Geopolitik

Katastrophenschutz: Sie sind schon mal vorbereitet | ABC-Z

Irgendwann
wird bei Felix Paul die Alarm-App Divera losgehen, mit einem lauten Ton,
vielleicht morgen, vielleicht in einem Jahr, mitten in der Nacht oder während
der Arbeit. Paul wird dann seine Tasche mit einem Funkgerät, einer
Powerbank, einer Taschenlampe und einem Multifunktionswerkzeug holen und sofort aufbrechen zum Einsatz – an einen Ort, den ihm die App zeigt. Nicht vergessen darf Paul seinen Mitgliedsausweis, denn der 36-Jährige ist weder Arzt noch Feuerwehrmann und eigentlich auch kein
Katastrophenexperte. Der Berliner ist ein sogenannter Zeus, eine “zertifizierte ehrenamtliche
Unterstützungskraft im Bevölkerungsschutz”. Als solcher kann der Wirtschaftsjurist überall dort eingesetzt werden, wo Hilfskräfte bei einem Katastrophenfall gebraucht werden, etwa
wenn der Strom großflächig ausfällt oder das Wasser plötzlich nicht mehr fließt und Tausende Menschen in der Hauptstadt Hilfe benötigen.  

Zeus
ist ein neues Projekt, das sich der Katastrophenschutz im Berliner Bezirk
Lichtenberg
ausgedacht hat. In einem Crashkurs, der verteilt auf zwei Wochenenden stattfindet, werden Freiwillige in den wichtigsten Grundlagen für Katastrophenschutz ausgebildet. “In dem
Kurs ging es zum Beispiel darum, Notfalltreffpunkte aufzustellen: autarkes WLAN
einrichten, Zelte aufbauen, Meldungen aufnehmen, zeigen, wo Notbrunnen sind
oder auch die direkte Grundversorgung mit Wasser. Wir haben auch einen
Erste-Hilfe-Kurs gemacht”, erzählt Paul. An seinem Kurs haben 50 Leute
teilgenommen, darunter Sozialarbeiter, Ärztinnen, Köche, IT-Spezialisten und
Handwerkerinnen. Der jüngste Teilnehmer war 19, die älteste 76 Jahre alt. Der
nächste Kurs im März ist schon voll, weitere sind geplant. Voraussetzung für
die Teilnahme: ein Mindestalter von 18 Jahren und ein sauberes Führungszeugnis.

Ziel
des Projektes ist, die Profis des Katastrophenschutzes zu unterstützen,
Feuerwehr, THW und Rettungskräfte. Denn die Hilfsorganisationen mit ihren rund 1,7 Millionen ehrenamtlichen Mitgliedern haben ein Problem. “Die, die
bereits jetzt ehrenamtlich bei Hilfsorganisationen wie Feuerwehr oder THW
arbeiten, sind oft mehrfach engagiert – und damit bei großen Einsätzen auch
mehrfach verplant. Da haben wir bei großen Lagen personelle Lücken. Das ist
eine offene Flanke in einer Zeit, in der die Wahrscheinlichkeit von großen
Lagen wächst”, sagt Christine Wilcken, Leiterin des Dezernats Klima, Umwelt,
Wirtschaft, Brand- und Katastrophenschutz beim Deutschen Städtetag. 

Sie wollen sich engagieren

Schon vor dem Überfall Russlands auf die Ukraine war es vor allem auf dem Land schwierig, neue Ehrenamtliche zu finden. Bislang hatte das noch wenig
Folgen: Notfalls konnten die Rettungskräfte bei großen Katastrophen auf die
Bundeswehr zurückgreifen, etwa bei der Flut im Ahrtal 2021. Doch mittlerweile ist die Bundeswehr mit dem
Aufbau der Verteidigung ausgelastet.

Paul
hatte über Zeus in den Medien erfahren und sich angemeldet. “Ich hatte mich gefragt, wie ich
mich gesellschaftlich engagieren kann. Schließlich kann man mit Blick auf den
russischen Angriffskrieg mögliche militärische Konflikte auch hier nicht
ausschließen. Und die Erfahrungen aus dem Ahrtal zeigen, dass es nicht so
einfach ist, Helfer zu koordinieren”, beschreibt er seine Motivation. Zeus sei ein tolles Projekt: “Das ist ein gutes Gefühl, und es passt, dass es keinen regelmäßigen Einsatz braucht. Das wäre mit meinem
Beruf sonst schwierig. Wir haben auch gelernt, wie
wichtig Selbstvorsorge ist. Ich habe seitdem selber einen Notvorrat an Wasser,
Lebensmitteln und Medikamenten zu Hause.” 

Back to top button