls in s’Arenal ist die Ermittlungsphase abgeschlossen. Der zuständige Ermittlungsrichter hat das Verfahren an das Landgericht weitergeleitet, das nun einen Termin für die Verhandlung festlegen muss.“ Angesichts des großen Staus von Strafprozessen kann es allerdings noch Monate dauern, bis das Verfahren vor Gericht tatsächlich anrollt – nur ein Beispiel für die Trägheit der spanischen Justiz.
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Kegelbrüder auf Mallorca: Gericht ermittelt seit Brand 2022
Die Ermittler werfen der deutschen Touristengruppe vor, am 20. Mai 2022 von ihren Hotelbalkonen glimmende Zigaretten auf das Schilfdach einer Barterrasse geworfen zu haben. Auch Alkohol sei auf das Dach gekippt worden. Dadurch sei zunächst die Schilfbedeckung in Flammen aufgegangen. Dann brannten auch die Bar, ein darunterliegendes Bordell und ein benachbartes Wohngebäude. Zudem wurde die Hotelfassade beschädigt. Es gab zwei Leichtverletzte und erheblichen Sachschaden.
Für die Mitglieder des Kegelvereins „Stramm am Tisch“ war damit gleich am ersten Tag der Urlaub zu Ende. Die 13 Männer wurden festgenommen, saßen dann in U-Haft und kamen im Juni 2022 frei – nach Zahlung einer gemeinschaftlichen Sicherheitsleistung von insgesamt 500.000 Euro für Sachschäden und weitere zivilrechtliche Schadenersatzforderungen. Die Kegelbrüder, von denen einige damals in der Heimat bei der Freiwilligen Feuerwehr dienten, beteuern bis heute ihre Unschuld.
Im Mai 2022 kam es am Ballermann auf Mallorca zu einem Brand im Restaurant „Why not“. Eine Gruppe Kegelfreunde aus dem Münsterland soll ihn verursacht haben.
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Gruppenvergewaltigung: Deutsche warten in der Heimat auf den Prozess
Im Justizpalast in Mallorcas Inselhauptstadt Palma stapeln sich indes die Akten mit Ermittlungsverfahren. Immer wieder geraten Feriengäste in die Mühlen der Justiz, nachdem sie – oftmals nach größerem Alkoholkonsum – mit dem spanischen Gesetz in Konflikt kamen. Nicht selten handelt es sich bei den Beschuldigten um Partytouristen aus dem deutschsprachigen Raum – was auch damit zusammenhängt, dass Mallorca-Urlauber aus Deutschland, der Schweiz und Österreich zusammengerechnet 40 Prozent aller Feriengäste ausmachen.
So sind etwa die Ermittlungen in einem anderen Fall, der mutmaßlichen Gruppenvergewaltigung einer jungen Urlauberin durch sechs Sauerländer im Sommer 2023, noch im Gange, wie das Gericht mitteilt. Doch auch hier müssen sich die deutschen Beschuldigten, die erst nach einer längeren U-Haft in die Heimat nach Lüdenscheid zurückreisen durften, auf einen Prozess einstellen. „Sobald die Ermittlungsphase abgeschlossen ist, wird der Fall an das zuständige Gericht übergeben, das dann das Verfahren verhandeln wird“, heißt es in der Gerichtsmitteilung an diese Redaktion. Der Termin für das Verfahren vor dem Landgericht in Palma stehe aber noch nicht fest.
Das Gleiche gilt für einen weiteren mutmaßlichen sexuellen Übergriff in 2023. Ermittelt wird gegen einen Schweizer und sieben Franzosen, die Beschuldigten sitzen bereits seit fast zwei Jahren auf Mallorca in U-Haft. Der österreichische Chef eines Beachclubs am Partystrand Platja de Palma wartet ebenfalls auf seine Gerichtsverhandlung: Gegen ihn wird seit einem Jahr wegen fahrlässiger Tötung ermittelt, nachdem beim Einsturz der Dachterrasse des Medusa Beach Clubs im Sommer 2024 vier Menschen starben.
Spaniens Gerichte sind überlastet – Fälle stapeln sich
All diese Fälle zeigen: Die Untersuchungsrichter in Palma sind chronisch überlastet. Es dauert daher oft Jahre, bis die Ermittlungen abgeschlossen sind und ein Prozesstermin angesetzt wird. Die Situation in Palma ist kein Sonderfall, sondern sie ist symptomatisch für die generelle Überlastung der spanischen Gerichte – besonders in der Ermittlungsphase. Für Anwälte, Opfer und Beschuldigte einer Straftat ist die Langsamkeit der spanischen Justiz zermürbend. Und sie erschwert für alle Seiten die Suche nach Gerechtigkeit.
In Spanien leitet übrigens nicht der Staatsanwalt (wie im deutschsprachigen Raum) die Ermittlungen, sondern ein Untersuchungsrichter. Diese Ermittlungsrichter klagen seit Langem über Arbeitsüberlastung: Es mangelt an Personal, an Hilfsmaterialien, die Digitalisierung der Arbeitsabläufe stockt – in vielen Gerichtsbüros reichen die Papierstapel bis zur Decke.
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Diese Zustände bekam auch der frühere deutsche Rockerkönig Frank Hanebuth zu spüren, der im Sommer 2013 auf Mallorca wegen des Vorwurfs der Bildung einer kriminellen Vereinigung vorübergehend festgenommen worden war. Er musste zehn Jahre auf seinen Prozess warten – in dem er schließlich im Jahr 2023 freigesprochen wurde. In seinem Verfahren wurde deutlich, wie die lange Warterei den Prozess beeinträchtigt: Manche Zeugen konnten sich kaum noch an das Geschehene erinnern oder sie waren nicht mehr auffindbar.