Katholische Bischöfe wollen im Krieg „der Stärke des Rechts dienen“ | ABC-Z

Wie stehen die katholischen Bischöfe zur Aufrüstung? Das Ziel müsse immer der Frieden sein, sagt Militärbischof Overbeck. Das Militär müsse statt des Rechts des Stärkeren der Stärke des Rechts dienen.
Der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck kommt mit Akten beladen. Er entschuldigt sich. Er wolle die Aktenordner nur noch schnell in sein Zimmer im Tagungshaus bringen. Dann hat er Zeit über etwas zu reden, über das man Kirchenvertreter selten reden hört: die Bundeswehr.
Overbeck ist Militärbischof, seit 14 Jahren bereits, wie er selbst im Gespräch mit dem WDR betont. Eben hatten er und die anderen katholischen Bischöfe, die gerade im Kloster Steinfeld in der Eifel tagen, noch den Bischof der syrischen Stadt Homs zu Gast. Er erzählte von den Nöten der Christen in Syrien und seiner eigenen Entführung durch den IS.
„Wir leben in deutlich anderen Zeiten“, ist einer der ersten Sätze, die Overbeck sagt. „Mir ist wichtig darauf hinzuweisen: Alle Aufgaben, die das Militär jetzt zu übernehmen hat, müssen vor allem der Stärke des Rechts dienen, gegen einem eingefordertem Recht des Stärkeren.“
Er meint damit nicht nur Syrien. Er meint Europa, Deutschland und damit auch die Bundeswehr. Dass die besser ausgestattet werden muss, fordert er seit Jahren. „Es tritt jetzt ein Ernstfall ein, von dem alle hofften, dass er nicht eintritt.“ Jetzt aber sei die Wahrscheinlichkeit dafür groß, und deshalb müsse die Bundeswehr in Stand gehalten werden.
Jede Form von Gewalt ablehnen?
Wie passt das mit seinem eigenen Glauben zusammen, dass er Panzer und Gewehre fordert? Natürlich habe Jesus Christus den Frieden selig gesprochen, sagt er. „Und er hat für die Aggression einen bitteren Preis bezahlen müssen, nämlich sein eigenes Leben.“ Der Christ Overbeck bleibe deshalb immer ein „kritisches Gegenüber“.
Jede Gewaltanwendung müsse geprüft werden, das ist Overbeck wichtig. Ist die Form angemessen, mit der das Ziel, „dem Frieden zu dienen, Aggressionen abzuwehren“, erreicht werden soll? „Für die demokratische, rechtlich basierte Ordnung einzutreten, ist das oberstes Ziel. Weil das auf die Weise, die ich bis heute sehe, am meisten der Freiheit und damit der Würde des Menschen und damit auch dem Glauben dient.“
Besonders in der evangelischen Kirche gibt es Vertreterinnen und Vertreter, die jede Form von Krieg und Gewalt ablehnen. Was entgegnet er denen? Overbeck richtet sich auf, die Sätze werden plötzlich kürzer, fast barsch. „Egal, wer mir das sagt. Ich würde jeden fragen: Wie willst Du denn die Ziele sonst erreichen, die der Stärke des Rechts dienen, gegen das Recht des Stärkeren? Ich kenne keine.“ Seufzend und mit ruhigerer Stimme ergänzt er: „Leider Gottes“.
Viele Politiker treiben die Fragen um Frieden um
In seiner Arbeit als Militärbischof begegnet er vielen Soldatinnen und Soldaten. Und die hätten durchaus Erwartungen an die Kirchen. Einerseits wünschen sie, dass er als Seelsorger für sie da ist. Andererseits reflektiert er mit ihnen aber auch die friedensethischen Perspektiven eines Militäreinsatzes.
Für die Soldaten habe sich mit der Verschärfung des Konflikts nicht viel geändert, so sein Eindruck: „Sie hatten den Ernstfall immer vor Augen.“
Viele Politiker, die zu ihm kommen, treibe die Frage um, ob so viel Gewalt eingesetzt werden darf, um Frieden zu schaffen. „Ich antworte darauf so, dass es vor allem darauf ankommt, bei der Erreichung des Zieles immer die Angemessenheit der Mittel kritisch zu hinterfragen.“
„Konfrontiert mit einem außergewöhnlichen Aggressor“
Später spricht auch der Fuldaer Bischof Michael Gerber über den Krieg in der Ukraine. Fulda habe ein Partnerbistum dort. Alle zwei Wochen mache sich ein LKW mit Hilfsmitteln auf den Weg. Und in der Kirchenverwaltung in Fulda arbeiteten mittlerweile einige Menschen, die aus der Ukraine geflohen seien. „Das öffnet den Blick nochmal ganz anders“, sagt Gerber.
Auch Gerber sieht den Konflikt zwischen dem christlichen Glauben und Militäreinsätzen. „Aber wir sind konfrontiert mit einem außergewöhnlichen Aggressor, der nur auf Druck reagiert. Das bedeutet, dass wir über Maßnahmen reden müssen, die wir uns vor Jahren nicht hätten vorstellen können.“
Er betont aber auch, dass die Kirche weiterhin für Frieden stehe. „Und deshalb ist es wichtig, dass der Vatikan alle Kommunikationskanäle offen hält.“