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Kaufbeuren: Verkleideter Oberbürgermeister verfolgt anonymen Zettelschreiber – Bayern | ABC-Z

Es muss eine kuriose Szene gewesen sein, die sich am Donnerstagvormittag in Kaufbeuren abspielte. Der Oberbürgermeister der Stadt Kaufbeuren, Stefan Bosse (CSU), verfolgte an Weiberfasching in seinem goldenen Elvis-Kostüm einen schwarz gekleideten Mann quer über den Wochenmarkt. Mehrere Hundert Meter weit, im Lauftempo. Immer wieder rief der Oberbürgermeister, der Mann solle stehen bleiben, er solle nicht so feig sein. Doch dieser entkam unerkannt. Zunächst jedenfalls.

Die skurrile Verfolgungsjagd hat einen durchaus ernsten Hintergrund. Bosse bekommt seit mehreren Jahren merkwürdige bis bedrohlich wirkende Zettel geschickt, die im städtischen Briefkasten am Rathaus eingeworfen werden. Ohne Absender. „50 bis 60 Zettel waren das über die Jahre“, sagt Bosse der SZ am Telefon. In diesen wird er mal kritisiert, mal verächtlich gemacht. „Seit einem Jahr sind es auch Gegenstände, die an mich adressiert werden“, erzählt Bosse.

Zum Beispiel Schokotaler, versehen mit einem Zettel, die plötzlich an seiner Bürotür hingen. Darauf stand, er solle sich ein Beispiel an Dagobert Duck nehmen, der besser mit Geld umgehen könne. Oder eine Taschenlampe mit der Notiz, dass ihm doch bitte bald ein Licht aufgehen möge. Für den Oberbürgermeister, der 20 Jahre lang selbst Polizeibeamter war, sei das immer zu wenig gewesen, um Anzeige gegen Unbekannt zu erstatten. In der Vergangenheit wurde er bereits mehrfach bedroht, von anderen Personen. Einmal auch mit dem Tod. Damals erstattete er Anzeige, die Polizei ermittelte den Täter.

Dennoch sagt er, sei die Situation dieses Mal irgendwann „beklemmend“ gewesen, wenn man auf diese Weise „gestalked“ werde. Auch seine Mitarbeiter hätten sich zunehmend unwohl gefühlt. Bosse sagt, er sei nicht der einzige Adressat dieser Zettel gewesen. Nachdem er die Sache vor einem Jahr das erste Mal öffentlich gemacht habe, habe sich ein Unterwäschegeschäft aus der Stadt bei ihm gemeldet. Auch dort habe man einen Zettel erhalten. Inhalt: Man solle sich schämen, Frauenunterwäsche öffentlich auszustellen.

Plötzlich fiel dieser Mann auf

Im Januar dieses Jahres lud OB Bosse dann die ganze Stadt auf eigene Rechnung zu einem Empfang im Rathaus ein. Bosse war gerade 60 Jahre alt geworden und wollte mit den Bürgern ein wenig feiern. „Auf dieser Feier fiel einer Mitarbeiterin dann ein Mann auf, der ihr seltsam vorkam“, erzählt Bosse. Der Mann habe sich mit niemandem unterhalten, sei immer ein wenig umhergeschlichen und habe alles beobachtet. Und genau diesen Mann habe die Mitarbeiterin dann am Donnerstagvormittag vor dem Briefkasten des Hauses zufällig wiedererkannt.

„Ich bin runter und habe den Mann gefragt, ob er derjenige sei, der diese Zettel schreibt“, sagt Bosse. Daraufhin sei der Mann quasi geflüchtet. Und OB Bosse, als Elvis verkleidet, ist hinterher. „Ich hätte ihn ohne Weiteres zu Fall bringen können, aber weshalb sollte ich das tun? Ich wollte ja nur mit ihm sprechen.“ Mittlerweile habe sich eine Frau im Rathaus gemeldet, die den mutmaßlichen Zettelschreiber habe identifizieren können. Er soll psychische Probleme haben. Bosse sagt, er will das Ganze jetzt erst einmal auf sich beruhen lassen. Aber nur, wenn die Sache mit den Zetteln und Gegenständen ein Ende findet. Der Oberbürgermeister ist laut einer Mitteilung aus dem Rathaus aber weiter an einem Gespräch mit dem Mann interessiert.

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